Wenn ein Thema sich seinen eigenen Platz sucht…

(oder warum es eigentlich länger dauert, seinen Aufenthaltstitel zu verlängern, als einen Parkausweis zu erhalten)

von Svenja Mattes (Leistungsbereichsleitung Integration & Beratung der Caritas Köln)

Angelika Wuttke (AK Politik der Willkommensinitiativen), Annette de Fallois (Diakonie Köln), Tim Westerholt (Caritas Köln), Christina Boeck (Stadt Köln), Claus-Ulrich Prölß (Kölner Flüchtlingsrat e.V), Anke Bruns (Moderation) und Gülistan Çaçan (Vingster Treff) (v.l.) bei der Kölner Fachtagung Flucht.

Am 14. Mai 2025 fand in Köln die 23. Regionale Fachtagung Flucht unter dem Titel „Der Anfang vom Ende? Aktuelle Rahmenbedingungen der Fluchtpolitik in Deutschland“ statt. Die Veranstaltung wird traditionell vom Kölner Flüchtlingsrat e.V., der Diakonie und dem Caritasverband für die Stadt Köln e.V. in Kooperation mit dem Ausländeramt Köln organisiert. Sie richtet sich an Fachkräfte aus Trägerorganisationen und Verwaltung, aber auch Ehrenamt und Politik sind vertreten.

Fachtagung Flucht 2025 in Köln

Zwar stand die Tagung inhaltlich ganz im Zeichen der aktuellen politischen Entwicklungen im Kontext Flucht und Asyl, doch wurde bei einer Podiumsdiskussion, die eigentlich unter dem Titel „Wohin steuert Köln?“ geführt wurde, durch zahlreiche Publikumsfragen deutlich: Nicht der Blick in die Zukunft bestimmt die Diskussion, sondern nach wie vor sind es die Erreichbarkeit und die Bearbeitungszeiten der Ausländerbehörde selbst, die das zentrale Thema für Beratungseinrichtungen und Betroffene darstellen.

Seit Jahren ist bekannt, dass der eingeschränkte Zugang zum Ausländeramt Köln sowie die mangelnde Erreichbarkeit der Behörde erhebliche Probleme verursachen. In unseren Beratungen berichten Menschen noch immer nahezu täglich, dass sie weder telefonisch noch per E-Mail Kontakt zu ihren Sachbearbeiter*innen aufnehmen können. Besonders gravierend wird dies, wenn es um die Verlängerung von Aufenthaltspapieren geht. Ein gültiges Ausweisdokument ist Voraussetzung für Erwerbstätigkeit, Ausbildung und soziale Teilhabe. Wird ein Aufenthaltstitel nicht rechtzeitig verlängert, drohen der Verlust des Arbeitsplatzes, der Ausbildungsstelle oder die Einstellung von staatlichen Unterstützungsleistungen.

Ausländerbehörden in Köln: große Unterschiede zwischen Bezirken

Das Führungspersonal der Ausländerbehörde stellt sich regelmäßig der Diskussion in Runden Tischen, Verwaltungsgremien und weiteren Runden. Dies verdeutlichen etwa der Prozess zur „Öffnung zur Willkommensbehörde“, die jüngste Antwort der Verwaltung auf eine Ratsanfrage, sowie die Tatsache, dass Ausländeramt und Träger jährlich eine gemeinsame Fachtagung durchführen. Zur Wahrheit gehört auch, dass mittlerweile zwischen den Kölner Bezirken große Unterschiede bestehen. Während der Zugang in den linksrheinischen Bezirken inzwischen besser funktioniert, bestehen insbesondere in den Stadtteilen Kalk und Mülheim weiterhin erhebliche Schwierigkeiten. Und ja, natürlich ist dies kein Kölner Problem, sondern ein deutschlandweites – was es umso dramatischer macht.

Es geht hier also keinesfalls um personenbezogene Kritik. Es geht darum, dass es trotz mancher Fortschritte und großer Gesprächsbereitschaft nach wie vor wichtig ist, den Finger in die Wunde zu legen und echte Verbesserungen für die Kölner Bevölkerung zu erreichen.

Betroffene warten monatelang auf Einbürgerungsverfahren

Denn zur Wahrheit gehört leider auch, dass die hier benannte große Ansprechbarkeit der Führungsspitze für einen großen Teil der Kölner Beratungslandschaft keinen (unmittelbaren) Effekt hat – was Ohnmachtsgefühle und Wut bei Berater*innen und vor allem bei betroffenen Kölner*innen erzeugt. Vielleicht haben wir uns alle gemeinsam zu sehr an einen unerträglichen Dauerzustand gewöhnt – daran, dass die Wartezeiten für Menschen, die in ihr Herkunftsland zurückkehren möchten, um ein Vielfaches kürzer sind, als die Wartezeiten für Menschen, die sich einbürgern lassen wollen. Und leider auch daran, dass wir scheinbar unterschiedliche Maßstäbe anwenden, wenn es um die rechtzeitige Verwirklichung von Rechtsansprüchen geht: Man stelle sich den öffentlichen Aufschrei vor, wenn die Verwaltung offiziell mitteilen würde, dass die Wartezeit zum Erhalt der Antragspapiere für einen Anwohnerparkausweis 12 Monate und die daran anschließende Bearbeitungszeit weitere zwei Jahre beträgt – beides gilt aktuell in Köln für das Einbürgerungsverfahren.

Von behördlicher Seite wird seit Jahren auf den Personalmangel und die in den letzten Jahren teils ad hoc vom Bund zugeteilten Aufgaben verwiesen. Beides ist zutreffend und dennoch bleibt es aus Sicht der Kölner*innen, die auf die Dienstleistungen der Ausländerbehörde angewiesen sind, unverständlich, dass dieser Zustand als dauerhafte Entschuldigung herhalten muss.

Wirksame Ansätze zur Sicherung der Lebensgrundlage

Der vom Ausländeramt Köln eingeschlagene Weg ist gut, es braucht darüber hinaus aber zeitnah wirksame Ansätze, um die existenziellen Lebensgrundlagen von Kölner*innen zu sichern. Mögliche Maßnahmen zur Verbesserung könnten sein:

  • Rechtssichere Kommunikation mit Arbeitgebenden vonseiten der Behörde, um rechtsverbindlich zu bestätigen, dass ein Aufenthaltstitel weiterhin gültig ist.
  • Aktuelle und mehrsprachige Informationen auf der Website der Ausländerbehörde zur Erreichbarkeit und zum Ablauf von Verfahren.
  • Digitalisierung von Anträgen, insbesondere zur Verlängerung von Aufenthaltstiteln. Dabei muss Rechtssicherheit gewährleistet sein, etwa durch Bestätigungsmails, zeitnahe Rückmeldungen auf Online-Formulareingaben und transparente Informationen zum Bearbeitungsstand sowie zur Verfügbarkeit neuer Dokumente.

