Die Pflege steht vor einem Wendepunkt

Der Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD) hat den Bericht der Bund-Länder-AG „Zukunftspakt Pflege“ kritisiert.

Detlef Silvers, Leiter des Geschäftsfeldes Alter und Pflege in der Caritas Köln, erläutert, warum, und erklärt Herausforderungen und Chancen.

Unfähig zur echten Reform

Das System der sozialen Sicherung ist zu großen und wichtigen Teilen in den Sozialgesetzbüchern (SGB) definiert. Dies ist seit dem 19. Jahrhundert wesentlicher Teil der sozialen Fürsorge in Deutschland. Unsere Gesellschaft und die Bundesrepublik Deutschland steht auf Grund des demographischen Wandels vor der Herausforderung eines Umbaus der sozialen Sicherungssysteme. Immer mehr alte, kranke und pflegebedürftige Menschen stehen einer sinkenden Zahl an jungen und erwerbstätigen Menschen gegenüber, bei einer sich gleichzeitig zunehmend globalisierenden Wirtschaft.

Wesentliche Säulen sind die Arbeitslosenversicherung, die Rentenversicherung, die Unfallversicherung und die Krankenversicherung, seit den 1990er Jahren ergänzt um die Pflegeversicherung. Die Finanzierung fußt dabei auf Beiträgen der Arbeitgeber (als Beitrag zu deren sozialen Verpflichtung gegenüber den Arbeitnehmern) und den eigenen Beiträgen der Arbeiter und Angestellten. Diese Finanzierung setzt voraus, dass die Wirtschaftsleistung der Unternehmen eine Produktivität hat, die neben Gewinnen der Unternehmer und angemessenen Löhnen der Mitarbeiter, auch Abgaben für die soziale Sicherung „abwirft“. Zudem beruht das System auf einem Generationenvertrag „jung sorgt für alt“.

Die Globalisierung der Wirtschaft, in denen neue Länder konkurrierend in Technologie und Herstellung von Waren vorstoßen, und die überproportionale Steigerung der Anteile alter und hochbetagter Menschen in den westlichen Gesellschaften, machen eine Weiterentwicklung der Sozialen Sicherungssysteme erforderlich.

Seit der Agenda 2010 der rot-grünen Regierung (2003-2005) unter Gerhard Schröder, die den deutschen Arbeitsmarkt und Sozialstaat grundlegend umbaute, unabhängig vom kritischen Diskurs um die Auswirkungen dieser Reform, fehlt es an wirklichen und durchgreifenden Veränderungen im Sozialsystem.

Auf die Nicht-Reform der Rentenversicherung in den letzten Monaten, folgt nun der Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“. Diesen kritisiert unser Fachverband Pflege VKAD der Caritas Deutschland als „Papier voller Andeutungen ohne Verbindlichkeit“. Das Papier bleibt, so der Vorsitzende des Verbandes Andreas Wedeking ambitionslos und verschiebt wichtige Entscheidungen auf den Sankt Nimmerleinstag: „Die Pflege braucht kein weiteres Sammelpapier von prüfbaren Optionen, sondern ein Reformpaket, das eindeutig regelt, was kommt, wer es finanziert und ab wann es gilt. Nur eine solche Entschlossenheit zeigt den politischen Willen zu einer stabilen Finanzierung. Die vorgelegten Eckpunkte zeigen ihn nicht.“

Die Anforderung bleibt auch aus unserer Sicht, die Weiterentwicklung der Sozialen Sicherungssysteme unter der Beachtung der unausweichlichen Wahrheiten der sich verändernden Rahmenbedingungen.

Dazu beschreibt Silvers die folgenden Herausforderungen und Chancen:

