Für eine humane Aufnahme- und Integrationspolitik in Köln

Wir schaffen das (immer noch)!

Soziales Engagement und sich stark machen für soziale Gerechtigkeit in unserer Stadt, das ist die DNA der Caritas Köln und das bedeutet auch die Kommunalpolitik aktiv mitzugestalten.  Vorstandssprecher Peter Krücker sitzt deshalb schon lange am “Runde Tisch für Flüchtlingsfragen”, dieses Gremium hat jüngst ein Positionspapier zur Integrationspolitik herausgeben.

Seit 20 Jahren setzt sich der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen für eine menschengerechte kommunale Integrationspolitik – gerade auch in schwierigen Zeiten ein. Unser Ziel ist bis heute ein gemeinsamer Konsens einer humanen Aufnahme- und Integrationspolitik in Verwaltung, Politik und der Kölner Bürger*innenschaft. Dies hat sich bewährt, so etwa 2015/2016, als über 15.000 Geflüchtete mit großer Empathie in Köln willkommen geheißen, sowie zuletzt 2022, als mehr als 13.000 Geflüchtete u.a. aus der Ukraine in Köln aufgenommen wurden.

Aktuell diskutieren Rechtsextremisten einen „Masterplan zur Re-Emigration“ von Millionen von Menschen aus Deutschland. Diese Pläne beschränken sich nicht auf Migrant*innen und Geflüchtete, sondern beziehen sich auch auf Menschen, die Geflüchteten helfen.

Es ist richtig und gut, dass sich dagegen breiter Protest zu Wort meldet. Aber es darf nicht bei diesen Demonstrationen bleiben. Unsere Diskussionen und unsere Politik müssen sich ändern. Die Rechte aller Menschen müssen wieder geachtet und geschützt werden. Dazu rufen wir auf!

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Stadt Köln seit vielen Jahrzehnten von ihrem migrationszugewandten Klima profitiert. Daher laden wir alle an einem Konsens interessierten Akteur*innen der Stadtgesellschaft ein, Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung entgegenzuwirken, die vielfältigen positiven Erfahrungen mit Migration laut zu benennen und wieder die wahren Ursachen der Mängel in der kommunalen Infrastruktur zu diskutieren.

Der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen stellt fest: Ängste und Vorbehalte dürfen nicht dazu führen, internationales und humanitäres Recht außer Kraft zu setzen. Trotzdem müssen alle, die für ein humanes Asylrecht streiten, Ängste mit sachlichen Argumenten entkräften, Feindbilder abbauen und soziale Lösungen für gesellschaftliche Probleme aufzeigen, für die Geflüchtete zu Unrecht verantwortlich gemacht werden.

 

Unsere Forderungen an eine sachliche gesellschaftliche und politische Debatte:

  1. Die Fluchtursachen wieder stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit sichtbar machen

Hinter Flucht und Vertreibung stehen massive geopolitische Konflikte weltweit. Die Fluchtbewegungen sind auch Folgen von bestehenden postkolonialen Strukturen und des Klimawandels, vor allem im globalen Süden.

  1. Eine gerechte Verteilung der Geflüchteten einfordern

Die Europäische Union muss Lösungen für eine neue und gerechte Verteilung nach wirtschaftlichen und sozialen Kriterien unter Berücksichtigung der Interessen der Schutzsuchenden aushandeln.

  1. Das Recht auf Asyl erklären

Das Recht auf Asyl muss erklärt und alle Ermessensmöglichkeiten der Kommune im Asyl- und Aufenthaltsrecht zu Gunsten der Geflüchteten genutzt werden. Es besteht der Eindruck, der aktuelle gesetzliche Rahmen wäre eine offene Einladung zu ungesteuerter Migration. Die Realität sieht anders aus: Das Asylrecht ist kein “Recht einzuwandern“, sondern sichert den im Grundgesetz verankerten Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren, um den individuellen Schutzanspruch zu prüfen.

  1. An die positiven Erfahrungen mit Einwanderung nach Deutschland anknüpfen

Migration und Flucht gehören zur Geschichte der Menschheit. Heute ist Deutschland ein Einwanderungsland und fast ein Drittel seiner Bewohner*innen hat eine Migrationsgeschichte. Gerade in Köln wissen viele Menschen aus eigener Erfahrung, dass für die Wirtschaft Menschen mit Einwanderungsgeschichte unverzichtbar sind.

