Ein bisschen Frieden…

Unser Kollege Tim Westerholt leitet den Leistungsbereich Integration und Beratung im Caritas-Zentrum in Kalk. Geflüchtete Menschen, die in Deutschland ankommen, brauche Hilfe: Anträge stellen, Deutsch lernen, Arbeit finden, Schul- und Kitaplätze bekommen, selbständig wohnen, sich integrieren … Deutschland kennt viele Gesetze und kann gerade am Anfang sehr kompliziert sein. Der Fachdienst für Integration und Migration bietet direkte Hilfestellungen: das Beratungsangebot ist freiwillig, kostenlos und immer vertraulich. Tim Westerholt weiß, hinter jeder Flucht steckt ein individuelles Schicksal. So auch das von Farhad … 

Farhad U. ist 2021 aus Afghanistan geflohen. Als ehemaliger Mitarbeitender eines Subunternehmens, dass Transporte für die westlichen Militärs durchführte, blieb ihm nach deren überhasteten Rückzug und der folgenden Machtübernahme der Taliban nichts anderes übrig.

„Friede beginnt bei mir“, liest er an unserer Beratungstür und muss müde lächeln. Ich kann ihn verstehen. Wo liegt der soziale Frieden für Farhad? In den schlaflosen Nächten, voller Sorge um seine Kinder und Ehefrau, die papierlos und diskriminiert im afghanischen Nachbarland Iran leben müssen? In der Sorge, dass sein nun anderthalb Jahre andauerndes Asylverfahren vielleicht keinen guten Ausgang nehmen wird? In der Ohnmacht, nun bald drei Jahre der Lebenszeit seiner heute nicht mehr ganz so kleinen Kinder verpasst zu haben? Oder im gesellschaftlichen Druck, den er hier verspürt, weil er mitbekommen hat, dass Deutschland Geflüchteten verbieten möchte, Geld ins Ausland zu überweisen und Europa gleichzeitig seine Grenzzäune noch höher ziehen will?

Farhad erhält hier monatlich 204,00 Euro. Ja, seine Flüchtlingsunterkunft wird noch dazu finanziert und die Summe gilt als sein „persönlicher Bedarf“. 50,00 Euro überweist er hiervon jedoch monatlich an seine Familie. Weitere 50,00 Euro gehen an seinen Anwalt, der ihn im Asylverfahren unterstützt. Es bleiben ihm monatlich 104 Euro – für alles. Er redet mittlerweile nicht mehr gerne darüber, dass er seine Frau und Kinder unterstützt. Er hat das Gefühl, dies sei hier nicht gewünscht, ja, fast schon illegal.

Es gibt nur wenig friedliche Ufer auf dem sehr unruhigen Ozean von Farhads Gefühlswelt. Wenn es ihm gelingt, die Sorge um seine Familie beiseitezuschieben, so erinnern ihn die Frustration, von den NATO-Verbündeten im Stich gelassen worden zu sein, sowie die nicht verarbeiteten und traumatischen gewaltsamen Erlebnisse in Afghanistan wie an den europäischen Außengrenzen, an seine eigene innere Verwundung.

Und dennoch ist die Flüchtlingsberatung der Caritas für ihn ein Ort des seltenen Friedens.

Einer der wenigen Orte, an dem er nicht mehr misstrauisch sein muss, weil auch ihm dort nicht misstraut wird. Die inneren und äußeren Herausforderungen Farhads sind gewaltig und kaum nachzufühlen. Vielleicht sind es gerade die kleinen und wenigen Selbstverständlichkeiten, die ihn immer wieder die Beratung aufsuchen lassen: Eine zugewandte, menschliche Haltung, spürbare Parteilichkeit und unentgeltliche Hilfsbereitschaft, Empathie und ein unaufgeregtes Auffangen und Sortieren. Farhad hat begriffen, dass sozialarbeiterische Flüchtlingsberatung keine Gesetze verändern kann, keine nationalen Grenzen niederreißt und auch keine Gewähr für ein positives Asylverfahren bietet. Schön wär‘s. Aber sie ist eine Mitstreiterin und steht auf seiner Seite – nur deswegen kann sich Farhad hier öffnen. Es gibt keinen anderen Ort für ihn in Köln, wo das so ist.

Die Caritas Beratungsdienste für Eingewanderte und Geflüchtete stiften Frieden – auch denen gegenüber, die bereits in Deutschland leben. Mitten im Veedel, ob in Porz, Kalk, Meschenich, Chorweiler, also dort, wo Menschen mit Flucht- und Einwanderungsgeschichte oftmals als erstes landen, moderieren und vernetzen sie. Sie bringen Menschen in Kontakt fördern Verständnis füreinander und wirken so Hass und Ausgrenzung entgegen.

Und auch Farhad stiftet Frieden. Er hat wirklich gute Gründe für Wut und Verzweiflung und dennoch gibt es kaum jemanden, der sich mehr Frieden wünscht. Ein Viertel seines sehr geringen Einkommens fließt jeden Monat zu seiner Familie. Er versteht vieles nicht, was die Menschen heute über Geflüchtete sagen und trotzdem findet er immer noch, dass Deutschland ein gutes Land ist. Unsere Beratung hilft ein kleines bisschen dabei, dass er das auch morgen noch sagen kann. Eine humane Flüchtlingspolitik in Deutschland kann sie alleine nicht erzeugen. Dafür müssen wir alle zusammen sorgen.

Autor: Tim Westerholt

Die Lage ist ernst: Freie Wohlfahrtspflege in Gefahr

In den letzten Wochen hat der Deutsche Caritasverband auf verschiedenen Kanälen die Teilnahme an einer Umfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege (BAG FW) beworben.

Die Ergebnisse beschreiben, wie leider erwartbar, eine ernste Lage:

  1. Knapp zwei Drittel der Einrichtungen und Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege mussten aufgrund finanzieller Schwierigkeiten in den vergangenen beiden Jahren ihre Angebote einschränken oder ganz einstellen.
  2. Mehr als drei Viertel der Befragten rechnen damit, ihre Angebote auch 2025 weiter zurückfahren zu müssen.
  3. Mehr als 70 Prozent der Einrichtungen und Organisation befürchten, dass sich die Reduzierung der Angebote negativ auf demokratisches Engagement vor Ort auswirken wird.