  1. Statt ständig steigender Eigenanteile bei Pflegebedürftigen braucht eine klare Abgrenzung der Pflegekosten in den Pflegeeinrichtungen zu den Kosten der Pflegekassen und Kommunen. Das Modell des „Spitze-Sockel-Tausch“, mit einer Begrenzung und Festlegung von Eigenanteilen, wurde bereits wiederholt über die Caritas eingebracht, wird von vielen Experten befürwortet, findet aber in der Politik keinen positiven Widerhall. Ob eine solche Festlegung der Eigenanteile mit festen Beträgen erfolgt, oder einkommensabhängig gestaffelt wird, wären zusätzliche Varianten.
  2. Die zunehmende Ausgabenlast der Kommunen, welche sich auch aus den steigenden Eigenanteilen der Pflegebedürftigen nährt, stellt ein echtes Problem für die bereits belasteten kommunalen Haushalte dar. Durch eine mit einer Begrenzung und Festlegung von Eigenanteilen ergäben sich hier ebenfalls Entlastungen.
  3. Die Grundlage der Finanzierung der Pflegeversicherung muss aufgrund der allein durch die Veränderung der demographischen Relation „Beitragszahler zu Beitragsempfängern“ zwingend verändert werden: Entweder eine Finanzierung aus Steuermitteln oder durch eine Ausweitung der Beitragsgrundlage über die reine Lohnabgabe hinaus (Erfassung sonstiger Einkünfte).
  4. Es gilt, so unangenehm dies sein mag, eine Prüfung und Bewertung der Leistungen aus der Pflegversicherung. Was ist die Kernaufgabe der Pflegeversicherung? Welche Leistungen müssen als Pflichtleistungen gesichert werden? Welche Leistungen sind auch als Eigenverantwortung der Altersvorsorge zu finanzieren, besonders in der Frage von Haushaltsleistungen und der allgemeinen Betreuung? In welchen Teilen muss private Vorsorge gefordert und gefördert werden?
  5. Müssen ggf. auch bestimmte Leistungen unter einen „Einwilligungsvorbehalt“ und eine „Indikationsstellung“ gestellt werden? Ist eine „Wahlfreiheit“ der Leistungen zwischen den Bereichen ambulant – teilstationär – stationär dauerhaft möglich, oder begrenzen allein Finanzierung und Verfügbarkeit hier nicht die Möglichkeiten? Wenn wir den Zugang zu den zunehmend knappen Ressourcen der Pflege nicht sinnvoll regulieren, wird dies die Notsituationen noch mehr ansteigen lassen.
  6. Die Unterhaltspflicht für Pflegebedürftige (Elternunterhalt) greift erst bei einem Jahresbruttoeinkommen der Kinder über 100.000 €. Diese Regelung wurde eingeführt, um Angehörige von Pflegedürftigen nicht zu belasten. Auch der Rückgriff auf vorzeitige Übertragungen von Vermögen wist auf eine Frist von zehn Jahren begrenzt. Beides könnte man auch als „Erbenschutzprogramm“ bezeichnen. Muss das eigene Vermögen nicht auch als Teil der Sozialen Vorsorge betrachtet werden? Und kann die Fürsorgepflicht für die eigenen Eltern tatsächlich auf eine bestimmte Einkommenshöhe begrenzt bleiben? Vor dem Hintergrund des Wandels in unserer Gesellschaft muss hier eine Diskussion erlaubt sein.

Um das System der sozialen Pflegeversicherung zu sichern, ist ein „Aussitzen“ der Probleme unmöglich. Diese werden uns dann später nur noch heftiger treffen. Natürlich haben alle Beteiligten eigene Interessen und Besitzstände – wir werden dies aber nicht alles bewahren können, wenn wir einen Zusammenbruch des Systems vermeiden wollen. Vielmehr bedarf es des Konsens: Die Pflege bedarfsgerecht und für alle sichern, indem alle einen angemessen und leistbaren Beitrag hierzu leisten.

Internationaler Tag der Menschenrechte

10. Dezember – Ein Tag des Erinnerns, Mahnens und Hinschauens

ein Kommentar von Zwan Karim – Leitung Perspektivberatung für Geflüchtete und des Caritas Therapiezentrum für Menschen nach Folter und Flucht

Der Internationale Tag der Menschenrechte erinnert uns jährlich daran, dass die Würde jedes Menschen unantastbar ist. Dieses Prinzip bildet das Fundament unserer demokratischen Gesellschaft – und es verpflichtet uns, für jene einzustehen, deren Rechte bedroht sind. Dazu gehören in besonderem Maße geflüchtete Menschen.

Sie fliehen nicht aus „Bequemlichkeit“, sondern vor Krieg, Verfolgung, Gewalt und Perspektivlosigkeit. Sie suchen Schutz – und die Suche nach Asyl ist ein Menschenrecht. Dieses Recht ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Artikel 14) festgeschrieben und in Deutschland durch Artikel 16a Grundgesetz garantiert. Asyl ist kein politisches Zugeständnis. Es ist ein Grundrecht, das nicht von Stimmungen oder Mehrheiten abhängig sein darf.

Menschenrechte unter Druck: Wie Geflüchtete zunehmend dargestellt werden

In der öffentlichen Debatte geraten diese Grundsätze jedoch immer häufiger aus dem Blick. Begriffe wie „illegale Migration“, „Grenzsicherung“ oder „Abschiebungen“ dominieren die Diskussion – während die menschlichen Schicksale in den Hintergrund treten. Doch hinter jeder Zahl steht ein Mensch – mit einer Geschichte, mit Hoffnungen und häufig mit tiefen Verletzungen. Der Internationale Tag der Menschenrechte mahnt uns: Wer Schutz sucht, hat ein Recht darauf, gehört, gesehen und geschützt zu werden.

Weltweite Dimension: Millionen auf der Flucht

Die aktuellen Zahlen des UNHCR (Juni 2025) verdeutlichen, wie dringlich der Schutz von Menschenrechten weltweit ist:

  • 122 Millionen Menschen sind derzeit gewaltsam vertrieben.
  • Darunter 42,7 Millionen Flüchtlinge, die über internationale Grenzen fliehen mussten.
  • Zusätzlich rund 73,5 Millionen Binnenvertriebene (IDPs) im eigenen Land.
  • 67 % aller Geflüchteten bleiben in unmittelbaren Nachbarstaaten – oft in Ländern mit sehr begrenzten Ressourcen.

Diese Realität zeigt: Flucht und Vertreibung sind globale Phänomene – kein „europäisches Problem“.

Europa im globalen Vergleich

In Europa leben etwa 8,9 Millionen Flüchtlinge und Asylsuchende – Geflüchtete. Das entspricht weniger als 8 % aller weltweit Vertriebenen. Geflüchtete machen 1,7 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU aus. Europa ist damit keineswegs Hauptziel von Menschen auf der Suche nach Schutz. Die überwältigende Mehrheit bleibt in ihrer Herkunftsregion.