  1. Integration und Zusammenleben in der sozialen Stadt verwirklichen

2015 wie 2022 reagierten die Menschen in Deutschland auf die Geflüchteten aus Syrien und der Ukraine mit einer Welle der Hilfsbereitschaft. Eine schnelle Eröffnung von Teilhabechancen in allen gesellschaftlichen Bereichen ist der Schlüssel zu einer integrativen Stadtgesellschaft.

  1. Kommunen entlasten

Bund und Länder stellen keine ausreichende Finanzierung kommunaler Leistungen sicher. Kommunen müssen finanziell so ausgestattet werden, dass Integration Geflüchteter und der Ausbau der kommunalen Infrastruktur ermöglicht wird.

  1. Sozialen Wohnungsbau fördern

In Köln fehlen rund 80.000 Wohnungen. Dies erschwert den Umzug asylanerkannter Geflüchteter aus Gemeinschaftsunterkünften in Wohnungen. Großunterkünfte stoßen in ihrer Nachbarschaft häufig auf Ablehnung. Es braucht daher eine konsequente Förderung des sozialen Wohnungsbaus für alle Kölner*innen.

  1. Für gute Bildung, Ausbildung und Arbeit sorgen

45 Prozent aller Geflüchteten sind Frauen und Kinder. Alle Kinder haben ein Recht auf einen Platz in Kitas und Schulen. Bildung, Ausbildung und Arbeit sind die besten Wege, um ein eigenständiges Leben zu führen und die Kommunen finanziell zu entlasten. Die Bundesregierung muss Arbeitsverbote für Geflüchtete aufheben und die Vermittlung durch die Jobcenter und Arbeitsagenturen vereinfachen und beschleunigen.

Die Willkommenskultur 2015/2016 hat gezeigt, wie Vorbehalte überwunden und ein Zusammenleben ermöglicht werden kann. Für eine Stadt der Vielfalt!

 Gemeinsam sind wir Köln – das bleibt unsere Aufgabe.

Weitere Infos zum Runden Tisch für Flüchtlingsfragen

„Wir brauchen eine konstruktive Asylpolitik, eine Bezahlkarte ist diskriminierend“

Der Caritasverband für die Stadt Köln kritisiert den Beschluss der Bund-Länder-Vertreter*innen vom 31. Januar zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber*innen. Wir haben uns bei den Experten der Caritas Köln umgehört und diese Stimmen eingefangen:

Peter Krücker, Vorstandssprecher:

„Wir lehnen die Bezahlkarte ab. Ein solches Verfahren ist diskriminierend und unterstützt keinen Integrationsprozess. Geflüchtete können so an jeder Supermarktkasse als Asylbewerber*innen identifiziert werden. Das ist unwürdig und schafft kein Vertrauen in unser Land, im Gegenteil: So ist es ein Instrument zur Drangsalierung. Die Etablierung der Karte und die regelmäßige Buchung von Guthaben auf die Karte verdoppeln den bestehenden Verwaltungsaufwand. Zudem ist schon jetzt absehbar, dass mit der Karte nicht überall bezahlt

werden kann. Wie erhalten die bedürftigen Menschen dann die Hilfe, die sie benötigen? Wir brauchen eine konstruktive Asylpolitik, die das Ankommen und die Integration der geflüchteten Menschen erleichtert und ihre Würde erhält.“

Susanne Rabe-Rahman, Leitung Perspektivberatung für Geflüchtete

„Wir werden auf jeden Fall zum Widerspruch gegen eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz inkl. des neuen Modells der „Bezahlkarte“ aufrufen. Wir hatten das in ähnlicher, etwas „altmodischerer“ Form schon mal in Köln – und viele Geflüchtete sind daran gescheitert, weil Geschäfte das Zahlmittel entweder gar nicht oder nicht für alle Waren annahmen.

Außerdem: Wie können Geflüchtete in Zukunft für rechtlichen Beistand sparen, den sie im Hinblick auf unfaire Asylrechtsentscheidungen in Anspruch nehmen wollen?