Die Zusammenarbeit mit der Kölner Ausländerbehörde gestaltet sich heute konstruktiver als noch vor einigen Jahren – dafür sind wir als Beratungseinrichtungen dankbar. Dennoch bleibt das zentrale Anliegen: Der Zugang zur Behörde und deren Erreichbarkeit müssen sich besonders in Zeiten, in denen der politische Diskurs verstärkt auf Abschiebung und Restriktion verschoben wird, dringend und spürbar verbessern – insbesondere für die Betroffenen.

Eigenes Business in Deutschland: So klappt’s

Siebenteilige Schulung in Köln-Ehrenfeld für Menschen aus der Ukraine auf dem Weg in die Selbständigkeit

Ein Bericht von Isabel Heinrichs, Integrationsbeauftragte Aktion Neue Nachbarn und Andrea Lauer, Bildungswerk Köln

Die Selbstverständlichkeit von Selbständigkeit ist bei vielen Geflüchteten in ihren
Heimatländern und in der eigenen Persönlichkeit Realität. Angekommen in Deutschland
stößt diese Selbstverständlichkeit häufig jedoch auf Hürden: Steuer, Versicherungen,
Gewerbeanmeldung, Bürokratie – die richtigen Schritte in die Selbständigkeit in Deutschland
wollen gut bedacht sein, sonst kann der Traum zur Selbstverwirklichung im Beruf schnell
zum Alptraum werden.

Damit der Businessplan Hand und Fuß hat und die Energie zur Selbständigkeit nicht in der
Schuldenfalle endet, wurde das Pilotprojekt „Eigenes Business in Deutschland“ als Schulung
für Ukrainer:innen entwickelt. Hierfür haben sich Kolleginnen des Katholischen
Bildungswerkes, der Aktion Neue Nachbarn und des Caritasverbandes der Stadt Köln e.V.
als Zusammenschluss „Engagiert für Geflüchtete in Köln“ mit Ehrenamtlichen und der
Engagementförderin aus dem Seelsorgebereich Ehrenfeld/Bickendorf/Ossendorf
zusammengetan. Insbesondere die ehrenamtlich Aktive und selbst erst im Jahr 2022 aus der
Ukraine geflüchtete Vlada Trukhon hatte großen und besonderen Anteil am Gelingen der
Schulung. Sie hatte sich selbst bereits als Fotografin in Köln selbständig gemacht und trug
mithilfe ihrer Erfahrungen, muttersprachlichen Kenntnisse und enormen Engagement für die
Zielgruppe maßgeblich zum Erfolg bei.

Die Schulung fand von Januar bis Februar 2025 in Köln-Ehrenfeld statt und fand sehr großen
Anklang bei den Teilnehmenden.
Regelmäßig haben 28 Personen an der Schulung teilgenommen. Die Teilnehmenden lobten
im Nachgang die Veranstaltung sowie die „gute Organisation und freundliche Stimmung“.
Viel Engagement und Expertise sind hier zusammengeflossen: Im Rahmen der Schulung
erhielten Geflüchtete aus der Ukraine in sieben aufeinanderfolgenden Terminen
Informationen über Rechts- und Steuerfragen und viel Wissenswertes im Zusammenhang
mit der Selbständigkeit in Deutschland. Die Beratung zu und Entwicklung eines konkreten
Selbständigkeitsvorhabens wurden von erfahrenen Berater*innen der Industrie- und
Handelskammer, der Handwerkskammer, des Jobcenters, der Schuldnerberatung sowie aus
den Bereichen Steuern und Versicherung begleitet. Die Teilnehmenden lobten die
Referent:innen und vor allem, dass „sehr ehrlich und informativ“ referiert wurde.
Das Feedback einer Teilnehmerin bringt es auf den Punkt: „Für die zahlreichen hilfreichen
Kontakte zu Beratern aus den unterschiedlichsten Bereichen bin ich sehr dankbar. Ich bin
auch dankbar für die allgemeinen Informationen zum Thema Geschäfte in Deutschland und
für die Hinweise, wo und bei wem ich die erforderlichen weiteren Informationen einholen
kann.“

Die Veranstaltungen wurden von Übersetzer:innen Deutsch/Ukrainisch sowie
Gebärdendolmetscher:innen begleitet, da auch neun gehörlose Teilnehmer:innen dabei
waren.

Die hier gewonnenen Erfahrungen sollen dazu dienen, das Projekt für die Zukunft und für
weitere Zielgruppen bzw. andere Communities in Köln weiterzuentwickeln. Eine
Zusatzveranstaltung zum Austausch und zur Vertiefung von Erkenntnissen für die
Ukrainer:innen in Ehrenfeld wird bereits für September 2025 geplant. Damit wurde direkt auf
die Wünsche der Teilnehmenden reagiert: „Ich will mehr wissen über die Situation, wenn ich
in Teilzeit arbeite und gleichzeitig selbständig bin. Wie funktioniert das?“ und „Wie kann ich
für mein Unternehmen werben? Ist es zum Beispiel möglich, rauszugehen und Werbung zu
verteilen? Braucht man dafür eine Erlaubnis oder nicht?”

Zum Tod von Papst Franziskus

Anlässlich des Todes von Papst Franziskus teilt die Caritas Köln ihre Gedanken in einem persönlichen Nachruf. Verfasst wurde er von Dr. Tim Schlotmann, Leiter des Stabsbereichs Seelsorge und Christliche Identität – ein Rückblick auf ein Pontifikat, das die Kirche verändert hat und uns als Caritas tief geprägt hat:

Er war in vielfacher Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung. Schon zu Beginn seines Dienstes wollten die Überraschungen nicht enden. Am Ende war er auch ein gutes Stück ausgezehrt. Und manche hätten wohl mehr von ihm erwartet. Für uns als Caritas aber war dieser Papst eine Art Patenonkel. Unsere Themen waren seine Themen. So viel Rückenwind von höchster Stelle hatte man nicht gekannt. Einen Papst mit einer solchen Street Credibility hat es vielleicht seit Petrus nicht mehr gegeben. Genau deshalb ist es nur verständlich, dass in diesen Tagen viele Menschen um Jorge Mario Bergoglio, den ersten Papst aus Argentinien, trauern. Am Ostermontag – vielleicht müsste man sagen: ausgerechnet an diesem Ostermontag – ist Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren gestorben.