Deutschland im internationalen Kontext

Deutschland bleibt eines der wichtigsten Aufnahmeländer weltweit. Rund 2,6 Millionen Menschen haben Ende 2024 hier Schutzstatus oder ein laufendes Asylverfahren gehabt. Deutschland gehört damit zu den Top-5-Aufnahmestaaten weltweit. Dennoch: Die meisten Geflüchteten erreichen nie Europa. Viele finden Schutz in ärmeren Nachbarstaaten – dort, wo geografische Nähe wichtiger ist als wirtschaftliche Stärke.

Besonders schutzbedürftige junge Geflüchtete

Wie fragil Menschenrechte im Alltag sein können, zeigt sich besonders deutlich bei jungen Geflüchteten. In Köln beobachten wir eine besorgniserregende Entwicklung. Jugendliche, die nur wenige Wochen oder Monate vor ihrem 18. Geburtstag stehen, werden zunehmend vorschnell als volljährig eingestuft – häufig allein auf Basis einer kurzen Inaugenscheinnahme, ohne fundierte Prüfung, ohne transparente Kriterien und ohne Berücksichtigung ihres individuellen Entwicklungsstandes.

Diese Entscheidungen führen regelmäßig dazu, dass die Inobhutnahme beendet wird und die Jugendlichen ohne Schutz in regulären Unterkünften landen. In mehreren Fällen mussten wir Unterstützung bei Widerspruch einlegen und Eilantragstellung anbieten, um ein korrektes Verfahren zu gewährleisten und die Jugendlichen in ein medizinisches Altersgutachten zu überführen.

Wie gravierend die Folgen für die Betroffenen sein können, zeigt ein Fall aus unserer Beratungspraxis:

M., ein unbegleiteter minderjähriger Jugendlicher war im Juli in unserer Beratungsstelle. Er hatte vor kurzem den Termin beim Jugendamt. Bei der Inaugenscheinnahme wurde er als 18 Jahre eingeschätzt, woraufhin die Inobhutnahme beendet wurde. Wir haben bei der Eilklage und dem Widerspruch unterstützend begleitet, da er keinen sachkundigen Vertreter hatte. Erst dadurch wurde ein medizinisches Altersgutachten durchgeführt und er unter 18 Jahre eingestuft. Bis Anfang November hatte M. keine Zuweisung nach Köln und konnte keine Termine bei der Kommunalen Integration bekommen um eine Zuweisung für eine Schule oder einen Sprachkurs zu erhalten. Es sollte noch im November eine Vormundschaft eingerichtet werden – erst dann kann einen Antrag auf Asyl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt werden.

Der Fall zeigt, wie schnell Jugendliche in existenzielle Unsicherheit geraten können. M. hätte jetzt eine passende Unterkunft, eine Schule oder Sprachkurs haben können und ihm hätte eine Menge Unsicherheiten erspart bleiben können, wenn das System und die Strukturen geregelt gelaufen wären.

 

Mehr erfahren:

Perspektivberatung Caritas Köln

Therapiezentrum Caritas Köln

Quellen:

https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/563237/weltfluechtlingstag-2025/

https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/fluechtlingszahlen

https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/hilfe-in-deutschland

 

Armut bekämpfen, Teilhabe sichern: Warum Hilfsangebote unverzichtbar sind

Zum internationalen Tag für die Beseitigung der Armut (17. Oktober)

Armut ist längst kein Randphänomen mehr. Sie betrifft Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, Alleinerziehende, Rentner*innen, junge Erwachsene ohne gesicherten Bildungsweg und zunehmend auch Familien aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft. Die soziale Ungleichheit wächst – mit gravierenden Folgen für die Betroffenen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Arm zu sein bedeutet weit mehr als einen Mangel an Geld. Es heißt oft: keine angemessene Wohnung zu finden, auf notwendige Gesundheitsleistungen zu verzichten, Schulden anzuhäufen oder bei Bildungschancen abgehängt zu werden. Armut isoliert, macht ohnmächtig – und sie vererbt sich. Gerade deshalb sind verlässliche und niedrigschwellige Hilfsangebote unverzichtbar. Sie geben Orientierung, schaffen Zugang zu Leistungen, öffnen Wege aus der Krise und ermöglichen gesellschaftliche Teilhabe. Ob Unterstützung bei der Wohnungssuche, Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen oder die Vermittlung an spezialisierte Fachstellen – jede Form konkreter Hilfe kann der entscheidende Schritt sein, um Armut zu überwinden.

Doch vielerorts ist das Hilfesystem überlastet oder nicht ausreichend erreichbar. Die Zahl öffentlich geförderter Beratungsstellen reicht längst nicht aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Viele Menschen in Not werden gar nicht oder zu spät erreicht. Die Folgen sind gravierend: drohender Wohnungsverlust, Überschuldung, gesundheitliche Probleme oder der Rückzug aus der Gesellschaft. Langfristig schwächt das nicht nur die Betroffenen, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Hier übernehmen Wohlfahrtsverbände wie die Caritas Köln und ihre Fachverbände besonders in den sogenannten Randbezirken eine tragende Rolle. Sie finanzieren zahlreiche Angebote aus Eigenmitteln und schaffen dort Strukturen, wo staatliche Unterstützung fehlt – mit Beratungsangeboten oder durch kirchliche „Lotsenpunkte“, also Erstanlaufstellen in den Kölner Gemeinden. Sie helfen Menschen mit komplexen, oft miteinander verwobenen Problemen – von Arbeitslosigkeit über Energieschulden bis zu familiären Krisen – und unterstützen sie dabei, Ansprüche geltend zu machen oder den Kontakt zu Behörden zu bewältigen. Als vertrauliches und kostenloses Angebot können sie helfen, Menschen den Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben zu ebnen.