Und wenn sie 50€ im Monat an die Eltern oder Kinder im Ausland weiterleiten, damit diese nicht verhungern müssen – was ist so schlimm daran?

Wir wollen doch „sparen“ – warum dann die Ungleichbehandlung fördern und die Kosten hierfür immer weiter ansteigen lassen – nicht nur an den EU-Außengrenzen? Und damit soll „Migration“ gesteuert werden? Das erhöht nur die Steuern der Steuerzahlenden.“

Tim Westerholt, Leitung Leitungsbereich Integration und Beratung

„Bezahlkarten sind aus vielen Gründen abzulehnen und ein vergleichbares System ist nicht ohne Grund bereits in den 90er Jahren einmal eingeführt und wieder abgeschafft worden. Neben den erheblichen zusätzlichen finanziellen und organisatorischen Belastungen für die Kommune (und immerhin hat der Bund zügig signalisiert, keinerlei Kosten für die Einführung einer solchen Karte zu übernehmen), sind es vor allem humanitäre Gründe, die zu einer Ablehnung führen.

Eine Bezahlkarte zwingt Schutzsuchende in aller Öffentlichkeit (etwa an der Supermarktkasse, oder die Kinder beim Schulfest), ihren Status kundzutun. Sie verhindert ein selbstverantwortliches Handeln und reduziert hierdurch das Recht auf finanzielle Selbstbestimmung. Die Finanzierung juristischer Unterstützung wird hierdurch erschwert, ebenso wie die oftmals geleistete lebensnotwendige Unterstützung von hinterbliebenen Verwandten im Krisenstaat. Weiterhin führt sie zu peinlichen Situationen, wenn die finanzielle Transaktion nicht klappt, die Karte nicht anerkannt wird und gleichzeitig noch keine Sprachkenntnisse vorhanden sind, die Situation zu erklären. Vorteile sind kaum zu sehen und es verbleibt die Vermutung, dass die Karte lediglich eingeführt wird, um seitens der Bundesregierung zu suggerieren, eine vermeintlich „außer Kontrolle“ geratene Geflüchtetensituation durch mehr Bürokratie kontrollierbar zu machen.“

Jugendbüro Meschenich gerettet!!!

Lange mussten wir Zittern!!!

Im November hieß es: 6 von 12 Kölner Jugendbüros sollen geschlossen werden, u.a. das Jugendbüro der Caritas am Kölnberg – die Verbleibenden in ihrem Angebot gekürzt. Die Maßnahme ‚Kölner Jugendbüros‘ wird im Auftrag des Jobcenters durchgeführt und bildet ein wichtiges Bindeglied zwischen Jugendlichen / jungen Erwachsenen und den händeringend nach Azubis oder Arbeitskräften suchenden Betrieben. Hoffnung brachte die jüngste Haushaltsbereinigungssitzung, Anfang Dezember. Dort wurde beschlossen, dass der Etat doch nicht wie erwartet reduziert werden soll. Die Entscheidung musste aber noch vom Bundesrat bestätigt werden. Jetzt endlich (am 18.12.) kam die erlösende Nachricht, dass alle Kölner Jugendbüros geretten werden können, z.T. mit 70% statt 100% Auslastung. Nach wochenlangem Hin & Her muss sich diese frohe Kunde erstmal bei allen Beteiligten setzen. 

 

Ein Kommentar von Gernot Schroer, Mitarbeiter Jugendbüro Kölnberg

Ausgerechnet in Zeiten des Fachkräftemangels sollte genau diese wichtige Schnittstellenarbeit der unklaren Finanzierungssituation zum Opfer fallen. Unverständlich und nicht nachvollziehbar. Denn: für das Jobcenter rechnet sich die Maßnahme, fallen doch alle vermittelten Teilnehmer entweder teilweise oder sogar ganz aus dem Leistungsbezug heraus. Und aus Sicht der Teilnehmenden geht es bei der Berufswahl und -entscheidung nicht nur um Geld, sondern auch um individuelle Perspektive und Persönlichkeitsentwicklung.