Zur Pressemitteilung :https://www.bagfw.de/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/detail/angebote-von-wohlfahrtsverbaenden-mussten-vielfach-schon-eingeschraenkt-oder-ganz-eingestellt-werden

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa äußert sich dazu wie folgt:

„Kitas und Sozialstationen, Schuldnerberatungsstellen und Familienzentren – mit diesen Angeboten spannt die Freie Wohlfahrtspflege im sozialen Nahraum ein Netz, das trägt. Es trägt Menschen, die von Schicksalsschlägen gebeutelt sind, die arm sind, krank oder einsam. Einsparungen in Stadt, Land und Bund reißen Löcher in dieses Netz. Da wo die Kürzungen digitale Angebote wie die Online-Beratung betreffen, werden neben der analogen Nachbarschaft auch virtuelle Begegnungsräume zerstört. Wir alle spüren, wie groß die Herausforderungen auf allen Ebenen – nicht nur im Bereich des Bundeshaushaltes  – sind. Gerade auch in den Landes- und Kommunalhaushalten werden Einsparungen vorgenommen. Umso wichtiger sind unsere gemeinsamen Anstrengungen. Im föderalen Staat gilt beides: die Schuldenlast entsteht auf allen Ebenen und die Sicherung der sozialen Infrastruktur ist ein Gemeinschaftsprojekt.“

Für Chancengerechtigkeit, Gleichstellung und Gleichbehandlung

Der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen in Köln setzt sich für Chancengerechtigkeit, Gleichstellung und Gleichbehandlung von unterschiedlichen Flüchtlingsgruppen ein.

Er lehnt die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber ab und führt folgende Bedenken an:

1. Jede*r Leistungsbezieher*in im Sozialsystem sollte über seine Leistungen frei verfügen können.

2. Zur freien Verfügbarkeit von Leistungen gehört, dass jede*r Leistungsbezieher* in überall bezahlen sowie Barzahlungen und Überweisungen tätigen kann.

3. Die Bezahlkarte bedeutet faktisch eine Entrechtung geflüchteter Menschen und schränkt deren Autonomie und soziale Teilhabe ein.

4. Das derzeit diskutierte Modell einer Bezahlkarte hat einen diskriminierenden Charakter und schafft nicht zu rechtfertigende Ungleichheiten zwischen unterschiedlichen Gruppen von Geflüchteten.

5. Unter der Maßgabe, dass die deutlich überwiegende Zahl der Geflüchteten in Köln bereits jetzt ein Girokonto hat, würde eine Einführung einer anders gearteten Bezahlkarte einen hohen zusätzlichen Aufwand in der Verwaltung erzeugen.

 

Zum Hintergrund: Seit 20 Jahren setzt sich der „Runde Tisch für Flüchtlingsfragen“ in Köln, bestehend aus Vertreter*innen der Kirchen, Ratsfraktionen, Stadtverwaltung, Wohlfahrtverbände und Initiativen im Flüchtlingsbereich, für eine menschengerechte kommunale Integrationspolitik ein. Ziel ist eine gemeinsame humane Aufnahme- und Integrationspolitik in Verwaltung, Politik und Kölner Stadtgesellschaft. Ein Positionspapier des Rundes Tisches für eine humane Integrationspolitik finden Sie hier.

Menschen schützen statt Asylverfahren auslagern

Caritas in NRW appelliert im Bündnis mit über 300 Organisationen

Düsseldorf, 19. Juni 2024 – In einem gemeinsamen offenen Brief an Bundeskanzler Scholz und die Ministerpräsident*innen bekräftigen 309 Organisationen – von lokalen Initiativen der Flüchtlingshilfe bis hin zu bundesweiten Organisationen –, dass sie zu einer Gesellschaft gehören wollen, die fliehende Menschen menschenwürdig aufnimmt. Kurz vor deren Treffen fordert das Bündnis den Bundeskanzler und die Ministerpräsident*innen auf, die Auslagerung von Asylverfahren klar abzulehnen und sich stattdessen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft für eine zukunftsfähige Aufnahme von Schutzsuchenden in Deutschland stark zu machen.

Am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, werden Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsident*innen während ihrer gemeinsamen Tagung über eine mögliche Auslagerung von Asylverfahren diskutieren. Das Bundesinnenministerium wird einen Sachstandsbericht zu einem Prüfauftrag vorlegen, der bei Bund-Länder-Beratungen im November 2023 beschlossen wurde.

Die Organisationen warnen vor der Auslagerung von Asylverfahren. Bisherige Versuche zeigen, dass sie zu mehr Leid bei den Betroffenen und Menschenrechtsverletzungen führen, nicht funktionieren und extrem teuer sind. Eine zukunftsfähige Gesellschaft braucht Vielfalt, Offenheit und ein konsequentes Einstehen für die Menschenrechte für alle, so das Bündnis.

Dr. Frank Johannes Hensel, Sprecher der Caritasdirektoren in Nordrhein-Westfalen, erklärt für die Caritas in NRW:

„Menschen, die auf ihrer Flucht in Europa ankommen, nach Ruanda oder in andere Drittstaaten zu bringen, um dort ein Asylverfahren zu durchlaufen, dient der gezielten Umgehung europäischer Normen und Standards. Dieser politische Versuch, die Geflüchteten aus dem Land und dem Blick zu nehmen, schwächt den in der Verfassung grundgelegten Anspruch auf eine menschenwürdige Behandlung und Rechtssicherheit. Sollte diese Politik Realität werden, verspielt Europa viel Glaubwürdigkeit in Sachen Menschenrechte. Zudem besteht gewichtige Skepsis, wie in den ausgewählten Staaten in Afrika und Asien, faire und effiziente Asylverfahren gewährleistet werden können. Auch bleibt völlig ungeregelt, wohin die Menschen dann weiterziehen sollen, wenn vor Ort kein Asylrecht zugesprochen wird. Diese angedachte Verfahrensweise ist teuer, ineffizient, gefährdet grundlegende Menschenrechte und belastet die Zivilgesellschaft anderer Länder erheblich. Deswegen unterstützt die Caritas in NRW die Initiative von über 300 Organisationen, die Auslagerung von Asylverfahren klar abzulehnen und sich stattdessen für eine Zukunft mit effizienten und rechtssichere Aufnahmeverfahren in Europa und damit auch in Deutschland stark zu machen.“

Das Bündnis wurde initiiert von PRO ASYL, dem Paritätischen Gesamtverband, Ärzte ohne Grenzen, Brot für die Welt, Diakonie Deutschland und Amnesty International. Der offene Brief mit den unterzeichnenden Organisationen ist hier zu finden.

 

Der offene Brief von über 300 Organisationen im Wortlaut:

 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten,

Menschlichkeit ist sowohl in Deutschland als auch in Europa die Basis unseres Zusammenlebens. Sie zu schützen ist unsere gesellschaftliche Pflicht. Dazu gehört auch: Die unbedingte Achtung der Menschenwürde. Sie steht aus gutem Grund seit 75 Jahren in unserem Grundgesetz und gilt für alle Menschen, egal woher sie kommen.