Die zunehmende Finanznot der Kommunen, aber auch das immer stärkere Hinterfragen des Sozialstaates insgesamt, macht es für die Caritas immer schwerer, eigenmittelgetragene Beratungsstrukturen aufrecht zu erhalten. Das trifft am Ende vor allem diejenigen, die ohnehin am stärksten benachteiligt sind. Jede nicht finanzierte Beratungsstunde kann bedeuten: ein Mensch weniger, der rechtzeitig Hilfe erhält.

Statt öffentlicher Ablenkungsdebatten wie sie gerade im Kontext der Diskussionen ums Bürgergeld mit anzusehen sind, braucht es gute Rezepte! Um Armut wirksam zu begegnen, braucht es politische Priorität und strukturell auskömmliche Lösungen – auf kommunaler wie auf bundesweiter Ebene. Nur ein stabiles Netz an Hilfsangeboten kann verhindern, dass Armut sich verfestigt und gesellschaftliche Teilhabe verloren geht.

Ein Kommentar von: Tim Westerholt, Geschäftsfeldleiter Integration, Caritas Köln und Claudia Metternich, Leistungsbereichsleitung Jugend und berufliche Integration, Caritas Köln

Caritas Köln sagt Danke – Ein Fest für das Ehrenamt

von Simone Streif (Referentin Ehrenamt)

Für die Caritas Köln ist das Ehrenamt ein wichtiger Bestandteil ihres Wirkens. Freiwillig Engagierte setzen sich mit Herz, Zeit und Tatkraft für Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen ein. Um diesen Einsatz zu würdigen, lud die Caritas Köln zu einer zentralen Dankesfeier für ihre ehrenamtlichen Mitarbeitenden ein – und über 100 Engagierte aus den drei Geschäftsfeldern des Verbandes sowie der Kölsch Hätz Nachbarschaftshilfen folgten der Einladung in die Geschäftsstelle nach Ehrenfeld.

Nach einer längeren Pause seit der letzten verbandsübergreifenden Feier, war die Freude über die große Resonanz besonders spürbar. Vorstandssprecher Markus Peters und Simone Streif, Referentin Ehrenamt, begrüßten die Gäste herzlich und sprachen ihren tiefen Dank für das außergewöhnliche Engagement aus.

Über 1.000 Ehrenamtliche bei der Caritas Köln aktiv

Vorstandssprecher Markus Peters spricht beim Dankesfest für Ehrenamtliche

Vorstandssprecher Markus Peters bedankte sich in seiner Ansprache bei den über 100 Ehrenamtlichen für ihr Engagement.

Aktuell engagieren sich über 1.000 Menschen ehrenamtlich bei der Caritas Köln – in Altenzentren, sozialpsychiatrischen Einrichtungen, Beratungsstellen, als Sprachmittler*innen, in der Hospizarbeit, bei der Nachbarschaftshilfe Kölsch Hätz und vielen weiteren Bereichen. Die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten zeigt die Stärke des Verbandes: Ehrenamt hat viele Gesichter und ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Caritas-Arbeit.

Organisiert wurde die Feier von Simone Streif aus der Stabsabteilung Engagement | Gesellschaft | Gemeinde, unterstützt von zahlreichen hauptamtlichen Kolleg*innen. Diese mixten alkoholfreie Cocktails, grillten Würstchen, dekorierten die Räume festlich und sorgten für einen reibungslosen Ablauf. Die Atmosphäre war geprägt von Austausch, Gemeinschaft und guter Laune – musikalisch begleitet von Svitlana Kavka, die auf ihrer Bandura auch kölsche Töne erklingen ließ.

Freude empfangen und weitergeben durch ehrenamtliches Engagement

Bereits bei der Anmeldung wurden die Ehrenamtlichen gefragt, was ihnen ihr Engagement bedeutet. Die Rückmeldungen wurden aufmerksam gelesen und als Girlanden ausgehängt. Viele der Ehrenamtlichen antworteten, dass sie durch ihr Ehrenamt Freude empfangen oder weitergeben – ein starkes Zeichen für die emotionale Bedeutung des freiwilligen Einsatzes. Diese Freude war auch in den Räumlichkeiten der Geschäftsstelle deutlich zu spüren. Ein weiteres zentrales Motiv war der Wunsch zu helfen:

  • um Verantwortung zu übernehmen,
  • um etwas zurückzugeben,
  • um sich sinnvoll einzubringen oder
  • um zu erleben, wie bereichernd das Engagement auch für einen selbst sein kann.

Zum Abschluss erhielt jede*r Ehrenamtliche eine kleine Aufmerksamkeit als Zeichen der Wertschätzung. Denn eines ist klar: Die Caritas Köln ist an 365 Tagen im Jahr dankbar für das, was ihre ehrenamtlichen Mitarbeitenden leisten.

Diese Veranstaltung wird in Erinnerung bleiben – als Ausdruck von Gemeinschaft und Motivation und als klares Signal: Der Caritasverband kann und will nicht ohne das Ehrenamt sein.

