Das Alter ist und bleibt relativ!

„Wenn 24 Mio. Einwohner über 65 Jahre alt sind“ so lautete vor einigen Wochen eine Überschrift in der Zeitung Die Welt. „Was dann?“ war mein spontaner Gedanke, ehe ich den Artikel weiter las. Ausführlich wurden die demographischen Zahlen dargestellt und unter jedwedem Blickwinkel beleuchtet. Wie wirkt sich der mit der „Alterung“ der Gesellschaft verbundene Bevölkerungsrückgang statistisch aus? Wie lauten die mit der alternden Bevölkerung einhergehenden Herausforderungen für das Arbeitskräfte-Angebot der Wirtschaftskraft Deutschland? Wie wirkt sich der demographischer Wandel auf die Sozialsysteme, das Wohnen und den Städtebau oder regional aus?

Mit Sicherheit alles richtige und wichtige Erkenntnisse. Vor allem aber Erkenntnisse, die alles andere als neu sind. Schwierig wird es immer, und das ist dem Artikel mit Sicherheit nicht zu unterstellen, wenn die demographische Entwicklung unterschwellig der älteren Generation zum Problem gemacht wird. (mehr …)

Jetzt wird die Diskussion um die Tafeln öffentlich geführt. Endlich.

Ludger Hengefeld ist Leiter der Stabsabteilung Engagement und Zivilgesellschaft

Das neue Buch des Tafelkritikers Stefan Selke, „Schamland“, über die Tafeln und die Tafelnutzer wurde in ttt in der ARD besprochen. Alle Aspekte sind benannt, die Tafelkritik wird verstanden. Das ist bei den öffentlich rechtlichen und privaten Sendern die Ausnahme. Zu schön passt das Bild der mildtätigen Tafel zu dem, was offenbar alle nicht sehen wollen: Man muss sich nicht mit Armut auseinandersetzen, kann sie weiter verdrängen, weiß man die Armen doch in den ach so guten Händen privat organisierter Fürsorge. Und Menschen, die auf die Tafel angewiesen sind, sind beschämt, sie wehren sich nicht, sie sind in die Schamfalle geraten und deshalb bequem für die Verdränger. Die große gesellschaftliche Abwehr funktioniert vorzüglich. Als Teil der Almosenökonomie bedienen die Tafeln den Markt der Barmherzigkeit.
Dem, was es mit der Barmherzigkeit auf sich hat, jenseits dieses Marktes, wollen wir mit unserem Kunstprojekt Erbarmen als soziale Form auf die Spur kommen. Künstlerinnen und Künstler haben sich mit dem Erbarmen auseinandergesetzt und in ihren Arbeiten Position dazu bezogen. Die ersten Werke werden im Juni 2013 zu sehen sein. Wir sind gespannt auf das Gespräch, das sich durch das Projekt entwickelt. Die Zeit dazu ist reif.

Der Ganztag wackelt

Bereits in den vergangenen zwei Jahren mussten die freien Träger des Offenen Ganztags an Kölner Schulen Kürzungen hinnehmen. Und das bei inzwischen erweiterten Öffnungszeiten bis 17 Uhr und ganztägiger Ferienbetreuung. Auch die tariflichen Steigerungen der Personalkosten von 13 % wurden nicht bei den Zuschüssen berücksichtigt. Hinzu kommen der immense Verwaltungsaufwand, den die freien Träger beklagen, unter anderem auch für das “Bürokratiemonster” Bildungs- und Teilhabegesetz.
Jetzt ist das Maß voll, wenn die Stadt die angekündigten Kürzungen im Bereich der freiwilligen Zusatzfinanzierung tatsächlich umsetzen sollte. (mehr …)

Flagge zeigen gegen Diskriminierung und Ausgrenzung!

Die Kommune will laut ihrer Sparliste die Arbeit der Antidiskriminierungsbüros finanziell nicht mehr fördern, was faktisch die Einstellung der Arbeit bedeutet. Warum? Vielleicht, weil es fortan keine Diskriminierung in Köln mehr gibt? Wie weit wir da von der Realität entfernt sind, belegt u.a. eine Vorlage für die März-Ratssitzung: In dem Resolutions-Entwurf verlangten alle Fraktionen den Fortbestand von Einreiseeinschränkungen für Rumänen und Bulgaren über 2013 hinaus.
Es habe im letzten Jahr eine zu hohe Zahl an Zuwanderern aus diesen Ländern gegeben (operiert wurde in dem Text mit bundesweiten Zahlen, denn die Kölner Zahlen gaben den Beleg für diese Behauptung offenbar nicht her). Außerdem käme es zunehmend zu Problemen mit dieser Gruppe. Pauschal wurden in dieser Vorlage alle Angehörigen von zwei EU-Ländern diskriminiert. Gemeint waren wohl insbesondere Einwanderer, die ihre wirtschaftliche Existenz bei uns neu aufbauen wollen. Gut – welcher Einwanderer will das nicht? (mehr …)

„Mein Name ist Sabine und ich bin keine Massenmörderin“

So meldete sich Sabine Kiefner in ihrem Blog am Tag nach dem Amoklauf an einer Grundschule in Newtown, Conneticut zu Wort. Anlässlich des schrecklichen Verbrechens mit 28 toten Kindern und Erwachsenen befassten sich die Medien sehr früh mit einer mutmaßlichen psychischen Störung des Täters Adam Lanza. So lenkten sie die öffentliche Debatte über die Tat-Ursache in Richtung des Asperger-Syndroms. Das ist eine Form des Autismus, von der etwa 0,9% aller jungen Menschen, darunter eben auch Sabine Kiefner, betroffen sind. Kiefner und andere Betroffene waren mit Recht entsetzt, als die Medien ausgerechnet im Zusammenhang mit einem Massenmord ihr Interesse an diesem Störungsbild entdeckten und allerlei Spekulationen über die Gefährlichkeit von Autisten und Autismus Raum gaben. Sie können gut darauf verzichten, neben all den anderen Stereotypen über Autismus auch noch Gewaltbereitschaft und Gefährlichkeit zugeschrieben zu bekommen.