 

Bis zum letzten Atemzug hat er sich im Dienst verausgabt. Auch an diesem Ostern 2025 wollte er einer zerrütteten und von vielen kriegerischen Auseinandersetzungen gezeichneten Welt noch einmal seine Osterbotschaft mit auf den Weg geben. Vielleicht war dieses Osterfest auch noch sein letztes Ziel, nach einem wochenlangen Aufenthalt in der römischen Gemelli-Klinik. Wer ihn zuletzt sah, konnte ahnen, dass er nicht mehr ganz der Alte werden würde, der kraftstrotzende lächelnde Mann in weiß, der auf der Piazza di San Pietro die Kinder segnet und niemandes Nähe scheut. Die Tatsache, dass er sich zuletzt noch ein paar Mal im Rollstuhl (und in zivil) in den Petersdom fahren ließ, sagt dabei eine Menge über ihn aus. Bis zuletzt hat er sich unter den Menschen, den einfachen Menschen am wohlsten gefühlt. Er wollte weder vergeistigt über den Menschen schweben noch seine Kirche aus der sicheren Distanz des pompösen Apostolischen Palastes regieren. Schon nach seiner Wahl blieb er im Gästehaus wohnen, setzte sich beim Abendessen unter die Bediensteten, scherzte mit ihnen, hörte sich die Sorgen an. Wenn es ihm nötig erschien, griff Papst Franziskus spontan zum Telefon, rief Menschen zuhause an oder ließ sich auch schon einmal in eine italienische Live-Sendung zuschalten. Franziskus lebte das, was unmöglich erschien: Als Papst Seelsorger zu bleiben, den Machtapparat der Katholischen Kirche zu führen wie ein Dorfpfarrer seine kleine Gemeinde.

Im Hinblick auf vielerorts so sehnlichst erwartete Reformen ist manches auf der Strecke geblieben. In der Zerrissenheit weltkirchlicher Grabenkämpfe wollte er nicht allzu viel riskieren. So entstand zuweilen der Eindruck einer widersprüchlichen Persönlichkeit, den er durch manchmal allzu leicht daher gesagte Floskeln in existenziellen Themen noch verstärken sollte.

Doch eines kann man nicht leugnen: Er hat an den Mauern einer manchmal so verstaubten Institution gerüttelt. Er hat mit Traditionen und Gewohnheiten gebrochen. Er hat den zur Selbstgerechtigkeit neigenden Prälaten im Kirchenstaat den Spiegel vorgehalten. Vor allem aber: Er hat zentrale Themen, die in einer allzu sehr mit sich selbst beschäftigten Katholischen Kirche in Vergessenheit geraten waren, wieder ins Zentrum gerückt. Die Kirche von Papst Franziskus stand an der Seite der Bedrängten und Marginalisierten, der Obdachlosen und der Geflüchteten. Die Kirche von Papst Franziskus trat mutig, entschlossen und lautstark für den Klimaschutz und die Bewahrung der Schöpfung ein. Die Kirche von Papst Franziskus war eine dienende Kirche und mitten unter den Menschen, besonders den leidenden Menschen, hatte sie ihren vornehmlichen Platz. Die Kirche von Papst Franziskus war, ist und bleibt auch für uns als Caritas jene Kirche, die zu verwirklichen ist. Jetzt, da seine Stimme fehlen wird, braucht es womöglich noch stärker unseren besonderen Einsatz für diese zutiefst im Evangelium verankerten Anliegen.

Sicher wird schon in wenigen Tagen die bange Frage nach seiner Nachfolge die Schlagzeilen bestimmen. Zunächst aber dürfen wir uns verneigen, dürfen uns unseres gemeinsamen Anliegens für die Nächstenliebe vergewissern und im österlichen Glauben vielleicht schlicht sagen: Grazie, Papa Francesco!

Dr. Tim Schlotmann, Stab Seelsorge und Christliche Identität

 

Kommentar zum Koalitionsvertrag mit dem Fokus “Pflege”

Kommentar zum neuen Koalitionsvertrag mit dem Fokus auf das Thema „Pflege“

Köln braucht mittelfristig 40 stationäre Einrichtungen mehr. 30% aller Fachkräfte gehen in den nächsten Jahren in Rente. Wir brauchen mehr Migration, um unsere alten Menschen überhaupt angemessen versorgen zu können. Und das Pflegeversicherungssystem muss dringend reformiert werden, war unsere Feststellung vor der Bundestagswahl. Was bringt der Koalitionsvertrag? Detlef Silvers, Geschäftsfeldleitung Alter & Pflege, kommentiert:

Neben Zuwanderung und globaler Wirtschaft, trotz Ukrainekrieg und Sicherheitsinteressen, gibt es die seit Jahren offene Frage der Sicherung der Pflege unter den Herausforderungen des demographischen Wandels. Wie wird die steigende Zahl pflegebedürftiger, alter Menschen bei der zugleich sinkenden Zahl pflegender Angehörige und professioneller Pflegekräfte zukünftig versorgt? Und wie bleibt dieser Zeig der sozialen Gesetzgebung dauerhaft finanzierbar?

Hat die zukünftige Bundesregierung hierzu Antworten gefunden?

Detlef Silvers, Leiter des Geschäftsfeldes Alter und Pflege der Caritas Köln, ordnet ein:

Die Bundesregierung hat im neuen Koalitionsvertrag Reformen für die Pflege angekündigt, diese aber inhaltlich wenig konkretisiert. Zielformulierung ist eine „nachhaltige, bezahlbare und bedarfsgerechte pflegerische Versorgung in ganz Deutschland“. Im Zentrum steht eine „umfassende Pflegereform, die sowohl strukturelle als auch finanzielle Herausforderungen der kommenden Jahre adressieren“ soll. Das klingt schön, bleibt aber wenig konkret.

Die Koalition plant eine „Neuordnung der Leistungen der Pflegeversicherung“. Diese sollen gebündelt, vereinfacht und stärker auf die tatsächlichen Bedürfnisse ausgerichtet werden. Besonders im Fokus steht dabei die Stärkung der ambulanten und häuslichen Pflege. Angehörige, die Pflege leisten, sollen durch gezielte Maßnahmen entlastet und besser unterstützt werden – etwa durch klare Leistungen in Akutsituationen und eine verbesserte Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.

Keine Informationen zur Reform der Beitragserhebung oder zum Einstieg in die Bürgerversicherung, keine Antworten zur Finanzierung.