Sie möchten sich ebenfalls engagieren?
Dann besuchen Sie www.caritas-koeln.de/Ehrenamt und finden Sie das passende Ehrenamt für sich!

Ein Geschenk des Himmels

Der Regenbogen ist mehr als ein wiederkehrendes Naturwunder. Er ist sogar mehr als ein irgendwie zeitgemäßes und leuchtendes Symbol für Vielfalt. Er ist für Christinnen und Christen auch Zeichen des Bundes. Eines unverbrüchlichen Bundes, den Gott mit den Menschen geschlossen hat.

So steht es an prominenter Stelle im neunten Kapitel des Buches Genesis („Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen mir und der Erde“, Gen 9,12). Vorausgegangen ist diesem Bundesschluss die Geschichte von der Arche Noah. Und so kann man auch heutzutage festhalten: Der Regenbogen ist buchstäblich ein Geschenk des Himmels! Er verbindet Himmel und Erde. Er erinnert an einen Bund, der über uns Menschen hinausweist. Er mahnt auch zu einer erhöhten Sensibilität im Umgang mit der Schöpfung und ihren besonderen Ansprüchen.

In unserer Zeit aber ist der Regenbogen vor allem ein Symbol der Vielfalt. Wie könnte es anders sein? Der Regenbogen ist bunt und er verbindet Farben, die unvermischt und ungetrennt nebeneinander stehen. Seine friedliche Wirkung ist vorbildhaft und zugleich beruhigend.

Man kann am Regenbogen vorbeigehen, man kann ihn im Zweifel sogar ignorieren – er ist trotzdem da! Und so ist es auch mit dem Glauben an Gott in der großen Menschheitsfamilie und so ist es – in Gottes Namen – auch mit der Vielfalt, in unserer Stadt, in unserem Land, in unserer Welt.

Diese Vielfalt ist für uns als Caritas keine Bedrohung, sondern – eben: ein Geschenk des Himmels! Vielfältig hat Gott die Menschen erschaffen, wohl nicht ganz zufällig. Gottlob haben die vergangenen Jahre, so beschwerlich sie manchmal auch waren, wesentlich dazu beigetragen, dass eine Sensibilität für die Vielfalt und ihre wiederum vielfältigen Dimensionen gewachsen ist.

Wir als Caritas verstehen uns aus guten Gründen als Motor dieser Bewegung. Denn es gehört auch zur Wahrheit, dass Vielfalt über unendlich lange Zeiträume ersehnt wurde und errungen werden musste. Vielfach ging der Gegenwart hier eine Leidensgeschichte voraus. Für nicht wenige ist diese Leidensgeschichte noch immer eine bittere Realität. Verbunden mit Diskriminierung, Desintegration und auch Verzweiflung. Wo sonst aber als an der Seite derer, die von gesellschaftlichen Verhältnissen zu Opfern gemacht werden, könnte der Ort der Kirche sein?

Gott selbst hat die Welt nach christlichem Glauben nicht nur bunt und vielfältig geschaffen, sondern er hat sich auch noch besonders mit den Leidenden und Ausgegrenzten verbunden. Es gibt für den Bund kaum ein schöneres Zeichen als den Regenbogen. Er könnte gleichermaßen für Gläubige wie Nichtgläubige ein Geschenk des Himmels sein. Und genauso ist er ein wichtiges Zeichen der Vielfalt. Wir sind froh darüber, dass der Regenbogen viele unserer Einrichtungen nicht nur schmückt, sondern auch prägt!

Dr. Tim Schlotmann, Caritas Köln

Stab Seelsorge und christliche Identität

 

Idylle und Zerstörung

Auswirkungen des „globalen Goldhungers“ und Hoffnungsschimmer

– eine Pressereise in das Amazonasgebiet Perus

von Marianne Jürgens, freie Journalistin (ehemals Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Caritasverband Köln), Juni 2025 – Titelbild: Carolin Kronenburg/Caritas international

Auf den ersten Blick eine Idylle: Sanft gleitet unser kleines flaches Boot über den Rio Madre de Dios und den Rio de la Piedra, Nebenflüsse des Amazonas in Peru. Am Ufer blicken wir auf üppigen Regenwald. Schnell ändert sich das Bild. Mehrere große Brachflächen, die Spuren illegaler Goldminen und der damit verbundenen Abholzung werden sichtbar. Auf einer Pressereise der GkP (Gesellschaft katholischer Publizistinnen und Publizisten) mit Caritas international sind wir im Amazonasgebiet zur indigenen Dorfgemeinschaft Boca Pariamanu unterwegs, die nur mit dem Boot nach anderthalbstündiger Fahrt zu erreichen ist

Mit einem dieser Boote zur indigenen Dorfgemeinschaft, Foto: Marianne Jürgens

Die sich zuspitzende Ökokatastrophe im Amazonasgebiet, der Kahlschlag im Regenwald, die Vergiftung großer Landstriche durch Einsatz von Quecksilber bei illegaler Goldschürfung und Vernichtung der Artenvielfalt: Auch in deutschen

Foto: Carolin Kronenburg/Caritas international

Medien wird regelmäßig berichtet, wie dadurch der Lebensraum der indigenen Bevölkerung vernichtet und die Klimaerwärmung weltweit beeinflusst wird.