Ausgerechnet am Weltflüchtlingstag beraten Sie die Idee der Auslagerung des Flüchtlingsschutzes aus Deutschland und Europa in Drittstaaten. Wir, 309 Organisationen und Initiativen, möchten Teil einer Gesellschaft sein, die geflüchtete Menschen menschenwürdig aufnimmt. Wer Schutz bei uns in Deutschland sucht, soll ihn auch hier bekommen. Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht.

Bitte erteilen Sie Plänen zur Auslagerung von Asylverfahren eine klare Absage.

Als im Flüchtlingsschutz aktive Organisationen und Initiativen wissen wir: Aufnahme und Teilhabe funktionieren, wenn alle an einem Strang ziehen und der politische Wille vorhanden ist. Vor den derzeitigen Herausforderungen verschließen wir dabei nicht die Augen. Wir begegnen ihnen vielmehr mit konstruktiven, praxisnahen und somit tatsächlich realistischen Vorschlägen für eine zukunftsfähige Aufnahme. Dafür setzen wir uns jetzt und auch zukünftig mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften ein – gerade auch auf kommunaler Ebene.

 

Pläne, Flüchtlinge in außereuropäische Drittstaaten abzuschieben oder Asylverfahren außerhalb der EU durchzuführen, funktionieren hingegen in der Praxis nicht, sind extrem teuer und stellen eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit dar. Sie würden absehbar zu schweren Menschenrechtsverletzungen führen, wie pauschale Inhaftierung oder dass Menschen in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen menschenunwürdige Behandlung oder Verfolgung drohen. Bei Geflüchteten lösen solche Vorhaben oft große Angst aus und erhöhen die Gefahr von Selbstverletzungen und Suiziden. Dies gilt gerade für besonders schutzbedürftige Geflüchtete wie Menschen mit Behinderung, Kinder, queere Menschen, Überlebende von Folter oder sexualisierter Gewalt. Das zeigen uns die Erfahrungen der letzten Jahre, etwa das Elend auf den griechischen Inseln als Folge der EU-Türkei-Erklärung.

Aktuell leben drei Viertel der geflüchteten Menschen weltweit in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Setzen Sie sich deswegen für eine glaubhafte, nachhaltige und gerechte globale Verantwortungsteilung im Flüchtlingsschutz ein.

Wir sind uns sicher: Realistische und menschenrechtsbasierte Politik stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dass Anfang des Jahres so viele Menschen wie noch nie in Deutschland auf die Straße gegangen sind, um ein Zeichen für eine offene und diverse Gesellschaft und gegen Rechtsextremismus zu setzen, macht uns Mut. Eine zukunftsfähige Gesellschaft braucht Vielfalt, Offenheit und ein konsequentes Einstehen für Menschenrechte – für alle.

Jahresempfang der Fachverbände “Frieden beginnt bei mir.”

Am  24. Mai haben der Caritasverband Köln und die Fachverbände IN VIA Köln, KJA Köln, Malteser Köln, SkF Köln und SKM Köln Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung, Kirche und Stadtgesellschaft zum jährlichen Jahresempfang in den Garten der Religionen von IN VIA Köln (Stolzestr. 1a, 50674 Köln) eingeladen.

Wie wertvoll und wichtig die Arbeit der Caritas Köln und der Fachverbände ist und wie sie mit ihren zahlreichen Projekten und Angeboten Frieden stiften und soziale Gerechtigkeit schaffen, erläuterten Stadtdechant Msgr. Kleine, Andrea Redding als Vorstandssprecherin IN VIA Köln und Bürgermeister Dr. Ralf Heinen. Die Rede zum Schwerpunktthema hielt Vorstandssprecher der Caritas Köln Peter Krücker.

 

Sehr geehrter Monsignore Kleine, sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Ralf Heinen, liebe Geschäftsführende und Vorstände der Caritas-Fachverbände, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,

auch ich möchte Sie und Euch ganz herzlich zum diesjährigen Jahresempfang der Kölner Caritas und ihrer Fachverbände SKM, SkF, IN VIA, KJA und Malteser Hilfsdienst begrüßen.

Wir feiern unseren Jahresempfang auch dieses Jahr traditionell im Garten der Religionen. Das Streben nach Frieden steht im Zentrum aller Weltreligionen. Wir befinden uns also heute an einem ausdrücklich friedvollen Ort. „Frieden beginnt bei mir“ lautet auch die Botschaft der diesjährigen Jahreskampagne des Deutschen Caritasverbandes.

Beim Thema Frieden empfinde ich eine tiefe persönliche Verbundenheit. Die Arbeit für Frieden in der Gesellschaft und in der Welt ist für mich in meinem beruflichen und privaten Leben immer wegweisend gewesen: Ende der 1950er Jahre geboren, wurde ich vor allem durch die Friedensbewegung politisch sozialisiert. Den Wehrdienst habe ich aus fester Überzeugung verweigert und war zudem über Jahre ehrenamtlich als Berater und Beisitzer für Kriegsdienstverweigerer engagiert. Anstelle des Wehrdienstes habe ich Zivildienst – oder soll ich besser sagen Friedensdienst – an einer Schule für geistig Behinderte der Stadt Köln geleistet. Die positiven Erfahrungen meines zivilen Dienstes am Menschen waren entscheidend für meinen weiteren Lebensweg. Wollte ich nach meiner Ausbildung und dem Fachabitur ursprünglich noch Design studieren, so habe ich mich letztlich für ein Studium der Sozialen Arbeit entschieden. Ohne meine Friedensüberzeugung würde ich wahrscheinlich hier heute nicht stehen.

Frieden beginnt bei mir: Was tut die Caritas vor Ort für den Frieden?

Als Caritas teilen wir die Vorstellung einer offenen, demokratischen, rechtsstaatlichen und solidarischen Gesellschaft, in der jeder Mensch ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben hat. Wir sehen unsere Aufgabe darin, den Menschen unabhängig von Herkunft, Status, Geschlecht, sexueller Identität, Alter, Leistung, Religion oder anderer Merkmale mit Liebe und Achtung zu begegnen. Immer und überall.

Damit positionieren wir uns ausdrücklich gegen alle populistischen, nationalistischen, rassistischen und anti-demokratischen Strömungen, die die Spaltung und Verunsicherung der Gesellschaft vorantreiben und das friedliche Zusammenleben gefährden.

Frieden wird aber auch in unserer täglichen Arbeit vor Ort in Köln erfahrbar: Nämlich dann, wenn wir Vorurteile überwinden, uns für demokratische Werte und Gerechtigkeit einsetzen, den Dialog mit Menschen suchen, ihnen Ängste nehmen und Brücken bauen. Wir zeigen auf, dass es auch für schwierige Problemlagen immer Lösungen gibt und dass diese Wege nicht darin bestehen, andere als Sündenbock zu verurteilen oder Hass zu schüren.