Die inhaltliche Ausarbeitung der Reform soll eine Bund-Länder-Kommission unter Einbindung der kommunalen Spitzenverbände übernehmen. Diese soll unter anderem den Leistungsumfang prüfen, Modelle wie „stambulant“ evaluieren und Vorschläge zur Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile erarbeiten. Das ist einerseits nachvollziehbar, da steigende Pflegekosten ohne eine im Kern veränderte Finanzierung der Pflegeversicherung am Ende bei den Kommunen und Ländern „hängen bleiben“. Auch versicherungsfremde Leistungen wie Rentenbeiträge für pflegende Angehörige sollen auf ihre Systematik hin überprüft werden. Die Ergebnisse werden für Ende 2025 erwartet. Wir sind gespannt.

Noch vor Inkrafttreten der großen Reform will die Regierung kurzfristige gesetzliche Änderungen umsetzen. Geplant sind neue gesetzliche Grundlagen zur Stärkung der Pflegekompetenz, der Pflegeassistenz sowie die Einführung der „Advanced Practice Nurse“. Mehr Kompetenzen und Aufgaben für noch weniger fachliche qualifizierte Pflegefachkräfte?

Pflegekräfte sollen außerdem durch ein Bürokratieentlastungsgesetz deutlich entlastet werden. Vorgesehen ist ein umfassender Praxis-Check aller Regelungen im SGB XI sowie der Abbau pandemiebedingter Berichtspflichten. Künftig sollen KI-gestützte Pflegedokumentationen erlaubt und das Berichtswesen vollständig digitalisiert werden. Kontrollinstanzen wie Medizinischer Dienst und Heimaufsicht sollen besser abgestimmt werden, um Doppelstrukturen abzubauen. Was halten wir davon? Aktuell gelingt uns in Deutschland noch nicht einmal die elektronische Patientenakte oder die fristgerechte Umsetzung der TI-Infrastruktur zum 30.06.2025.

Unsere Forderung lauten weiter:

  • Ambulante und stationäre Pflegeangebote müssen dringend ausgebaut werden.
  • Wir müssen Fachkräfte für die Zukunft gewinnen durch faire Arbeitsbedingungen und Ausbildung.
  • Wir brauchen seniorengerechten, bezahlbaren Wohnraum mit Assistenzdiensten in unseren Veedeln.
  • Die offene Seniorenarbeit und Beratung muss dauerhaft finanziert werden zur Entlastung und Teilhabe.
  • Die Kommunen müssen ihrer wichtigen Aufgabe nachkommen können, dafür braucht es gute Entscheidungen aus Berlin. Pflege stärken!

Unter dem Link finden Sie außerdem das Positionspapier der Caritas Köln zum Thema „Zukunft der Pflege in Köln“:

https://www.caritas-koeln.de/export/sites/ocv/.content/.galleries/downloads/Positionspapier_Zukunft-Pflege.pdf

Kommentar zum Koalitionsvertrag mit dem Fokus auf die Themen Migration und Flucht

Kommentar zum neuen Koalitionsvertrag mit dem Fokus auf die Themen Migration und Flucht

von Svenja Mattes (Leistungsbereichsleitung Integration & Beratung der Caritas Köln)

Der neue Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD setzt in Fragen von Migration und Fluchtpolitik in weiten Teilen auf Kontinuität zum Sondierungspapier – und bekräftigt damit auch viele der bereits kritisierten Vorhaben. Aus unserer Sicht offenbart sich darin ein beunruhigender Trend: Statt menschenrechtsorientierter Schutzpolitik dominiert eine Logik der Abwehr, Abschottung und Rückführung.

Familien gehören zusammen

Besonders schmerzlich ist der Beschluss, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten für mindestens zwei weitere Jahre auszusetzen – mit der Option auf Verlängerung. Damit wird der Schutz der familiären Einheit de facto ausgehebelt. Die Folgen dieser Praxis – Verzweiflung, Einsamkeit, psychische Belastung – sind für viele Menschen bereits heute spürbar. Für uns als Caritasverband ist klar: Der Schutz von Ehe und Familie gilt für alle Menschen – nicht nur für jene mit anerkanntem Flüchtlingsstatus. Wenn Frauen und Kinder dadurch gezwungen sind, gefährliche Fluchtrouten zu wählen, wird Politik zur Mitverursacherin von Leid.

Ein neues Kapitel der Ausgrenzung

Besonders besorgniserregend ist die geplante Erweiterung der Liste sogenannter „sicherer Herkunftsstaaten“. Nicht nur sollen Algerien, Indien, Marokko und Tunesien ohne differenzierte Prüfung als sicher eingestuft werden – die Bundesregierung will sich auch die Möglichkeit schaffen, die Entscheidung zur Einstufung eines Staates künftig per Rechtsverordnung zu treffen, ohne Zustimmung des Bundesrats. Neu ist zudem, dass Staaten mit einer Anerkennungsquote von unter fünf Prozent über fünf Jahre pauschal als sicher gelten sollen. Diese Herangehensweise missachtet die individuellen Fluchtgründe und reduziert komplexe menschliche Schicksale auf statistische Werte. Sie widerspricht unserem Menschenbild, das jede Person als einzigartig und schutzwürdig betrachtet.

Ein Ende der Solidarität?

Die geplante Beendigung freiwilliger Bundesaufnahmeprogramme stellt einen tiefen Einschnitt in die humanitäre Verantwortung Deutschlands dar. Statt neue, sichere Zugangswege zu schaffen, werden bestehende Brücken eingerissen. Vor dem Hintergrund des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan, das bislang nur einem Bruchteil der eigentlich berechtigten Personen die Möglichkeit zur Einreise gegeben hat, ist dies besonders dramatisch. Zusagen der Regierung, Menschen in Not zu unterstützen, scheinen ein Lippenbekenntnis zu sein. In einer Zeit, in der weltweit Millionen Menschen auf der Flucht sind, sendet diese Entscheidung ein fatales Signal.

Abschiebungen um jeden Preis

Mit dem Beschluss, Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan wieder aufzunehmen, wird eine rote Linie überschritten. Beide Länder gelten weiterhin als unsicher; funktionierende staatliche Strukturen fehlen, und Berichte über Gewalt und Verfolgung sind allgegenwärtig. Rückführungen unter diesen Umständen sind aus menschenrechtlicher Sicht nicht zu rechtfertigen. Dass hierfür Verhandlungen mit Akteuren wie der Taliban notwendig werden, zeigt die politische und ethische Absurdität dieses Vorhabens. Der Schutz vor Gefahr darf nicht relativiert werden – auch nicht aus innenpolitischem Kalkül.