Humanitäre Hilfe der Caritas und Projekte zur Bewältigung der Klimakrise

Humanitäre Hilfe der Caritas ist nicht zu trennen von Projekten zur Bewältigung der Klimakrise, hat diese doch unmittelbare Auswirkungen auf das Überleben und die Lebensqualität der Menschen. Wir lernen von Caritas Deutschland und der Caritas vor Ort initiierte und geförderte Projekte für den Erhalt des empfindlichen Ökosystems im Amazonasgebiet kennen, die Alternativen und Problemlösungen aufzeigen und sich für die Rechte der indigenen Völker einsetzen.

Für ein resilientes Amazonien

Über Ländergrenzen hinweg entwickeln indigene Gemeinschaften im Amazonasgebiet im Projekt „Nachhaltiges Amazonien – Resiliente Gemeinschaften“ (vom BMZ/Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Caritas Deutschland finanziert) in gemeinsamen Schulungen und Workshops, wie sie mit ihrem Wissen Artenvielfalt erhalten und sich verschiedene Erwerbsquellen erschließen können. Das soll den Verbleib in ihrem Territorium und den Schutz des Regenwaldes sichern. Viktor Ore/Projektkoordinator bei Caritas Peru und Laura Ramirez/Caritas Madre de Dios hoffen, dass die Erfolge, wie wir es am Beispiel der Dorfgemeinschaft Boca Pariamanu erleben, auch die Geldgeber des Projektes überzeugen und es über das geplante Ende 2026 hinaus fortgesetzt wird. Begleitet wird das praxisorientierte Projekt von politischer Lobbyarbeit zu Umwelt- und Landrechten sowie Unterstützung bei Rechteverletzungen.

Empfang im Dorf Boca Pariamanu, Foto: Marianne Jürgens

Angekommen in Boca Pariamanu hört es auf zu regnen, die Sonne bricht durch. 20 Familien mit 52 Erwachsenen und 100 Kindern vom Volk de Amahuaca leben hier auf einem großen Gelände in Hütten, erbaut mit dem Holz aus dem Regenwald und Dächern von geflochtenen Palmblättern. In der Versammlungshalle erwartet uns in der Mitte ein Tisch, gefüllt mit exotischen Pflanzen und Früchten. Die Präsidentin der

Foto: Carolin Kronenburg/Caritas international

Trocknung der Kakaobohnen vor Weiterverkauf, Foto: Marianne Jürgens

Dorfgemeinschaft erklärt uns, wie das Zusammenleben und die Arbeit in der Gemeinschaft organisiert sind. Unterschiedliche Arbeitsgruppen widmen sich dem Anbau und der Ernte, sowie weiteren Erwerbsquellen wie kunsthandwerklichem Schmuck aus Samen und Früchten, die sich im Regenwald finden.  Bei einem Rundgang durch den Wald sehen wir die traditionellen Heilpflanzen, Kakaoplantagen, Maisanbau, Bienenstöcke, agroökologische Mischparzellen und Kastanienproduktion. Der ökologische Anbau von Kakao bietet inzwischen eine echte alternative Einkommensquelle zum Goldschürfen, denn der Kilopreis hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als verdreifacht.

Angestrebt wird die überwiegend autarke Versorgung der Familien mit Lebensmitteln, außerdem fließt ein Teil des Verkaufs, zum Beispiel der Kastanien, in die Gemeinschaftskasse.

Jane del Castillo Ramirez, Foto: Carolin Kronenburg/Caritas international

Bevor wir wieder die Rückfahrt mit dem Boot antreten, bewundern wir den Schmuck aus rein organischem Material. Jane del Castillo Ramirez stellt uns das

Kunsthandwerk vor, in dem 15 Frauen des Dorfes seit drei Jahren arbeiten. Gekrönt wurde ihr Erfolg mit dem Gewinn eines Wettbewerbs. Das Preisgeld in Höhe von umgerechnet rund 14.400 Euro investierten die Frauen wieder in Produktionsräume und Aufforstung.

Seit Dezember 2023 haben die indigenen und traditionell lebenden Familien in Boca Pariamanu konsequent das Konzept agroökologischer Mischparzellen umgesetzt und Erwerbsquellen weiter entwickelt. Die sichtbaren Erfolge lassen sie trotz der Bedrohung ihres Lebensraums positiv in die Zukunft blicken.

„Territorium ist Identität“

Präsident Alfredo Vargas Pio, Foto: Marianne Jürgens

Der Verband FENAMAD bündelt die Interessen von 38 indigenen Dorfgemeinschaften im Gebiet Madre de Dios. Präsident Alfredo Vargas Pio vom indigenen Volk der Shipibos bringt die aktuelle Situation in einem Gespräch mit uns am Vorabend auf den Punkt: „Die Verfolgung Indigener hat zugenommen. Der Staat definiert die Konzessionen für Minen und Holzabbau, aber kümmert sich nicht um die Gebietsansprüche der Indigenen.“ Die Regionalregierung verkaufe den Abbau der vielen Bodenschätze und Ölvorkommen im Gebiet Madre de Dios als Fortschritt und fordere von den Indigenen das Abtreten von Land. Auf nationaler Ebene werden die Rechte der Indigenen missachtet, aber auf internationaler Ebene erfahren sie Unterstützung, unter anderem von Deutschland und den Niederlanden. „Wir wollen unser Wissen über Natur, das Erbe der Vorfahren als wichtige Lebensgrundlage für die Menschheit bewahren und weitergeben.“