Mit unserer Arbeit sind wir nah bei den hilfesuchenden Menschen und ihren Nöten.

Wir können dabei helfen, dass soziale Problemlagen überwunden werden. Die Problemlagen im Kölner Stadtgebiet sind vielfältig, komplex und miteinander verschränkt. Im Verbund der Caritas und seiner Fachverbände sind wir in der Lage, diesen Herausforderungen mit sozialer Arbeit angemessen zu begegnen.

Ich möchte Ihnen ausgewählte Beispiele für unsere Zielgruppen und Tätigkeitsschwerpunkte vorstellen:

  • Beginnen wir mit dem SKM, der mit der Arche für Obdachlose in Mülheim eine komplett Spenden-finanzierte Pop-Up-Kontakt- und Beratungsstelle für arme Menschen betreibt. Die Arche ist ein Anlaufpunkt für wohnungslose Menschen – und zwar unabhängig von etwaiger Leistungsberechtigung – am Bergischen Ring in unmittelbarer Nähe zum Wiener Platz. Hier erhalten Menschen ein warmes Mittagessen, können duschen, eine Kleiderkammer nutzen und genießen kostenlose ärztliche Betreuung. Die Arche für Obdachlose befriedet damit auch aktiv das Umfeld am Wiener Platz.
  • Von Mülheim geht es in den Norden von Chorweiler: Bei dem Familienhaus in Chorweiler-Nord des SkF handelt es sich um ein niedrigschwellig zugängliches Angebot für Familien mitten im Sozialraum.

Im Mittelpunkt stehen Familien, die bei der Bewältigung von Erziehungsaufgaben gefördert werden. Familienhäuser zeichnen sich durch einen infrastrukturell angelegten Zugang zu unbürokratischen und frühzeitigen Unterstützungsangeboten aus. In diesem Umfeld treffen Kölner Familien aus unterschiedlichen Kulturen aufeinander, Eltern und Kinder erfahren lebensnahe Unterstützung. Das Lernen über- und voneinander und die Erfahrung von Unterstützung schaffen hier die Basis für ein friedvolles Miteinander. Innerhalb von Familien – aber auch darüber hinaus in unserer Gesamtgesellschaft!

  • Die Radstation von IN VIA. Hierüber wird Langzeitarbeitslosen die Möglichkeit geboten, wieder am Erwerbsleben teilzunehmen, ihrer Ausgrenzung wird aktiv begegnet. Zugleich wird durch die Angebote Fahrradparken, Fahrradverleih und Werkstatt ein Beitrag dazu geleistet, dass Köln fahrradfreundlicher und damit auch klimafreundlicher wird. Ganz gemäß dem Motto der letztjährigen Jahreskampagne der Caritas: „Für Klimaschutz, der allen nutzt!“. Ohne sozial gerechten Klimaschutz keine soziale Sicherheit und damit kein sozialer Frieden!
  • In den Jugendbüros der KJA wird arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit bedrohten jungen Menschen Unterstützung bei der Suche nach Ausbildung oder Arbeit geboten. Ziele ihrer Arbeit sind die schulische, persönliche und soziale Stabilisierung sowie die langfristige Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft. Es wird hier also der Grundstein dafür gelegt, ein Teil unserer Gesellschaft zu werden und zu bleiben. Sich selbst als Teil der Gesellschaft zu erleben, ist ein wichtiger Baustein für unser friedliches Zusammenleben!
  • Werfen wir einen Blick auf eine besondere Zielgruppe, die Gruppe von Menschen ohne Krankenversicherung. Komplett über Stiftungsgelder und Spenden finanziert übernimmt die MMM, also die „Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung“, seit 19 Jahren in Köln die Betreuung dieser Zielgruppe. Jeder bekommt dort die medizinische Behandlung, die gebraucht wird. Unabhängig von Krankenversicherung oder Kosten.

Diese medizinische Grundversorgung unterstützt bei der Heilung von Krankheiten, begegnet Behinderungen und arbeitet aktiv an der Verwirklichung der Menschenwürde dieser Menschen. Allein im Jahr 2023 wurden dort insgesamt 2.387 Behandlungen durchgeführt.

  • In der Erziehungsberatung des Caritasverbands werden Familien begleitet und beraten, die ihre familiären Krisen nicht ohne Hilfe bewältigen können. Starke familiäre Konflikte vor allem in Bezug auf Eltern und ihre Kinder in Trennungssituationen werden bearbeitet, manchmal sogar gelöst, damit Kinder in Frieden aufwachsen können – auch wenn Eltern streiten.

Sie sehen: Unser Verbund trägt im gesamten Stadtgebiet in vielfältiger Weise zur Befriedung gesellschaftlicher Problemlagen und Herausforderungen bei. In unsicheren und verunsichernden Zeiten zeichnet uns dabei insbesondere Verlässlichkeit aus:

Wir stehen verlässlich an der Seite der Menschen in Not, wir bieten verlässliche und qualitativ hochwertige Strukturen und Angebote. Wir verhalten uns verlässlich fair gegenüber Kund*innen und Finanzierern unserer Arbeit.

Um weiterhin ein verlässlicher Partner sein und unseren Beitrag zum sozialen Frieden in Köln leisten zu können, benötigt es aber dringend eine gesicherte Finanzierung unserer Arbeit. Dafür setzen wir uns lautstark ein! Seit dem zweiten Halbjahr 2023 haben wir als Teil der Freien Wohlfahrt unsere Anliegen so laut und so konsequent wie nie auf die Straße gebracht – unter dem Motto „Köln bleib sozial“ bzw. „NRW bleib sozial“.

Zum Hintergrund: Wir haben mit tarif- und krisenbedingt drastisch gestiegenen Personal- und Sachkosten zu kämpfen, denen keine kostendeckende Refinanzierung der öffentlichen Hand gegenübersteht. Und es geht noch weiter: In Teilen sind die freien Träger von erfolgten oder geplanten Kürzungen der öffentlichen Hand betroffen. Wir fungieren damit als „Ausfallbürge“ der mauen Lage öffentlicher Kassen.

Im Oktober demonstrierten wir gemeinsam mit 25.000 Menschen vor dem Düsseldorfer Landtag. Im November standen an zwei Tagen die Räder in Kölner Einrichtungen der Freien Wohlfahrt still. Mit kreativen Aktionen und einer Demonstration mit über 8.000 Menschen haben wir auf die finanzielle Not unserer Dienste und Einrichtungen aufmerksam gemacht und demonstrierten gemeinsam mit Eltern und Klient*innen.

Klar ist: Die Angebote der freien Träger müssen weiterhin kostendeckend refinanziert werden, ansonsten drohen Schließungen auf breiter Ebene. Die Träger der freien Wohlfahrt haben keine Tresore, keine „Sparschweine“, um Finanzierungslücken zu schließen. Und es geht uns hier nicht um die Befriedigung von Eigeninteressen: Die Ungleichbehandlung öffentlicher und freier Träger gefährdet den sozialen Frieden und unser soziales System insgesamt und trägt damit zur Spaltung der Gesellschaft bei.