Abkehr von Erfolgsrezepten

Kritisch bewerten wir auch die Überführung von Geflüchteten Ukrainer*innen ins System des Asylbewerberleistungsgesetz. Statt die ersichtlichen Erfolgsfaktoren der letzten Jahre, wie etwa direktem Zugang zu Arbeit- Sprache und Wohnung, auf weitere Geflüchteten-Gruppen auszuweiten, werden hierdurch die Integrationswege ukrainischer Geflüchteter unnötig erschwert und die kommunalen Sozialämter zusätzlich belastet.

Positive Ansätze – aber nicht ausreichend

Es gibt auch Lichtblicke im Koalitionsvertrag: Die Beschleunigung von Anerkennungsverfahren auf maximal acht Wochen ist ein wichtiger Schritt für eine erfolgreiche Integration. Auch die Verstetigung von Beratungsstrukturen bei der Bundesagentur für Arbeit und die Aufstockung des Kinder- und Jugendplans (KJP) können integrationsfördernd wirken. Ebenfalls begrüßen wir die geplante Neuauflage des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus – hier bleibt zu hoffen, dass er nicht bei der Symbolik stehen bleibt, sondern spürbare Wirkung entfaltet.

Fazit: Verantwortung sieht anders aus

Insgesamt lässt der Koalitionsvertrag kaum erkennen, dass das neue Bündnis bereit ist, sich den globalen Herausforderungen von Flucht und Migration mit Empathie, Verantwortung und Weitsicht zu stellen. Stattdessen wird auf kurzfristige innenpolitische Beruhigung gesetzt – auf Kosten der Schwächsten. Dies ist nicht nur aus humanistischer Perspektive abzulehnen, weite Teile des Koalitionspapieres geben auch auf bestehende gesellschaftliche Herausforderungen wie die Überalterung der Bevölkerung, sowie den sich weiter verschärfenden Arbeits- und Fachkräftemangel, die falschen Antworten. Wir fordern eine Migrationspolitik, die den Menschen ins Zentrum rückt, die Schutzbedürftigen mit offenen Armen begegnet und den Geist der Solidarität nicht preisgibt.

 

Brücken bauen und Vielfalt leben: Meine Arbeit mit Menschen im Spektrum

Anlässlich des Welt-Autismus-Tages am 2. April hat Iwona Winterscheid aus dem Team des CariPrint-Lettershops aufgeschrieben, wie die Arbeit mit Menschen im Spektrum ihr Leben verändert. Bei CariPrint gibt es eine spezialisierte Arbeitsgruppe für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Diese Gruppe bietet Personen einen reizarmen Arbeitsplatz mit speziellen Anpassungen wie Schallschutzdecken und dimmbarem Licht.

Die Arbeit mit Menschen mit ASS ist mehr als nur ein Beruf – Sie ist eine bereichernde Leidenschaft

Wenn ich über meine Arbeit mit „Autisten“ spreche, höre ich oft immer wieder das Gleiche: „Die sind doch alle empathielos und haben keine Gefühle! Und die mögen keine Berührungen und können nicht gut kommunizieren. Außerdem brauchen die alle strikte Struktur, Wiederholung und Ordnung! Aber sind gleichzeitig so schlau, weil die doch alle diese Inselbegabungen haben!“ Doch im Umgang mit Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung (auch ASS oder „im Spektrum“ genannt) wurde mir sehr schnell klar: „Kennst du einen Autisten, kennst du EINEN Autisten!”

Jeder Mensch im Spektrum ist so vielfältig individuell wie jeder andere. Denn JEDER hat seine Art zu kommunizieren, hat seine Hobbies und Vorlieben, nicht nur Menschen im Spektrum. Um meine Arbeit zu verdeutlichen, habe ich mir eine Metapher zurechtgelegt:

„Menschen im Spektrum sind für mich wie ein unbekanntes Land, in das ich reise, ohne irgendwelche Kenntnisse von den dort vorherrschenden Gepflogenheiten, Regeln oder sogar der Sprache.”

Arbeit mit Menschen im Spektrum: Brücken bauen und Barrieren überwinden

Somit bin ich nicht nur „einfach Betreuerin”. Ich bin Reisende, Forscherin, Architektin, Dolmetscherin, Vertraute. Ich erforsche dieses „Land”, baue Brücken, er

lerne die „Sprache“ und unterstütze in der Kommunikation. Ich schaffe eine sichere Umgebung, um Barrieren zu überwinden für ein harmonisches Miteinander. Dabei habe ich gelernt, dass bei Menschen im Spektrum durchaus ein immenses Feingefühl für die Stimmung des Gegenübers und der Gruppe besteht und ein vielfältiges Gefühlsspektrum vorhanden ist. Dass Kontakte immens wichtig sind und die Kommunikation oft einfach nur „anders” ist. Auch Menschen im Spektrum können flexibel sein, wenn sie ihre festen „Ankerpunkte” haben. Mal ehrlich: Brauchen wir die nicht alle?

Durch diese „Reisen” wurde mein eigenes Leben sehr bereichert. Denn sie zeigen mir, dass es oft nicht viele Worte braucht, um verstanden zu werden. Selbst die kleinste Veränderung in einer Routine kann alles bedeuten und man kann mit den einfachsten Mitteln Dankbarkeit zeigen. Ich bekomme eine absolut ehrliche Art der Wertschätzung. Außerdem habe ich gelernt, mich auch für kleinste Kleinigkeiten zu begeistern. Das Auswendigkönnen des Kölner Straßenbahnnetzes inklusive Abfahrtzeiten scheint zunächst sinnlos – doch wenn man, wie ich, auf diese angewiesen ist, freut man sich bei Unregelmäßigkeiten, jemanden in der Nähe zu wissen, der alternative Routen sofort aus dem Repertoire holen kann. Somit hat diese „Unsinnigkeit“ für mich und Andere plötzlich sehr viel Sinn.

Von der Norm lösen

Und Alternative ist hier das Stichwort: Ich habe alternative Wege zum Ziel in allen Bereichen kennengelernt und entdecke täglich mehr! Nur weil gesellschaftlich oft ein bestimmter Weg „die Norm“ ist, bedeutet es nicht, dass nicht auch andere Wege „nach Rom führen“. Denn am Ende zählt das Ergebnis. Somit kann ein Tagesplan dann auch mal aussehen wie ein Busplan.