Zudem arbeiten alle Jugendbüros in den sogenannten sozialen Brennpunkten der Stadt und leisten damit eine wichtige Stadtteilarbeit im Kampf gegen Jugendarbeits- und -perspektivlosigkeit.

So auch das Jugendbüro am Kölnberg in Meschenich. Ursprünglich als Jugendbüro Südstadt im Jugendzentrum GOT Elsaßstraße verortet, dann für kurze Zeit am Waidmarkt, ist es auf ausdrücklichen Wunsch des Jobcenters 2018 an den Kölnberg umgezogen. Vor dem Hintergrund des Bedarfs am Kölnberg durchaus verständlich und mit dem Vorteil des kurzen Weges für die Teilnehmenden verbunden. Eint doch alle Meschenicher Jugendlichen das Problem des weiten Anfahrtsweges, egal wohin es in die Stadt geht – und gerade auch – wenn dann endlich gefunden – zum Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.

Die unterstützende Beratung der Jugendbüros ist immer Hilfe zur Selbsthilfe. Die Beratung dient der Verselbstständigung des/der Einzelnen. Konkret: Bewerbungsunterlagen werden erstellt oder optimiert, die später nur aktualisiert werden müssen. Notwendige Ressourcen (Laptop, Internetzugang, Scanner, Kopierer u.a.m.,) werden vom Büro gestellt. In Trainings werden die Teilnehmer gezielt auf Einstellungstests, Vorstellungsgespräche oder / und Assessment-Center vorbereitet. Weiß jemand noch gar nicht, wohin die Reise gehen soll, gehört die individuelle Berufsorientierung zum festen Bestandteil der Beratungstätigkeit. Für andere Problematiken übernimmt das Jugendbüro Lotsenfunktion und vermittelt an passende Beratungsstellen.

Vor diesem vielschichtigen Hintergrund hätte eine Schließung von Jugendbüros sozial wie auch rechnerisch keinen Sinn gemacht, zusätzlich wäre ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens verloren gegangen.

Köln bleib sozial!

 

„Wir kämpfen für die Rettung der sozialen Infrastruktur!“

Die Angebote und Dienste der Caritas Köln werden durch kommunale, Landes- oder Bundesmittel finanziert. Bei allen drei Finanzierungsquellen zeigen sich momentan Entwicklungen, die die Träger sozialer Dienste vor enorme Herausforderungen stellen: Erhebliche Kürzungen in den Haushaltsplanungen 2024 auf Landes- und Bundesebene und eine nicht-auskömmliche Refinanzierung auf kommunaler Ebene. Und dies in Zeiten, in denen Träger extremen Mehrbelastungen durch tarifbedingte Personalkostenerhöhungen und inflations- und krisenbedingt stark gestiegene Sachkosten ausgesetzt sind!

In Köln sind die Träger mit der folgenden Situation konfrontiert: Im derzeit geltenden Doppelhaushalt 2023/2024 der Stadt Köln sind die Kostensteigerungen nicht eingeplant. Sie können über den sog. Strukturförderfonds der Stadt Köln nur anteilig kompensiert werden. Auch wenn im Haushalt 2024 erneut die Mittel des Strukturförderfonds zur Verfügung stehen, reichen diese bei Weitem nicht aus, um die Kostensteigerungen im Jahr 2024 nur ansatzweise abfedern zu können. Die aktuellen Förderungen sind demnach von den tatsächlichen Kostensteigerungen entkoppelt!

Die Kombination aus Finanzierungsproblemen und gleichzeitig akuter Personalnot führt Träger und Einrichtungen in eine dramatische Lage. Zu erwarten sind die Reduzierung von Öffnungszeiten, die Schließung von Angeboten und drohende Insolvenzen. Die Situation ist fatal, insbesondere für die Bürgerinnen und Bürger, die eine stabile soziale Infrastruktur mit ihren vielfältigen Angeboten dringend benötigen und auf sie setzen!