Ein Teilerfolg wie die Fortsetzung des sogenannten Strukturförderfonds in Köln konnte durch unser Engagement erzielt werden. Hierbei handelt es sich jedoch in der Tat nur um eine Teilkompensation unserer enormen Kostensteigerungen. Gerade bei der Aufstellung des kommunalen Doppelhaushalts 2025/2026 wird seitens des Kölner Rats nun darüber entschieden werden müssen, ob Köln eine soziale Stadt bleibt. Klar sollte dabei sein, dass die bereits defizitäre Refinanzierung keinen zusätzlichen Eigenanteil der freien Träger zulässt.

Über finanzielle Streitpunkte hinaus bietet die Caritas einen Raum, um sich aktiv für eine demokratische und friedvolle Gesellschaft einzusetzen. Ich möchte ein jüngeres Beispiel aus unserem sozialpolitischen und anwaltschaftlichem Engagement im Bereich der Asylpolitik vorbringen. Die Diskussion um die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete.

Die Bezahlkarte ist eines der aktuellen Beispiele dafür, wie in einer aufgeheizten gesellschaftlichen Stimmung zweifelhafte Signale gesendet werden, die Ressentiments in der Bevölkerung weiter befeuern und den sozialen Frieden gefährden.

  • Mit dem Ziel der Abschreckung sollen Geflüchtete nicht mehr selbst bestimmen können, was und wo sie wieviel bezahlen wollen.
  • Die damit einhergehenden örtlichen und sachlichen Beschränkungen sind massive und diskriminierende Eingriffe in die Handlungsfreiheit und die Würde der Betroffenen.
  • Die Bezahlkarte basiert auf Beweggründen, die falsch und widerlegbar sind. Ein Beispiel: Eine Bezahlkarte wird Menschen in Bedrohungs- und Notsituationen nicht davon abhalten, nach Deutschland zu kommen. Menschen fliehen vor Krieg und Verfolgung in ihren Heimatländern und nicht wegen der deutschen Sozialleistungen.

Gemeinsam mit einem breiten Bündnis von Organisationen hat die Caritas vor diesem Hintergrund die Kölner Kampagne „Selbstbestimmung statt Bezahlkarte“ aufgesetzt. Uns ist viel daran gelegen, dass die Stadt Köln weiterhin an ihrem migrationsfreundlichen Klima arbeitet, von dem sie seit Jahren profitiert. Weil dieses Klima Integration schafft, ein Aufeinanderzugehen schafft, Frieden schafft.

Was ich an dieser Stelle verdeutlichen will: Mit unserem politischen Engagement senden wir als Caritas immer ein wichtiges Signal: Frieden beginnt immer bei uns selbst. Es liegt in unserer Hand. Der demokratische Weg wird von uns selbst gestaltet und täglich vorgelebt.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist heute meine letzte Rede im Rahmen des Caritas-Jahresempfangs. Es dürfte kein Geheimnis mehr sein, dass ich zum 30.09.2024 aus dem aktiven Dienst der Caritas ausscheide. Mein Nachfolger, Markus Peters, ist dank seiner sozialpolitischen Expertise und Erfahrung seit vielen Jahren bestens vertraut mit allen sozialen und sozialpolitischen Themen, die uns in Köln bewegen.

Ich wünsche ihm schon heute viel Erfolg und eine gute Hand in der weiteren Entwicklung der Caritas als erfolgreiche und friedensstiftende Wohlfahrtsorganisation.

Abschließend ein organisatorischer Hinweis zu unserer Fotoaktion. Sie haben sicherlich schon die Wäscheleine mit den Porträtfotos zur Jahreskampagne entdeckt. Falls sie vorab noch kein Foto erstellt haben, können Sie heute hier vor Ort eins von unserem Öffentlichkeitsarbeit-Team erstellen lassen. Am Ende der Veranstaltung können Sie Ihr Foto gerne mit nach Hause nehmen und an den Spiegel hängen. Zudem ist auch ein Spiegel mit dem Kampagnenaufkleber aufgestellt. Hier können Sie selbst ein Foto erstellen und in die Online-Plattform der Caritas hochladen. Beteiligen Sie sich gerne an dieser tollen Aktion!

Liebe Gäste, ich möchte mich bei Ihnen allen bedanken. Für ihre Zusammenarbeit mit der Caritas und ihren Fachverbänden. Und dafür, dass auch Sie – jede und jeder auf ihre bzw. seine Art – tagtäglich etwas dazu beitragen, das Zusammenleben in unserer Stadt friedvoll zu gestalten. Frieden beginnt bei mir, Frieden beginnt bei Dir, Frieden beginnt mit uns allen. Fangen wir‘s an und machen wir weiter…… 

Vielen herzlichen Dank!

Einen statt spalten

Caritas steht fest zur Demokratie: 
„Münsteraner Erklärung“ zum Tag des Grundgesetzes: Bekenntnis zu Pluralität, Dialog und Toleranz

Mit einer „Münsteraner Erklärung“ zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes (23. Mai) ruft die Caritas in NRW zum Zusammenhalt der Gesellschaft und zu innerem Frieden als Grundlage für das Miteinander in einem offenen, demokratischen Staat auf: 

Die Caritas hat sich seit ihrer Gründung fest an den grundlegenden Menschenrechten orientiert: Wir stellen die Menschen in den Mittelpunkt. Unser Anliegen ist das Wohler-gehen aller Menschen in körperlicher, geistiger, seelischer und materieller Hinsicht. Wir sehen es als einen unserer zentralen Aufträge an, uns für Nächstenliebe, Demokratie, Respekt, Vielfalt und Toleranz einzusetzen und uns gegen rechtsextreme Tendenzen zu positionieren, die insbesondere für Ausgrenzung, Rassismus, Antisemitismus und einen völkischen Nationalismus stehen.
Als christliche Organisation bekennen wir uns zur Pluralität und Vielfalt als Stärke der Gesellschaft, respektieren unterschiedliche Meinungen, Überzeugungen und Lebens-weisen und fördern den Dialog und die Toleranz zwischen verschiedenen Kulturen, Religionen und Identitäten.