Auch bei den Worten „Norm“ und „Ergebnis“ fallen mir sofort Erkenntnisse ein, die ich in meiner Arbeit mit den Menschen im Spektrum erlangt habe. Nur weil es die „Norm“ ist, ist es gleichzeitig auch gut? Nur weil ein Ergebnis vorgeschrieben ist, macht es MICH glücklich und ist deswegen erstrebenswert? Die Arbeit mit Menschen im Spektrum hat meinen Horizont auf viele Arten und Weisen erweitert. Ich gehe mit offeneren Augen durch die Welt, bin toleranter gegenüber „alternativen Lebenswelten” und sehe Wege und Möglichkeiten, die mir früher verschlossen waren. All das durch meinen jahrelangen Umgang mit dieser „Behinderung”. Und dafür bin ich unendlich dankbar!

Erasmus-Projektgruppe zu Gast in Köln

Drei Tage lang war die internationale Gruppe des Europäischen Ehrenamts-Projekt „Gemeinsam engagiert“ in Köln zu Besuch, um sich intensiv mit der Frage zu beschäftigen: Wie können wir Menschen, die unter besonderen Belastungen stehen, für gesellschaftliches Engagement gewinnen? Denn: Engagement fördert Teilhabe – und wenn sich Vielfalt im Ehrenamt abbildet, bereichert das unsere Gesellschaft.

Unsere Caritas Köln Kolleginnen Simone Streif und Anna Breuer-Wirges organisierten ein tolles Programm für die Teilnehmenden von Caritas Österreich, SKM, Caritas im Erzbistum Köln, KVW Bildung und EMJA Ostbelgien.

 

Tag 1 unseres Erasmus-Projekts: Engagement & Teilhabe für alle! 

Zu den Menschen, die wir gezielt ansprechen möchten, gehören z. B. Geflüchtete, Menschen mit Suchterfahrungen, psychischen oder körperlichen Einschränkungen. Doch wie schaffen wir Zugangshürden ab? Welche Rahmenbedingungen braucht es?

Inspiration fanden wir im Efa-Projekt des SKM, das Ehrenamt gezielt für belastete Menschen öffnet.  Anschließend besuchten wir das DeFlo in Nippes, ein Projekt für Menschen mit Brüchen und Suchterkrankung. Unter einem Dach befinden sich betreutes Wohnen, Beschäftigung in einer Schreinerei und als Angebot für das gesamte Veedl ein Café, ein Möbelhaus und ein Second-Hand-Shop. Ohne Ehrenamt wäre das nicht möglich!

Ein spannender, erkenntnisreicher Tag, der uns gezeigt hat: Engagement ist eine Brücke zur gesellschaftlichen Teilhabe!

Was es dafür braucht, ist eine ausreichende Finanzierung, um eine gute Begleitung der Ehrenamtlichen zu ermöglichen!

 

 Tag 2: Wie inklusiv ist unser Engagement? 

Heute haben wir den Blick nach innen gerichtet: Wie sehr öffnen wir als Organisationen unser Ehrenamt für Menschen mit besonderen Belastungen? Gemeinsam haben wir analysiert, diskutiert und Ideen entwickelt, um noch mehr Zugänge zu schaffen.

Besonders spannend war unser Besuch im sozialpsychiatrischen Zentrum der Caritas Köln, wo wir mit Ehrenamtlichen ins Gespräch kamen, die selbst psychische Herausforderungen meistern. Ihre Geschichten haben uns tief beeindruckt: Wenn das Ehrenamt zu ihnen passt, sind sie oft über Jahre mit Herz und Zuverlässigkeit dabei.

Sie sprachen alle davon,

– wie sehr das Engagement sie bereichert und

– wie wichtig es für sie ist, mit „normalen“ Menschen gemeinsam ehrenamtlich im Hühnerstall des SPZ, beim wöchentlichen Müllsammeln oder der Pflege des Bücherschranks in der Südstadt zusammen zu kommen.

 

 

 

 

 

 

Zum krönenden Abschluss gab es eine Stadtführung und ein gemütliches Beisammensein im Brauhaus. Denn zum vollen Köln-Erlebnis gehören natürlich auch Brauchtum & Kulinarik!

Wir nehmen aus diesen Tagen wertvolle Erkenntnisse mit: Ehrenamt braucht Offenheit – und Offenheit schafft neue Möglichkeiten!

Tag 3: Wie geht’s weiter?

Heute haben wir unseren Blick in die Zukunft gerichtet: Was machen wir aus den gesammelten Erfahrungen und Ideen zu inklusivem Engagement?

Ein zentrales Ziel unseres Erasmus-Projekts ist es, Eckpunkte für inklusives Engagement zu erarbeiten. Gemeinsam mit unseren Kolleg*innen vom DiCV und SKM werden wir die Ergebnisse des Workshops zunächst unseren Kooperationspartner*innen aus dem Austausch vorstellen und sie dann in unseren Einrichtungen mit Leben füllen.

Als perfekte Überleitung zum nächsten Themenschwerpunkt „Nachbarschaftshilfe“, den wir im Juni in Graz vertiefen werden, haben wir die Kölsch Hätz Nachbarschaftshilfen vorgestellt. Sie organisieren im Veedel Nachbarschaftshilfe, um gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen – ein wunderbares Beispiel dafür, wie Engagement Brücken baut.

In der abschließenden Feedbackrunde wurde übrigens unsere Geschäftsstelle als „schönster Tagungsort Kölns“ gelobt – und das fantastische Essen, mit dem uns die Ehrenfelder Hauswirtschaft und das Café Querbeet versorgt haben, ebenfalls. Ein herzliches Dankeschön dafür!

Unser Fazit: Aus den intensiven Diskussionen und Begegnungen ziehen wir viele wertvolle Impulse: Nur durch eine offene und inklusive Haltung kann gesellschaftliches Engagement nachhaltig gefördert werden. 

Ein Zwischenruf: Nachhaltige Perspektiven für Einwanderungspolitik

Ein Zwischenruf 

… der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege

10 Handlungsmaxime

Mit diesem Zwischenruf möchten die Verbände zu einer besonnenen und evidenzbasierten Debatte über Flucht, Migration und Integration aufrufen. Es steht für unsere Gesellschaft mittlerweile viel auf dem Spiel. Aufgehängt am Thema Migration werden zunehmend Zweifel an der Handlungsfähigkeit unserer demokratischen Institutionen gesät und radikale Forderungen laut, welche den gesellschaftlichen Zusammenhalt infrage stellen. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland stehen für eine demokratische und inklusive Gesellschaft ein. Handlungsleitend sind Humanität, das Ziel einer evidenzbasierten und bedarfsgerechten Migrations- und Integrationspolitik sowie die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Dies lässt sich auf die folgenden 10 Handlungsmaxime herunterbrechen:

1. Die Menschen in den Mittelpunkt stellen
Migration ist nicht immer Ergebnis einer selbstbestimmten Entscheidung, sondern häufig durch große Not verursacht. Sie bedeutet meist, viel im Herkunftsland zurückzulassen. Die Chancen von Migrant*innen auf Teilhabe in Deutschland unterscheiden sich erheblich. Umso wichtiger ist es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Ankommen und gesellschaftliche Teilhabe für alle schnell möglich sind. Administrative Hürden sollten so gering wie möglich gehalten werden.