Die derzeitige Lage ist nicht „hausgemacht“, sondern betrifft alle Träger der freien Wohlfahrt. Laut einer aktuellen Befragung der Diakonie in Nordrhein-Westfalen rechnen beispielsweise vier von fünf Trägern mit negativen Jahresergebnissen und jeder dritte Träger rechnet mit einem Liquiditätsengpass. Zudem erwarten viele Träger Angebotsreduktionen, Zahlungsunfähigkeiten bis hin zu Insolvenzen. Dazu die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LAG FW NRW): „Die Rahmenbedingungen waren schon in der Vergangenheit selten auskömmlich, sind nun aber endgültig untragbar!“

In der Trägerlandschaft herrscht durch diese Umstände eine hohe Verunsicherung. Diese Sorge strahlt auch auf die Beschäftigten aus. Aus diesem Grund ist der Caritasverband in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (LIGA, LAG) politisch aktiv und befindet sich in Gesprächen mit Ratsmitgliedern der Stadt Köln sowie mit Kölner Abgeordneten des Landtags und des Bundestages. Zudem beteiligt sich der Caritasverband an der Kampagne „NRW bleib sozial“ der LAG FW NRW. Im Rahmen der Kampagne hat bereits eine große Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag am 19.10.2023 stattgefunden. Am 08.11.2023 hat die LIGA Köln zudem eine Mahnwache vor dem Kölner Rathaus organisiert.

Da es nach wie vor keine konkreten Entscheidungen gibt (Stand Ende November 2023), hat die LIGA eine für die Freie Wohlfahrt in Köln historische Protestaktion initiiert. Am 28. und 29.11. blieben mehr als 500 soziale Einrichtungen geschlossen. Höhepunkt der Protestaktion war eine Demonstration mit deutlich mehr als 8.000 Menschen durch die Kölner Innenstadt.

Wir setzen uns dafür ein, dass Politik und Verwaltung jetzt handeln, um soziale Angebote in Köln und Nordrhein-Westfalen zu sichern und eine qualitativ hochwertige soziale Arbeit aufrechtzuerhalten.

Peter Krücker/Caritas-Vorstand und Raphael Kösters/Vorstandsreferent

Black Box?! So engagiert sich die Caritas Köln in der Sozialpolitik.

„Gremienarbeit“, „Lobbying“, „Verbandspolitik“ etc. – Was hat es damit auf sich? Wie bringt sich die Caritas Köln ein? Wie gestalten wir die politische Arbeit für ein soziales und gerechtes Köln?
Wir möchten Einblick in die „Black Box“ geben, was sozialpolitisch überhaupt von wem und für wen mit welchen Zielen getan wird.

Was meint sozialpolitisches Engagement?

Der Caritasverband wirkt in der Stadt Köln an der Arbeit von rund 30 verschiedenen politischen Gremien, Ausschüssen oder Netzwerken mit. In diesen Gruppen sitzen Vertreter*innen von Wohlfahrtsverbänden wie der Caritas, der Politik, der Verwaltung und weitere Expert*innen. Seitens des Caritasverbandes beteiligen sich hier insbesondere der Sprecher des Vorstands sowie weitere Führungskräfte des Caritasverbandes. Gremien, Ausschüsse und Netzwerke nehmen jeweils unterschiedliche Bereiche der Sozialpolitik und der Wohlfahrtspflege in den Blick – sie sind arbeitsteilig organisiert. So gibt es Gruppen, die sich zum Beispiel auf Seniorenpolitik, auf Behindertenpolitik oder auf Jugendarbeit konzentrieren.

Das sind unsere Ziele:

  • Die soziale Arbeit in Köln fördern, gestalten und weiterentwickeln.
  • Auf (stadt-)gesellschaftliche Problemlagen und Fehlentwicklungen hinweisen.
  • Anwaltschaftlich für hilfe- und ratsuchende Menschen in Köln eintreten.
  • Die Interessen des Caritasverbandes und seiner Mitarbeitenden in Diskussionen und Entscheidungsfindungen vertreten.
  • Unser Wissen als Expert*innen für soziale Themen und unsere Erfahrung aus der Praxis der Sozialen Arbeit und Pflege bei der Beratung zu politischen Fragen einbringen.
  • Partnerschaftliche Beziehungen zu Politik und Verwaltung sowie zu weiteren Bündnispartner*innen in der Stadt Köln aufbauen und pflegen: Nur gemeinsam sind wir stark.
  • Themen aus dem Verband in die Öffentlichkeit tragen.
  • Aufmerksamkeit dafür schaffen, was der Verband für die (Stadt-)Gesellschaft leistet.