Schutz der Menschenwürde
Ein zentraler Wert, der unsere Arbeit prägt, ist der im Grundgesetz an erster Stelle be-nannte Schutz der Menschenwürde. Wir machen uns stark für die Einhaltung der Grundrechte, setzen uns für die Universalität persönlicher Freiheits- und Schutzrechte für alle Menschen ein. Dabei respektieren wir die Einzigartigkeit und den Wert eines je-den Menschen, unabhängig von der Herkunft,

dem sozialen Status oder den Lebens-umständen. Diese Anerkennung der Menschenwürde bildet die Grundlage für unseren Verband sowie unsere Aktivitäten und Programme, sei es in der Arbeit mit und für Kin-der, Jugendliche, alte Menschen, kranke Menschen, armutsbetroffene Menschen, Menschen mit Behinderung oder Geflüchtete.

Solidarität und soziale Gerechtigkeit
Ein weiterer essenzieller Wert ist die Solidarität. Als Caritas verstehen wir uns als Teil einer globalen Gemeinschaft, in der jedes Mitglied Verantwortung für das Wohl anderer trägt. Dies spiegelt sich auch im Engagement der zahlreichen Ehrenamtlichen wider, die uns in unserer Arbeit unterstützen und tragen. Solidarität bedeutet, dass wir uns ak-tiv für die Bedürfnisse anderer einsetzen, soziale Ungerechtigkeiten bekämpfen und da-ran arbeiten, die Lebensbedingungen für alle zu verbessern. Wir setzen uns dafür ein, dass das Existenzrecht Einzelner in der solidarischen Gesellschaft nicht von ihren kör-perlichen und geistigen Fähigkeiten oder ihrer Leistung abhängig ist. Alle Menschen sind wertvoll und haben Platz in der Gesellschaft, schutzbedürftigen Menschen muss der erforderliche Schutz gegeben werden.

Zusammenhalt der Gesellschaft
Wir machen uns stark für den Zusammenhalt der Gesellschaft und den inneren Frieden als Grundlage für das Miteinander in einem offenen, demokratischen Staat. Unser Ziel ist es, ein respektvolles und gewaltfreies Miteinander zu schaffen, in dem sich alle hier lebenden Menschen wohl und zugehörig fühlen. Daher engagieren wir uns für den Dia-log zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen, institutionellen und religiösen Gruppen. Dazu gehört auch die Integration von zugewanderten Menschen. Integration ist für uns nicht nur eine Aufgabe der hier ankommenden Menschen, auch die Ankom-mensgesellschaft muss mit Offenheit und Aufgeschlossenheit und der Schaffung von Räumen für alle Menschen ihren Teil dazu beitragen. Von einer möglichst schnellen und nachhaltigen Integration profitieren nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, sondern die gesamte Gesellschaft.

Gerechtigkeit und Chancen

Großen Wert legen wir auch auf Gerechtigkeit und Fairness. Wir setzen uns dafür ein, dass jeder Mensch die gleichen Chancen und Möglichkeiten hat, sein volles Potenzial selbstbestimmt zu entfalten und den gleichen Zugang zu Bildung hat. Dies bedeutet, Ungleichheiten abzubauen, Barrieren zu überwinden und strukturelle Veränderungen anzustoßen, um eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen.

Demokratie ist Fundament für Freiheit, Gleichheit und Partizipation
Neben diesen zentralen Werten stehen die demokratischen Grundwerte im Mittelpunkt unserer Arbeit. Als Organisation bekennen wir uns zur Demokratie als einem fundamentalen Prinzip der Freiheit, Gleichheit und Partizipation. Demokratie bedeutet für uns, dass alle Menschen das Recht haben, ihre Meinung frei zu äußern, an Entscheidungsprozessen teilzunehmen und ihre Interessen zu vertreten. Wir stärken demokratische Prinzipien in allen Bereichen unserer Arbeit, sei es in der internen Organisation, der Zusammenarbeit mit Parteien oder der Interaktion mit der Gesellschaft. Dies bedeutet, dass wir die Eigenkräfte der Menschen stärken, ihre Selbstständigkeit sowie Beteiligung fördern und uns gegenüber der Politik und Gesellschaft anwaltschaftlich für unsere Klientinnen und Klienten einsetzen.

Rechtsstaatlichkeit
Ein weiterer wichtiger Aspekt der demokratischen Grundwerte ist für uns die Achtung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Rechtsstaatlichkeit bedeutet für uns, das Recht des Staates zu respektieren. Gewalt ist kein zulässiges Mittel, um demokra-tisch legitimierte Entscheidungen zu stoppen oder rückgängig zu machen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Rechte aller Menschen geschützt werden und stellen uns Diskriminierungen und Benachteiligungen entgegen. Das Recht auf Leben, Freiheit, Gleichheit

und Gerechtigkeit für alle ist für uns in der Caritas nicht verhandelbar.

Insgesamt setzen wir uns dafür ein, eine Welt zu schaffen, in der jeder Mensch in Würde leben kann, frei von Armut, Ungerechtigkeit und Ausgrenzung. Wir schätzen und stützen die Freiheiten unserer Demokratie, insbesondere die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. Durch unsere tägliche Arbeit und unser Engagement tragen wir als Caritas dazu bei, diese Vision zu verwirklichen.
Als Caritas sind wir mit unserem Engagement nicht allein. Wir brauchen eine breite demokratische Mobilisierung, wir müssen stärker denn je als Demokratinnen und Demokraten zusammenstehen. Es kommt auf jeden Einzelnen an, sich in der Demokratie und für sie zu engagieren und die Welt zu einem besseren Ort für alle zu machen.

Münsteraner Erklärung zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes: 23. Mai 2024

Herausgegeben von:
Caritasverband für das Bistum Aachen
Caritasverband für das Bistum Essen
Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln
Caritasverband für die Diözese Münster
Caritasverband für das Erzbistum Paderborn

 

People ON THE MOVE

Unser Kollege Uli Thomas arbeitet als Integrationsbeauftragter der “Aktion Neue Nachbarn”. In seinem Blog-Beitrag nimmt er uns mit zu der Ausstellung ON THE MOVE … 

Köln-Braunsfeld, Oskar-Jäger-Str/Ecke Gürtel. Ein ehemaliges Autohaus. Links geht es im Moment zur Banksy-Ausstellung. Geradeaus über den Parkplatz in den ehemaligen Verkaufsraum zur Ausstellung ON THE MOVE, im Rahmen des Sommerblutfestival 2024.

Beides ist Kunst, beides gesellschaftskritisch, beides sehenswert.

Bei ON THE MOVE ist Vernissage und viele Menschen sind gekommen.
Frei im Raum stehen große Metallgestelle, in welchen die Fotografien menschengroß auf Fahnenstoff gedruckt sind. In ehemaligen Büros im Hintergrund gibt es Audio- und Videoinstallationen.
Die großen Bilder beeindrucken – sie zeigen vor allem Menschen. Menschen, die dafür kämpfen zu leben und wie Menschen behandelt zu werden und für deren Würde kaum einer kämpft.

Die drei Fotografen der Ausstellung waren bei diesen Menschen.