Kelly Olivo Rengifo (Mitte), Foto: Marianne Jürgens

Kelly Olivo Rengifo vertritt die Interessen junger indigener Studentinnen und Studenten. Sie betont den Stellenwert von Bildung, um die eigenen Rechte vertreten zu können und dankt Kirche und Caritas für deren Unterstützung und die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln. Von Papst Leo XIV. erhofft sie, dass er das Erbe von Papst Franziskus, der 2018 das Amazonasgebiet besuchte, fortsetze und Druck auf die peruanische Regierung ausübe. „Territorium ist Identität“, sagt sie. „Es gibt eine historische Schuld gegenüber den Indigenen, die beglichen werden muss.“ Sie blickt nach vorne: „Als Jugendorganisation verfolgen wir das Ziel, unternehmerisch erfolgreich zu werden. Dabei wollen wir Traditionen mit neuen Ideen verknüpfen.“ Sie nennt ein Beispiel: „Shampoos werden mit traditionellen Rezepten der Indigenen hergestellt. Bestimmte indigene Muster setzen wir für angesagte Produkte ein.“

Innovatives Wissenschaftsprojekt für Aufforstung und Regeneration zerstörter Gebiete im Amazonas

Am nächsten Tag will ein Teil unserer Gruppe das wissenschaftlich fundierte Aufforstungsprojekt der NGO CINCIA (=Centro de Innovacion Cientifica Amazonica; CINCIA – Centro de Innovación Científica Amazónica) in der ehemaligen illegalen Bergbauzone „La Pampa“ mitten im Regenwald besuchen. Seit die staatliche „Operation Quecksilber“ 2019 illegale Goldminen in „La Pampa“ zerstörte und Goldschürfer vertrieb, wird das Areal durch Militär abgesichert. Trotzdem kommt es hier immer wieder zu Zusammenstößen. Illegale Goldschürfer weichen inzwischen auf Gebiete der Indigenen und Naturschutzflächen im Department Madre de Dios aus. Die von unterschiedlichen Regierungsbehörden mit verschuldeten Nutzungskonflikte führten zu 3596 Klagen gegen illegale Goldschürfer. Aber unter Druck der im Kongress stark vertretenen Interessensgruppen des Bergbaus erließ Perus Präsidentin Dina Boluarte 2024 eine Rechtsverordnung zur Ausweitung der Straffreiheit für die illegalen Unternehmen. Es wurde sogar ein Korridor eingerichtet, in dem Einzelpersonen und kleinen Bergbauunternehmen das illegale Schürfen erlaubt ist.

„Cargueros“, Foto: Christoph Arens/KNA

Wir starten vom Militärstandort „Grau“ nahe der neuen Verbindungsstraße „Interoceanico“, die Peru mit Brasilien verbindet. Eine anderthalbstündige Fahrt auf „Cargueros“, kleinen Geländefahrzeugen, auf deren Ladefläche wir uns stehend immer wieder unter überhängenden Zweigen und Ästen ducken, soll uns zu dem streng bewachten Wiederaufforstungsgelände Alfa Balata bringen. Begleitet werden wir von jungen Soldaten als Personenschutz, die sich vermummen und mit Waffen ausrüsten.

Unsere Personenschützer, Foto: Marianne Jürgens

Nach kurzer Strecke durch intakten Regenwald erreichen wir nach Überqueren einer schmalen Brücke mit losen Holzlatten das erste abgeholzte Gelände, – eine Sandwüste, die der illegale Bergbau hinterlassen hat.  Am Rande der Piste beobachten uns junge Männer auf Geländemotorrädern. Schließlich stoppt unser Konvoi in einem Waldstück. Es habe eine Schießerei wenige Hundert Meter entfernt zwischen Polizei und illegalen Minenarbeitern mit einem Verletzten gegeben, heißt es. Der Militärkommandant fürchtet die Rache der Bergbauarbeiter und im schlimmsten Fall eine Entführung von uns Deutschen. Da er nicht für unsere Sicherheit garantieren könne, müssen wir umkehren. Zurück in der Militärbasis spekulieren wir, was wirklich passiert ist, die Wahrheit können wir nicht ergründen.

Foto: Christoph Arens/KNA

Foto: Christoph Arens/KNA

 

So werden wir leider nicht, wie ursprünglich geplant, selbst einen Baum im Regenwald pflanzen und uns ein eigenes Bild von den Erfolgen des Aufforstungsprojektes machen können.

Das Wissenschaftsprojekt von CINCIA wird getragen von einer breiten Basis von Unterstützern, darunter US Aid und Wake Forest University, und von der guten Kooperation mit dem Militär vor Ort. Für das 30-köpfige Expertenteam ist es existenziell wichtig, unermüdlich Öffentlichkeit dafür zu schaffen, was sie dort eigentlich tun und welche Erfolge sie erzielen.