Der Caritasverband Köln ist zudem Teil der sogenannten LIGA Köln (www.liga.koeln), einem Zusammenschluss der sechs Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Köln, die gemeinsam sozialpolitische Positionen entwickeln und vertreten. Das sind außer unserem Caritasverband das Diakonische Werk Köln und Region, der AWO Kreisverband Köln, die Kreisgruppe Köln des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der DRK-Kreisverband Köln und die Synagogen-Gemeinde Köln. Jährlich wechselt die Geschäftsführung der LIGA, in diesem Jahr 2023 hat der Caritasverband Köln die Federführung inne. Vertreter*innen der LIGA sind in den zentralen kommunalpolitischen Gremien vertreten und stehen zusätzlich in regelmäßigem Austausch mit den Amtsleitungen des Jugend-, Sozial- und Gesundheitsamtes sowie mit der Leitung des Jobcenters.

Wir engagieren uns nicht nur in der Kölner Stadtpolitik in Köln, sondern sind auch in kirchenpolitischen und innerverbandlichen Gremien und Ausschüssen aktiv.

Warum und für wen engagieren wir uns? Was sind zentrale Themen?

Wir bringen uns aktiv als Anwalt für benachteiligte Menschen in der Kölner Stadtgesellschaft ein. Unser Anliegen ist soziale Gerechtigkeit in der Stadt, für geflüchtete Menschen, für Zuwandernde, für Inklusion, für menschenwürdige Pflege und für gleiche Chancen und die Förderung von Kindern und Jugendlichen.

Als Träger sozialer und pflegerischer Einrichtungen kämpfen wir für eine auskömmliche Finanzierung der sozialen Infrastruktur. Nur bei einer guten Finanzierung ist es möglich, umfassende Unterstützungsangebote von hoher Qualität anzubieten. In diesem Zusammenhang unterstreicht der Verband öffentlich, welchen wichtigen Beitrag seine haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Unterstützung benachteiligter Menschen leisten.

Grundsätzlich äußert sich der Verband konstruktiv und kritisch zu gesellschaftlichen Entwicklungen in der Stadt Köln und darüber hinaus. Dabei werden caritative Werte und ethische Leitlinien in die politische Debatte eingebracht. Politischen Tendenzen wie Populismus, Diskriminierung, Antisemitismus oder Fundamentalismus tritt der Verband ausdrücklich entgegen.

Die Kommune ist die zentrale und richtige Anlaufstelle für dieses Engagement: Zum einen werden hier politische Entscheidungen über die sozialen Dienstleistungen und Angebote vor Ort getroffen. Zum anderen sind soziale Problemlagen (wie Wohnraummangel oder Armut) hier besonders sichtbar und können mit pragmatischen, innovativen sowie stadtteilorientierten Ansätzen unmittelbar angegangen werden.

Was sind konkrete Beispiele?

Der Caritasverband ist stimmberechtigtes Mitglied des Jugendhilfeausschusses des Rates der Stadt Köln. Das heißt, dass der Verband hier neben 14 weiteren stimmberechtigten Vertreter*innen direkt an Entscheidungen des Ausschusses beteiligt ist. Im Jugendhilfeausschuss wird beispielsweise über Richtlinien zur Gestaltung, Ausstattung und Unterhaltung von Kindertages- und Jugendeinrichtungen entschieden. Auch die grundsätzliche Planung von Kinder- und Jugendeinrichtungen ist ein wichtiges Thema für den Ausschuss.

Ein weiteres konkretes Beispiel für das sozialpolitische Engagement des Caritasverbandes ist der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen. Hierbei handelt es sich um ein Gremium von Expert*innen, das die Stadtverwaltung bei allen Fragen und Herausforderungen rund um das Thema Flüchtlingspolitik berät. Es geht beispielsweise um die Initiierung und Vernetzung der ehrenamtlichen Unterstützungsarbeit für Geflüchtete sowie die Beratung der Verwaltung bei Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten.