Girogio Morra und János Buck sind mit Freunden in den Balkan gefahren, als sie gehört haben, was dort passiert. Wie schlimm Flüchtende behandelt werden, gedemütigt und über die Grenzen wieder aus der EU gepusht, oft ohne Schuhe und ohne Smartphone. In den ersten Jahren noch heimlich in der Nacht, mittlerweile offen und tagsüber. Man die Pushbacks sogar problemlos fotografieren, erzählen sie – illegale Pushbacks sind heute so normal, dass es (fast) niemanden in Europa mehr stört.

Abdul Saboor war auch dort, aber er kam aus Afghanistan. Selber auf der Flucht. Eine Engagierte bat ihn mit ihrer Kamera ein paar Fotos zu machen. Er hatte zum ersten Mal eine Kamera in der Hand. Die Fotos waren sehr gut. Die Frau überlässt ihm die Kamera mit den Worten: „Behalte sie so lange bis ich das nächste Mal wieder komme“. Abdul gibt die Kamera zurück „Ich hoffe, dass ich dann nicht mehr da bin …“
Er darf die Kamera trotzdem behalten. So wurde er zum Fotografen, arbeitet heute in Paris für Reuters als Pressefotograf und Journalist. Auch Abdul kam wieder zurück, machte Fotos, dokumentierte das Elend und versuchte zu helfen, zeigte Menschlichkeit.

Die Fotografen Giorgio Morra, Abdul Saboor und János Buck

Die drei Fotografen kennen sich gut und erzählen auf der Vernissage, warum sie als Aktivisten und Fotografen tätig sind: Es geht hier um Menschen – das Unrecht muss sichtbar gemacht werden – wir wollen, dass sich mehr Menschen in Europa für diese Menschen ON THE MOVE einsetzen …

Ebenfalls Engagierte der Balkanbrücke und vom Kölner Spendenkonvoi erzählen von ihrer Motivation und ihren Eindrücken.
Neben den Bildern hängen Exemplare der Broschüre `8 Jahre nach dem „MARCH OF HOPE“ – Geschichten von und Perspektiven auf der `Balkanroute´
Geschichten und Perspektiven die berühren, ebenso wie die Bilder, Videos und O-Töne der Ausstellung.

Die Ausstellung geht noch bis zum 19. Mai. Ich kann sie nur empfehlen.

Uli Thomas | Aktion Neue Nachbarn/Köln

 

 

Öffnungszeiten:

Mittwoch bis Freitag 16:00 – 20:00 Uhr
Samstag bis Sonntag und Feiertage 13:00 – 20:00 Uhr

Alle Infos zur Ausstellung gibt es hier

 

Links:

ON THE MOVE – Trailer (youtube.com)

Balkanbrücke (balkanbruecke.org)

Über uns – Kölner Spendenkonvoi (koelner-spendenkonvoi.de)

 

Fotograf: Nathan Dreessen

 

Für eine humane Aufnahme- und Integrationspolitik in Köln

Wir schaffen das (immer noch)!

Soziales Engagement und sich stark machen für soziale Gerechtigkeit in unserer Stadt, das ist die DNA der Caritas Köln und das bedeutet auch die Kommunalpolitik aktiv mitzugestalten.  Vorstandssprecher Peter Krücker sitzt deshalb schon lange am “Runde Tisch für Flüchtlingsfragen”, dieses Gremium hat jüngst ein Positionspapier zur Integrationspolitik herausgeben.

Seit 20 Jahren setzt sich der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen für eine menschengerechte kommunale Integrationspolitik – gerade auch in schwierigen Zeiten ein. Unser Ziel ist bis heute ein gemeinsamer Konsens einer humanen Aufnahme- und Integrationspolitik in Verwaltung, Politik und der Kölner Bürger*innenschaft. Dies hat sich bewährt, so etwa 2015/2016, als über 15.000 Geflüchtete mit großer Empathie in Köln willkommen geheißen, sowie zuletzt 2022, als mehr als 13.000 Geflüchtete u.a. aus der Ukraine in Köln aufgenommen wurden.

Aktuell diskutieren Rechtsextremisten einen „Masterplan zur Re-Emigration“ von Millionen von Menschen aus Deutschland. Diese Pläne beschränken sich nicht auf Migrant*innen und Geflüchtete, sondern beziehen sich auch auf Menschen, die Geflüchteten helfen.

Es ist richtig und gut, dass sich dagegen breiter Protest zu Wort meldet. Aber es darf nicht bei diesen Demonstrationen bleiben. Unsere Diskussionen und unsere Politik müssen sich ändern. Die Rechte aller Menschen müssen wieder geachtet und geschützt werden. Dazu rufen wir auf!

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Stadt Köln seit vielen Jahrzehnten von ihrem migrationszugewandten Klima profitiert. Daher laden wir alle an einem Konsens interessierten Akteur*innen der Stadtgesellschaft ein, Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung entgegenzuwirken, die vielfältigen positiven Erfahrungen mit Migration laut zu benennen und wieder die wahren Ursachen der Mängel in der kommunalen Infrastruktur zu diskutieren.

Der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen stellt fest: Ängste und Vorbehalte dürfen nicht dazu führen, internationales und humanitäres Recht außer Kraft zu setzen. Trotzdem müssen alle, die für ein humanes Asylrecht streiten, Ängste mit sachlichen Argumenten entkräften, Feindbilder abbauen und soziale Lösungen für gesellschaftliche Probleme aufzeigen, für die Geflüchtete zu Unrecht verantwortlich gemacht werden.

Unsere Forderungen an eine sachliche gesellschaftliche und politische Debatte: Weiterlesen

„Wir brauchen eine konstruktive Asylpolitik, eine Bezahlkarte ist diskriminierend“

Der Caritasverband für die Stadt Köln kritisiert den Beschluss der Bund-Länder-Vertreter*innen vom 31. Januar zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber*innen. Wir haben uns bei den Experten der Caritas Köln umgehört und diese Stimmen eingefangen:

Peter Krücker, Vorstandssprecher:

„Wir lehnen die Bezahlkarte ab. Ein solches Verfahren ist diskriminierend und unterstützt keinen Integrationsprozess. Geflüchtete können so an jeder Supermarktkasse als Asylbewerber*innen identifiziert werden. Das ist unwürdig und schafft kein Vertrauen in unser Land, im Gegenteil: So ist es ein Instrument zur Drangsalierung. Die Etablierung der Karte und die regelmäßige Buchung von Guthaben auf die Karte verdoppeln den bestehenden Verwaltungsaufwand. Zudem ist schon jetzt absehbar, dass mit der Karte nicht überall bezahlt

werden kann. Wie erhalten die bedürftigen Menschen dann die Hilfe, die sie benötigen? Wir brauchen eine konstruktive Asylpolitik, die das Ankommen und die Integration der geflüchteten Menschen erleichtert und ihre Würde erhält.“

Susanne Rabe-Rahman, Leitung Perspektivberatung für Geflüchtete

„Wir werden auf jeden Fall zum Widerspruch gegen eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz inkl. des neuen Modells der „Bezahlkarte“ aufrufen. Wir hatten das in ähnlicher, etwas „altmodischerer“ Form schon mal in Köln – und viele Geflüchtete sind daran gescheitert, weil Geschäfte das Zahlmittel entweder gar nicht oder nicht für alle Waren annahmen.