2. Humanität wahren
Wer in Deutschland Schutz sucht, muss menschenwürdig behandelt werden und wer einen Schutzanspruch geltend macht, ein faires Verfahren erhalten. Die Debatte fokussiert aktuell auf Kontrolle, Abschreckung und Restriktionen wie Zugangsbeschränkungen und haftähnliche Zustände. Diese Maßnahmen gefährden humanitäre Mindeststandards und damit unsere offene Gesellschaft. (Migrations-)politische Erwägungen finden ihre Grenzen an der unantastbaren Menschenwürde.

3. Eine evidenzbasierte Migrations- und Integrationspolitik vorantreiben
Die Migrationsdebatte wird oft von Mythen, Ideologien und Instrumentalisierung überlagert. Dies führt zu Unsicherheit, Falschbehauptungen und im schlimmsten Fall zu einer ineffektiven, adhoc getriebenen Migrationspolitik. Scheinlösungen und spaltende Narrative müssen hinterfragt werden, Migrations- und Integrationspolitik muss langfristig gedacht sein und auf Fakten basieren.

4. Politik bedarfsgerecht gestalten
Rein negative Narrative über Migration unterminieren Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Fehlende Zugangswege führen aus unserer Erfahrung heraus kaum zu weniger Migration, sondern dazu, dass sich Menschen auf immer gefährlichere Migrationswege begeben. Wir begrüßen positive Öffnungen im Bereich Fachkräftezuwanderung und Zugang zum Arbeitsmarkt. Es braucht darüber hinaus realistischen und zugleich mutigen politischen Gestaltungswillen für eine vorausschauende Migrations- und Asylpolitik. Unabhängig davon müssen die großen strukturellen Defizite bei Wohnungsbau, Kitabetreuung und Schulwesen angegangen werden. Auch eine inklusive und bedarfsgerechte Ausgestaltung der sozialen Infrastruktur ist Grundlage für eine nachhaltige Politik und deren Akzeptanz.

5. Globale und europäische Perspektiven einnehmen

Migration und Flucht sind globale Phänomene, die eine Politik erfordern, welche europäische und globale Perspektiven mit einbezieht. Hierzu gehört der internationale Wettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte und die Tatsache, dass der weitaus größte Teil aller Menschen auf der Flucht Binnenvertriebene sind oder in der Region bleibt, muss der internationale Schutz und die Versorgung vor Ort gestärkt werden. Insgesamt erwarten wir eine Politik, die mit Partnerländern in enger Abstimmung und auf Augenhöhe entwickelt wird.

6. Einen ganzheitlichen Diskurs führen
Migration ist Normalität und historische Selbstverständlichkeit einer jeden Gesellschaft. Sie bringt Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich. Ein besonnener, aufgeklärter und ausgewogener Diskurs ist die Voraussetzung für eine informierte Migrationspolitik, die allen zugutekommt. Migration ist eine Transformationsaufgabe, die die gesamte Gesellschaft betrifft.

7. Debatten um innere Sicherheit von Migrationsdebatte trennen
Die Vermischung der Themen innere Sicherheit und Migration führt zu einer problematischen Verzerrung des öffentlichen Diskurses. Migration wird dabei oft als Bedrohung dargestellt, was Ängste schürt und Vorurteile verstärkt. Das führt zu ineffektiven Maßnahmen und verhindert konstruktive Lösungen. Realen Gefahren wie Kriminalität und Extremismus sollte sicherheitspolitisch und durch Stärkung von Prävention be-gegnet werden.

8. Den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken
Migration ist seit jeher Teil von gesellschaftlichen Veränderungen auf kultureller, wirt-schaftlicher und politischer Ebene. Diese Veränderungsprozesse erzeugen bei vielen Menschen Stress und Überforderung. Umso wichtiger ist es, Räume für Dialog und Austausch zu schaffen, um gemeinsam an einer inklusiven Gesellschaft zu arbeiten und die Gestaltungsspielräume für alle sichtbar und nutzbar zu machen. Für den so-zialen Frieden in Deutschland ist es entscheidend, dass alle Menschen hier Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen haben. Je besser diese Systeme ausgestaltet und koordiniert sind, desto größer ist die gesellschaftliche Akzeptanz.

9. Gegen Rassismus & Diskriminierung vorgehen
Die rassistische Diskriminierung in Deutschland nimmt stetig zu. Auch antisemitisch motivierte Beleidigungen und Übergriffe haben jüngst massiv zugenommen. Gleichzeitig ist das Bewusstsein für rassistische und antisemitische Diskriminierung und ihre Folgen in der Gesamtbevölkerung eher gering. Diskriminierung kann beim Zugang zu Bildung, Wohnraum und Arbeit erhebliche Hindernisse schaffen und die soziale Teilhabe stark erschweren. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich für ein tolerantes und vielfältiges Miteinander einzusetzen und Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus entschlossen zu bekämpfen.

10 . Visionen aktiver Teilhabe in einer pluralen Gesellschaft stärken
Die Verbände der BAGFW leitet die Vision einer pluralen Gesellschaft, in der alle Menschen gleichermaßen die Möglichkeit der aktiven politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Teilhabe haben. Auf dem Weg dahin sind Haltungen und Einstellungen zu überdenken, Aushandlungsprozesse neu zu finden, Barrieren wie Benachteili-gung und Ausgrenzung zu minimieren und entsprechende Unterstützungsstrukturen nachhaltig zu fördern.

 

Berlin, 27.01.2025
Bundesarbeitsgemeinschaft
der Freien Wohlfahrtspflege e. V.
Evelin Schneyer
Geschäftsführerin

Pflege gestalten: Fachpolitischer Austausch in St. Heribert

Wie können wir die Pflege in Köln zukunftssicher gestalten und welche Wünsche hat die Caritas Köln an die Politik? Verantwortliche und Mitarbeitende der Caritas tauschten sich am Freitag gemeinsam mit Bewohner*innen des Caritas-Altenzentrums St. Heribert und Bundestagskandidat Roman Schulte sowie Ratsmitglied Mechthild Böll, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Rat, zu den drängendsten Herausforderungen in der Pflegebranche aus.