Der Caritasverband Köln sucht den offenen Austausch mit allen (demokratischen) Parteien und Interessenvertretungen.
Alle Vertreter*innen sind herzlich eingeladen, mit uns zum gemeinsamen Austausch zu aktuellen sozialpolitischen Problemfeldern und Lösungsansätzen Kontakt aufzunehmen!

Ihr Ansprechpartner: Dr. Raphael Kösters/Vorstandsreferent, E-Mail: raphael.koesters@caritas-koeln.de; Tel.: 0221 95570-308

Frau. Leben. Freiheit.

Köstan Raasti, Sozialarbeiterin der Caritas Köln, ist Kurdin und stammt aus dem Iran. Sie erlebt in diesen Tagen eine emotionale Achterbahnfahrt, voller Sorge, Angst, Wut, aber auch voll Hoffnung.

Ihr Appell:

Im Iran werden Menschen- und Frauenrechte mit Füßen getreten. Das islamische Terrorregime unterdrückt systematisch die Bevölkerung. Das ist nicht neu, das hat in den letzten 43 Jahren und davor immer wieder stattgefunden! Vor allem Frauen und Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten wie Kurd*innen, Belutsch*innen, Baha’is, Juden, Christen, sowie Homosexuelle stehen im Fokus der aggressiven Staatspolitik.

Daneben geht es der Bevölkerung durch die Korruption der Regierung und Inflation wirtschaftlich immer schlechter, 80 Prozent der Menschen leben unter der Armutsgrenze. Es gibt keinerlei Möglichkeiten, sich öffentlich und kritisch gegen die islamische Regierung zu äußern.

Neu ist aber, dass wir Zeug*innen davon werden, Augenzeug*innen. Und das haben wir den Bildern und Handyvideos der Menschen vor Ort zu verdanken, die getötet werden, über 570  tote Demonstranten darunter über 70 Kinder und Minderjährige. Die Demonstrierenden nehmen das Risiko in Kauf, bei dem waffenlosen Widerstand für das Einstehen ihrer Grundrechte getötet zu werden und lassen sich auch durch die massive Gewalt nicht einschüchtern. Sie nehmen trotzdem ihre Handys mit, weil sie wissen, dass das ihre einzige Protestform und Möglichkeit ist, ihren Hilferuf nach Grundrechten und Freiheit in die Öffentlichkeit zu bringen. Diesmal stehen die Frauen, mutig und fest entschlossen Veränderung anzustreben, an der vordersten Front und führen die Proteste an.

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Menschenwürde kennt nicht zweierlei Maß – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!

 

Als Caritas Köln unterstützen wir gemeinsam mit 61 weiteren Organisationen den Appell für gleiche Rechte auf Sozialleistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen, ohne diskriminierende Unterschiede:

Gemeinsames Statement von 61 Organisationen

Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!

Viele Geflüchtete erhalten zum Leben lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – und damit weniger als das neue Bürgergeld, das laut Gesetz das menschenwürdige Existenzminimum sicherstellen soll. Aber die Menschenwürde kennt nicht zweierlei Maß. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Anwält*innenverbände fordern gleiche Standards für alle: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden.

Seit dem 1. Januar 2023 erhalten materiell bedürftige Menschen in Deutschland das sogenannte Bürgergeld. Das Bürgergeld tritt an die Stelle der bisherigen Hartz-IV-Leistungen. Geflüchtete wurden dabei allerdings nicht mitgedacht: Denn wie schon bei Hartz IV bleiben asylsuchende und geduldete Menschen auch vom Bürgergeld ausgeschlossen. Statt des regulären Sozialrechts gilt für sie das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

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Offen geht – Es muss gehen!

von Susanne Rabe-Rahman/Perspektivberatung für Flüchtlinge der Caritas Köln

#offen geht. So lautet das Motto der diesjährigen Interkulturellen Woche, dass sehr gut zum Tag des Flüchtlings in dieser Woche am 01.10.2021 passt!

#offen geht – in Köln haben wir die „Interkulturellen Woche“ schon lange zu einem „Interkulturellen Jahr“ gemacht… Aber in der Flüchtlingspolitik braucht es aktuell länger, eine viel zu lange Zeit, Verschlossenheit zu überwinden. Wir denken aktuell insbesondere an die Zustände an den Grenzen – zwischen Polen und Belarus, zwischen USA und Mexiko, zwischen Türkei und Griechenland, zwischen Afghanistan und Pakistan, zwischen Meer und Land.