Außerdem: Wie können Geflüchtete in Zukunft für rechtlichen Beistand sparen, den sie im Hinblick auf unfaire Asylrechtsentscheidungen in Anspruch nehmen wollen?

Und wenn sie 50€ im Monat an die Eltern oder Kinder im Ausland weiterleiten, damit diese nicht verhungern müssen – was ist so schlimm daran?

Wir wollen doch „sparen“ – warum dann die Ungleichbehandlung fördern und die Kosten hierfür immer weiter ansteigen lassen – nicht nur an den EU-Außengrenzen? Und damit soll „Migration“ gesteuert werden? Das erhöht nur die Steuern der Steuerzahlenden.“

Tim Westerholt, Leitung Leitungsbereich Integration und Beratung

„Bezahlkarten sind aus vielen Gründen abzulehnen und ein vergleichbares System ist nicht ohne Grund bereits in den 90er Jahren einmal eingeführt und wieder abgeschafft worden. Neben den erheblichen zusätzlichen finanziellen und organisatorischen Belastungen für die Kommune (und immerhin hat der Bund zügig signalisiert, keinerlei Kosten für die Einführung einer solchen Karte zu übernehmen), sind es vor allem humanitäre Gründe, die zu einer Ablehnung führen.

Eine Bezahlkarte zwingt Schutzsuchende in aller Öffentlichkeit (etwa an der Supermarktkasse, oder die Kinder beim Schulfest), ihren Status kundzutun. Sie verhindert ein selbstverantwortliches Handeln und reduziert hierdurch das Recht auf finanzielle Selbstbestimmung. Die Finanzierung juristischer Unterstützung wird hierdurch erschwert, ebenso wie die oftmals geleistete lebensnotwendige Unterstützung von hinterbliebenen Verwandten im Krisenstaat. Weiterhin führt sie zu peinlichen Situationen, wenn die finanzielle Transaktion nicht klappt, die Karte nicht anerkannt wird und gleichzeitig noch keine Sprachkenntnisse vorhanden sind, die Situation zu erklären. Vorteile sind kaum zu sehen und es verbleibt die Vermutung, dass die Karte lediglich eingeführt wird, um seitens der Bundesregierung zu suggerieren, eine vermeintlich „außer Kontrolle“ geratene Geflüchtetensituation durch mehr Bürokratie kontrollierbar zu machen.“

Jugendbüro Meschenich gerettet!!!

Lange mussten wir Zittern!!!

Im November hieß es: 6 von 12 Kölner Jugendbüros sollen geschlossen werden, u.a. das Jugendbüro der Caritas am Kölnberg – die Verbleibenden in ihrem Angebot gekürzt. Die Maßnahme ‚Kölner Jugendbüros‘ wird im Auftrag des Jobcenters durchgeführt und bildet ein wichtiges Bindeglied zwischen Jugendlichen / jungen Erwachsenen und den händeringend nach Azubis oder Arbeitskräften suchenden Betrieben. Hoffnung brachte die jüngste Haushaltsbereinigungssitzung, Anfang Dezember. Dort wurde beschlossen, dass der Etat doch nicht wie erwartet reduziert werden soll. Die Entscheidung musste aber noch vom Bundesrat bestätigt werden. Jetzt endlich (am 18.12.) kam die erlösende Nachricht, dass alle Kölner Jugendbüros geretten werden können, z.T. mit 70% statt 100% Auslastung. Nach wochenlangem Hin & Her muss sich diese frohe Kunde erstmal bei allen Beteiligten setzen. 

 

Ein Kommentar von Gernot Schroer, Mitarbeiter Jugendbüro Kölnberg

Ausgerechnet in Zeiten des Fachkräftemangels sollte genau diese wichtige Schnittstellenarbeit der unklaren Finanzierungssituation zum Opfer fallen. Unverständlich und nicht nachvollziehbar. Denn: für das Jobcenter rechnet sich die Maßnahme, fallen doch alle vermittelten Teilnehmer entweder teilweise oder sogar ganz aus dem Leistungsbezug heraus. Und aus Sicht der Teilnehmenden geht es bei der Berufswahl und -entscheidung nicht nur um Geld, sondern auch um individuelle Perspektive und Persönlichkeitsentwicklung.

Zudem arbeiten alle Jugendbüros in den sogenannten sozialen Brennpunkten der Stadt und leisten damit eine wichtige Stadtteilarbeit im Kampf gegen Jugendarbeits- und -perspektivlosigkeit.

So auch das Jugendbüro am Kölnberg in Meschenich. Ursprünglich als Jugendbüro Südstadt im Jugendzentrum GOT Elsaßstraße verortet, dann für kurze Zeit am Waidmarkt, ist es auf ausdrücklichen Wunsch des Jobcenters 2018 an den Kölnberg umgezogen. Vor dem Hintergrund des Bedarfs am Kölnberg durchaus verständlich und mit dem Vorteil des kurzen Weges für die Teilnehmenden verbunden. Eint doch alle Meschenicher Jugendlichen das Problem des weiten Anfahrtsweges, egal wohin es in die Stadt geht – und gerade auch – wenn dann endlich gefunden – zum Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.

Die unterstützende Beratung der Jugendbüros ist immer Hilfe zur Selbsthilfe. Die Beratung dient der Verselbstständigung des/der Einzelnen. Konkret: Bewerbungsunterlagen werden erstellt oder optimiert, die später nur aktualisiert werden müssen. Notwendige Ressourcen (Laptop, Internetzugang, Scanner, Kopierer u.a.m.,) werden vom Büro gestellt. In Trainings werden die Teilnehmer gezielt auf Einstellungstests, Vorstellungsgespräche oder / und Assessment-Center vorbereitet. Weiß jemand noch gar nicht, wohin die Reise gehen soll, gehört die individuelle Berufsorientierung zum festen Bestandteil der Beratungstätigkeit. Für andere Problematiken übernimmt das Jugendbüro Lotsenfunktion und vermittelt an passende Beratungsstellen.

Vor diesem vielschichtigen Hintergrund hätte eine Schließung von Jugendbüros sozial wie auch rechnerisch keinen Sinn gemacht, zusätzlich wäre ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens verloren gegangen.

Köln bleib sozial!