 

Eindeutig ist: Vor der anstehenden Bundestagswahl findet das Thema „Zukunft der Pflege“ in der öffentlichen und politischen Debatte viel zu wenig Beachtung, obwohl bekannt ist, dass es nicht nur in Köln, sondern in ganz Deutschland bei der Pflege von Menschen dringend Antworten auf zentrale Fragen zum Umgang mit dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel braucht.

 

Die zentralen Herausforderungen:

 Es fehlen Pflegeplätze! Allein in Köln gibt es aktuell 40 Pflegeeinrichtungen zu wenig. Gleichzeitig ist der Bedarf aufgrund der alternden Bevölkerung hoch. In neuen Wohnvierteln werden Pflegeeinrichtungen bereits mitgedacht, hier braucht es einen realistischen Schlüssel von Einrichtungen pro Einwohnerzahl, der auch perspektivisch die Bedarfe deckt. Für bestehende Einrichtungen benötigen Träger wie die Caritas Köln wiederum die Möglichkeiten der Erweiterung, denn aktuell sind die Plätze pro Altenzentrum auf 80 Personen begrenzt. „Die Caritas Köln hat in den letzten zehn Jahren viel investiert, neue Altenzentren gebaut und die bestehenden nach modernstem Standard saniert. Baulich könnten wir unsere Einrichtungen erweitern, aber derzeit sind uns die Hände gebunden“, so Markus Peters, Vorstandssprecher der Caritas Köln. „Es braucht Lösungen für die Refinanzierung der Investitionskosten.“

 

 Fachkräftemangel: 30 % der heutigen Pflegekräfte gehen in den nächsten zehn Jahren in den verdienten Ruhestand. „Die Gewinnung von Mitarbeitenden ist daher eine zentrale Frage, wenn wir den Pflegebedarf sicherstellen wollen. Dafür brauchen wir dringend auch Fachkräfte aus dem Ausland“, so Detlef Silvers, Leiter des Geschäftsfeldes Alter & Pflege in der Caritas Köln. Umso bestürzender sei, dass die aktuellen öffentlichen Diskussionen nur behandelten, wie Einwanderung verhindert werden könne. Silvers: „Die Frage muss vielmehr lauten: Wie bekommen wir Menschen aus dem Ausland möglichst schnell in unseren Arbeitsmarkt integriert? Die Abläufe zur Anerkennung von Abschlüssen und der schnellen Erteilung einer Arbeitserlaubnis müssen dringend verbessert werden.“

 

 Herausforderungen in der Praxis: Die Anforderungen an die Pflege sind gestiegen. Eine Weiterentwicklung der Digitalisierung im Hinblick auf Pflegetechnik, aber auch Dokumentationen können die Pflegekräfte entlasten. Sowohl Mitarbeitende als auch Bewohner*innen wünschen sich mehr Zeit auch für die für soziale Betreuung – denn Pflege ist weit mehr als körperliche Versorgung. Jede Unterstützung ist eine Hilfe, daher war auch der Wunsch der anwesenden Pflegekräfte und Bewohner*innen z.B. nach Menschen aus dem früheren Zivil- oder heutigen Freiwilligendienst sehr nachvollziehbar.

 

 Kosten und Finanzierung: Wie sichern wir die Pflegefinanzierung nachhaltig? Mit Blick auf die Entwicklungen des demografischen Wandels bedarf es einer Reform im System der Sozialversicherung, besonders der Renten- und Pflegeversicherung. Auch die Krankenversicherung wird in Folge der Überalterung der Gesellschaft vor vergleichbaren Anforderungen stehen, wenn auch deren Thematik von Finanzierung und Leistung sich auf alle Altersgruppen der Gesellschaft bezieht. Eine weitere Finanzierung der sozialen Absicherung allein aus Lohnabgaben wird nicht tragfähig sein. Hier braucht es politische Lösungen! 

Wir sagen allen Beteiligten ganz herzlichen Dank für den interessierten und offenen Austausch und freuen uns darauf, diesen Dialog fortzusetzen!

Zum Positionspapier der Caritas Köln

„5-Punkte-Plan“ – Das können wir so nicht stehen lassen

Die Union hat am 29.01.2025 im Bundestag mit Hilfe von Stimmen der AfD und FDP einen Antrag durchgesetzt, der die Bundesregierung zu einem umfassenden Kurswechsel in der Migrationspolitik auffordert. In einem Fünf-Punkte-Plan fordert sie unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen von Asylbewerber*innen und Haft für Ausreisepflichtige.

SPD und Grüne halten den Fünf-Punkte-Plan für verfassungswidrig und sehen in der Tatsache, dass Stimmen der AfD billigend für eine Mehrheit in Kauf genommen werden, einen Tabubruch.

Zu dieser Situation und dem Migrationsantrag wollen auch wir Stellung beziehen:

Markus Peters, Vorstand Caritas Köln: „Die Entscheidung zu umfassenden Zurückweisungen von Asyl- und damit Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen erfüllt uns mit großer Sorge. Sie widerspricht den humanitären und christlichen Grundwerten und verfehlt unsere Verpflichtungen gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention. Betroffen von dieser Entscheidung sind überwiegend unschuldige Menschen, die in großer Not sind und unseren Schutz brauchen. Das Sicherheitsinteresse darf nicht automatisch alle Menschen, die zu uns kommen, unter kriminellen Generalverdacht stellen. Es braucht eine klare Differenzierung der Probleme und damit auch eine sinnvolle Differenzierung der Maßnahmen. Eine Gesellschaft, die auf Solidarität und Mitmenschlichkeit setzt, darf sich nicht von Angst und Abschottung leiten lassen, sondern muss gute Lösungen finden. Wir fordern ein klares Bekenntnis der demokratischen Mitte zu Humanität, auch am Freitag, wenn in der bindenden Abstimmung über den Gesetzesentwurf zum sogenannten ‚Zustrombegrenzungsgesetz’ entschieden wird.“
Tim Westerholt, Leiter des Geschäftsfeldes Integration der Caritas Köln: „Vorsorgehaftmaßnahmen, Abschiebungen und untersagter Familiennachzug für Bürgerkriegsflüchtlinge zerreißen Familien und gefährden die seelische Gesundheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Dies widerspricht der Menschenwürde, dem Grundgesetz und europäischen Kindeswohlverpflichtungen. Und es führt unweigerlich zu weiteren Traumatisierungen bei den Betroffenen. Wir fordern, bei allen politischen Entscheidungen die Rechte und das Wohl aller Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, an erste Stelle zu setzen.“