#offen geht! Stoppt die Kriminalisierung der Rettung von Menschen aus dem Mittelmeer! Stoppt die illegalen Push Backs an den Grenzen! Nehmt Geflüchtete und Schutzsuchende auf, statt sie zum Spielball politischer Interessen zu machen! Es sind Menschen! Sie haben das gleiche Recht zu leben wie wir! Weiterlesen

Europa, das bist Du nicht!

Gastbeitrag von Susanne Rabe-Rahman/Leiterin der Caritas-Perspektivberatung angesichts der humanitären Katastrophe an der türkisch-griechischen Grenze und in griechischen Flüchtlingslagern 

Noch während wir uns – teilweise zu Recht, teilweise auch völlig übertrieben – Sorgen darüber machen, ob das Coronavirus uns, Verwandte oder Bekannte, das Gesundheitssystem oder das Wirtschaftssystem verletzten oder durcheinander bringen könnte, sterben an den europäischen Grenzen weiterhin, wieder, erneut Geflüchtete, die leider nicht mehr nur „Spielball“ politischer Interessen sind, sondern inzwischen auch als Munition genutzt oder von solcher getroffen werden. Weiterlesen

Wie bleibt die Pflege in Zukunft bezahlbar?

Der Spiegel berichtet in seiner online Ausgabe am 14.08.2019 über eine Initiative der großen Koalition in Berlin: „Nur Gutverdiener sollen für Eltern noch zahlen müssen. Wenn alte Menschen ins Pflegeheim müssen, aber den Eigenanteil nicht aufbringen können, müssen je nach Einkommen die Kinder bezahlen. Jetzt will die Koalition die Grenzen dafür deutlich anheben. Die Kommunen wehren sich. Kinder pflegebedürftiger Eltern sollen finanziell entlastet werden. Das sieht das Angehörigen-Entlastungsgesetz vor, das an diesem Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden soll. Wenn das Geld des zu Pflegenden und die Mittel der Pflegeversicherung nicht reichen, können die Kinder für die Leistungen zur Kasse gebeten werden. Dies soll künftig aber erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro möglich sein.“

Bereits im Oktober 2018 hatten die Fachverbände VKAD (Caritas) und DEVAP (Diakonie) ihr gemeinsames Impulspapier zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung mit Reformvorschlägen für Neuordnung der Pflegeversicherung vorgelegt. Hierbei ist der Vorschlag, die Pflegeversicherung ist so umzugestalten, dass die Betroffenen künftig nur einen fixen Sockelbetrag für ihre pflegebedingten Kosten zahlen. Die Höhe dieses Sockelbetrages ist politisch festzulegen und muss das Risiko der Sozialhilfebedürftigkeit deutlich mindern. Die darüber liegende, aufgrund von Personalkostensteigerungen wachsende Kostenspitze muss von der Pflegeversicherung getragen werden, womöglich mit einem Steuerzuschuss.

Beide Ansätze zeigen auf: Eine Verbesserung der Pflegesituation, mehr Personal, eine bessere Bezahlung in Pflegeberufen – alle diese drängenden Themen kosten am Ende mehr Geld. Wenn diese höheren Kosten aber nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen und deren Angehöriger gehen sollen, dann ist es erforderlich, die Finanzierung der Pflege zu verändern.

Aktuell werden nur rund 1/3 der Pflegekosten über die Pflegeversicherung finanziert. Den Rest zahlen dann die Pflegebedürftigen selber, dessen Angehörige oder die Sozialhilfe.

Aber: Warum werden die Mittel für Pflege nur über die aus den Einkommen der Lohnempfänger finanziert? Warum werden nicht auch aus den Einkünften der Erträge aus Kapital und Vermietung Leistungen der Pflege finanziert? Eine Stärkung der Pflege erfordert Geld, ob aus weiteren Erhöhungen der Pflegeversicherungsbeiträge, oder aus einer Erhöhung der steuerfinanzierten kommunalen Sozialleistungen.