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Es gibt ein Grundrecht auf Freizügigkeit

Freizügigkeit in der EU ist nicht beschränkt auf bestimmte Menschen, sondern gilt für alle EU Bürger, auch für ethnische Minderheiten wie den Roma.
Wenn die Politiker von der „außergewöhnlichen Herausforderung durch den Zuzug von  Menschen aus Rumänien und Bulgarien sprechen, so meinen sie in der Regel Roma.
Roma sind die am meisten verfolgte Minderheit in Europa und im Besonderen in Rumänien und Bulgarien. Gleichzeitig unterstellt man diesen Zuwanderern immer Asylmissbrauch und Sozialleistungsbetrug. Das ist schlichtweg falsch!  (mehr …)

Habemus Papam! Ein Überraschungspapst?

Jetzt ist es tatsächlich schon eine Woche her, seit in Rom weißer Rauch aufgestiegen ist. Habemus papam! Wir haben einen neuen Papst Franziskus – vom anderen Ende der Welt. Schon in den ersten Stunden nach seienr Wahl wurde spekuliert: Was mag das für einer sein? Franziskus – das muss doch ein programmatischer Name sein! Die Option für die Armen – das stimmt doch hoffnungsvoll! Kirchenpolitisch und moralisch eher konservativ – nun da hätten wir vielleicht etwas anderes erhofft.
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Es gab einmal ein Integrationskonzept für die Stadt Köln…

Es gab mal ein Integrationskonzept für die Stadt. Über 300 Menschen aus Politik, Verwaltung  und vielen freien Verbänden und Organisationen, insbesondere auch Migrantenorganisationen haben in 23 Arbeitsgruppen Handlungsempfehlungen für ein gleichberechtigtes Zusammenleben  in Köln erarbeitet. Auch ich habe damals in der Arbeitsgruppe „Öffentlichkeitsarbeit“ mitgewirkt, damals geleitet von Karl-Heinz Pütz, der leider kürzlich verstorben ist.

Vor zwei Jahren wurde das „Konzept zur Stärkung der integrativen Stadtgesellschaft“ vom Rat  verabschiedet und eine Expertengruppe eingesetzt, die die Umsetzung begleiten sollte.  Einer Einwanderungsstadt wie Köln mit rund 31 % Einwohnern mit Migrationshintergrund  (bei den unter 18-jährigen sind es sogar 50 %) steht es nur gut an, die Vielfalt von Menschen aus über 180 Nationen und unterschiedlicher kultureller Prägung zu wertschätzen und als Chance zu nutzen.

Jetzt scheint es so, als seien die vielen guten Ideen und sehr konkreten Handlungsempfehlungen, in die alle Beteiligten kostbare Arbeitszeit gesteckt haben, für den Papierkorb. Die eingesetzte Expertengruppe hat entnervt aufgegeben. (mehr …)

Familie als Zeitkiller?

„Was tun gegen Schulstress?“ Diese Überschrift zierte in Großbuchstaben die Ausgabe der Welt am Sonntag  vom 24. Februar 2013. Hinter der Überschrift verbarg sich, dass der Druck an den Schulen viele Familien an ihre Belastungsgrenze bringt. Am Pranger stand mal wieder das deutsche Bildungssystem. Den Hintergrund zu diesem Befund lieferte eine Studie vom Bundesfamilienministerium und der Konrad-Adenauer-Stiftung in Auftrag gegebene Studie mit dem Titel „Eltern – Lehrer – Schulerfolg“.
Nach Aussage der Welt am Sonntag kommt die Studie zu dem “alarmierenden” Ergebnis, dass „Mütter und Väter vor allem einen zunehmenden Leistungsdruck (monieren), der durch die Verkürzung der Gymnasialzeit in der letzten Zeit noch verstärkt worden ist.“  (mehr …)

20 Jahre Tafeln und jetzt auch noch das Pferdefleisch

Ludger Hengefeld ist Leiter der Stabsabteilung Engagement und Zivilgesellschaft

Passend zum Jubiläum der Tafeln – vor 20 Jahren begannen wohlhabende Damen damit Obst und Gemüse vor dem Wegwerfen zu bewahren und es an Obdachlose zu verteilen -rückt der Skandal um das als Rindfleisch deklarierte Pferdefleisch und dessen Weiterverwertung auch das Dilemma der Tafeln in den Blick. Lebensmittelrettung und Kampf gegen Armut gehen nur schwerlich zusammen.

Ein CDU Politiker schlug vor, die Produkte mit Pferdefleisch über die Tafeln an Bedürftige zu verteilen. Der Vorsitzende des Bundes der Tafeln e.V., Gerd Häuser, hat diesen Vorschlag vehement zurückgewiesen. So zu handeln sei würde- und respektlos gegenüber den Tafelkundinnen und -kunden, sagte er in einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur.  

Wir leben in einer Gesellschaft, in der der Konsum von Pferdefleisch kaum üblich ist.Wenn niemand die Pferdefleischprodukte will, muss die Ware auf den Müll. Der Lebensmittelberg wächst. (mehr …)