Aufgrund des hinterhältigen Brandanschlags auf die geplante Asylunterkunft in Tröglitz fragt sich die gesamte online- und offline-Gemeinde in Deutschland, ob „Tröglitz“ überall oder doch nur in Sachsen-Anhalt sein kann.
Der Sache dient nicht, daraus einen Ost-West-Konflikt zu machen. Auch finde ich es alles andere als beruhigend, dass „Tröglitz“ unverdientermaßen als vermeintliches Synonym für Fremdenfeindlichkeit, wenn es nicht in Sachsen-Anhalt liegen würde, reintheoretisch überall in Deutschland sein könnte. Soll das trösten? Ich will überhaupt kein zweites „Tröglitz“: weder im Westen noch im Osten. Ich würde viel lieber ohne jedes „Tröglitz” leben wollen. Viel erschreckender ist für mich, was die jüngst bekannt gewordenen Statistiken zu rechtsextremistisch motivierten Straftaten ans Licht bringen: Dass diese nämlich steigen und in Teilen der Gesellschaft die Hemmschwelle deutlich sinkt. Erst ist es ein leeres und einer bestimmten Nutzung zugedachtes Haus, das brennt. Was wird es morgen sein, wenn es nicht gelingt, diesen Wahnsinn zu stoppen? Auch der Blick auf die zahlreichen anderen Krisen- und Kriegsschauplätze in der Welt lässt mich nur den Kopf schütteln. Ich dachte unsere Gesellschaft und die Welt wären so zivilisiert und geistig entwickelt, um ausreichend Lehren aus der Geschichte ziehen zu können; dass das, was sich in Syrien, in der Ukraine oder afrikanischen Ländern abspielt, nicht mehr passiert. Ich habe echt gedacht, wir wären weiter.
Nun will ich nicht sagen, dass das, was sich als „vernünftig“ bezeichnende Menschen bei Pegida und Co. auf die Straße treibt und die sich keineswegs mit Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus oder „Neo-Nazitum“ gedanklich in Verbindung gebracht wissen wollen, nicht als Sorgen und Nöten ernst zu nehmen ist und einen aufgeklärten Diskurs erfordert. Diesem Diskurs muss man jedoch bereit sein sich zu stellen. Helfen kann man aber immer nur „sprechenden“ Menschen. Menschen, die durch ihre feigen Taten sprechen und sich dahinter anonym verstecken, sind nichts anders als gemeine Brandstifter. Gerade dies erfordert aber von den angeblich „Vernünftigen“, die Angst davor haben, was sich in ihrem Ort, in ihrer Straße durch “das Fremde” oder “die Fremden” möglicherweise verändert, ein deutliches Bekenntnis und sichtbares Zeichen des geistigen Abstands. Wer sich jedoch mit diesem in konservativem Gewand gekleideten extremistischen Gedankengut gemein macht und sich „in gutem Glauben“ instrumentalisieren lässt, darf sich über den gesellschaftlichen Sturm, den er erntet, nicht wundern.
Ermutigend finde ich, die vielen großen und noch zahlreicheren kleinen Gesten und Initiativen. Seien es z.B. Sportvereine, die Flüchtlingskinder zur spielerischen Begegnung einladen, Kirchengemeinden, die Friedensgebete organisieren und Flüchtlinge in ihrer Mitte unterstützend zur Seite stehen, oder Ehrenamtliche, die Flüchtlinge begleiten, ihnen beim Erlernen der Sprache behilflich sind und ihnen ein offenes, anerkennendes und herzliches Willkommen schenken. Diese Beispiele machen immer noch zu wenig Schlagzeilen.