Cesar Ascorra/Projekt CINCIA links, Foto: CINCIA

Cesar Ascorra, CINCIA-Nationaldirektor für Peru, erklärt uns das Vorgehen: Im ersten Schritt dokumentierte das Wissenschaftsprojekt mit Hilfe von Drohnenaufnahmen und Laboruntersuchungen die Folgen des illegalen Bergbaus im Gebiet „La Pampa“, die Größe des Brachlandes mit der Vernichtung der Artenvielfalt und die Quecksilber-Verseuchung von Wasser, Land und Tieren. Im Anschluss wurden möglichst resistente Setzlinge, Substrate und organische Dünger für die Pflanzung produziert und in die Erde gebracht. Rund 70.000 Setzlinge wurden bereits gepflanzt. „Das dritte Modul beinhaltet die Beobachtung, wie sich Flora und Fauna entwickeln.“ Vorher-Nachher-Aufnahmen zeigen beeindruckende Fortschritte des Projektes. Inzwischen beteiligen sich auch Soldaten der Militärbasis, die das Gebiet absichert, an der Bepflanzung. 174 Militärangehörige wurden 2024 in Aufforstungstechniken an der National Amazon University of Madre de Dios geschult.

Aufforstung im Regenwald, Foto: CINCIA

 

Modellhaft zeigt dieses wichtige, wegweisende Projekt, wie eine Aufforstung mit resistenten Pflanzen und eine Renaturierung gelingen kann, und welche Rahmenbedingungen notwendig sind, um die Ergebnisse auf das gesamte Amazonasgebiet übertragen zu können.

„Sauberes Gold“

Sauberes Gold, Foto: Marianne Jürgens

Gegenüber des Militärstandortes „Grau“ demonstriert uns die handwerkliche Produktionsgemeinschaft AMATAF (Association de Mineros Artesanales Tauro Fatima), wie sich Gold ohne Quecksilber gewinnen lässt. Eine Rüttelmaschine filtert unter Zugabe von Wasser aus dem geförderten Schlamm feinen Goldstaub heraus, der anschließend für den Weiterverkauf zu kleinen Goldklumpen geschmolzen wird. Im Oktober 2023 wurde das Pilotprojekt für seine erste fair produzierende Goldlieferkette in der Region zertifiziert. Herausforderungen sind allerdings die Vermarktung des „sauberen“ Goldes und Gewinnung verantwortungsbewusster Käufer. In der Region Madre de Dios sind rund 50.000 Menschen direkt vom Kleinbergbau abhängig, schätzt Caritas international. Zukunftsvision ist es, viele weitere Bergleute für die umweltbewusstere Goldschürfung zu gewinnen. Die Projektverantwortlichen sind sich einig: Das kann nur gelingen, wenn alle zusammenarbeiten, die Goldschürfer, die Regierung, die Juweliere und die Konsumenten.

„Schmutziges Gold“ – Was tun?

Peru ist der bei weitem größte Goldexporteur Lateinamerikas, bei rund 50% lässt sich der Ursprung des Goldes nicht nachweisen, so eine Studie investigativer Journalist*innen (www.convoca.pe). Gerade im Gebiet Madre de Dios breiten sich die illegalen Minen, verantwortlich für Abholzung und Verseuchung der Umwelt mit Quecksilber, immer weiter aus. Ursachen sind der wachsende „globale Goldhunger“ und der steigende Goldpreis. Auch die Fertigstellung der Verbindungsstraße „Interoceanica“ zwischen Peru und Brasilien erleichtert den illegalen Transport aus den vorher nur schwer zugänglichen Gebieten.Staatliche Verbote zeigen wenig Wirkung und werden nicht mit genügend Nachdruck durchgesetzt. Hier steht die in Peru weit verbreitete Korruption im Wege, und eine Regierung und Präsidentin, denen nachgesagt wird, ebenfalls tief darin verstrickt zu sein.

Auf der Interoceanica entlang der illegalen Goldminen, Foto: Carolin Kronenburg/Caritas international

Ein 18-köpfiges Journalistenteam des grenzüberschreitenden Investigativnetzwerkes OjoPublico hat aufgedeckt, dass in einem Jahrzehnt mehr als 3000 Tonnen hochreines Gold aus illegalem Bergbau exportiert wurde und vor allem Unternehmen aus Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten beteiligt sind. Sie recherchierten die komplexen Wege, „schmutziges“ Gold reinzuwaschen, die eine Rückverfolgung der Lieferketten kaum mehr möglich macht und illegales Gold in die legale Wirtschaft überführt.

Auch wenn Gold nach wie vor als sichere Wertanlage geschätzt wird, „ein ethisch unbedenkliches Investment in Gold gibt es nicht“, vertritt die „Kampagne Bergbau Peru (www.kampagne-bergbau-peru.de). Wer nicht auf Gold verzichten wolle, müsse zumindest auf eine glaubwürdige Zertifizierung von Gold achten oder bei der Herstellung von Schmuck auf Recycling zurückgreifen, so der Appell der NGO.

Problemlösungen für die Umweltkatastrophe im Amazonasgebiet können nur gemeinsam auf internationaler Ebene vorangetrieben werden, schließlich ist die Weltgemeinschaft an den Ursachen durch wirtschaftliche Interessen („Rohstoffhunger“) unmittelbar beteiligt. Auch die Auswirkungen des Klimawandels machen nicht an Ländergrenzen halt.

Caritas engagiert sich weltweit mit vielen praktischen Projekten an der Bewältigung der Klimakrise. In Peru konnten wir auf unserer Pressereise unmittelbar vor Ort erfahren, wie sehr konkrete Maßnahmen das Leben der Menschen dort verbessern.

Jede Unterstützung für die humanitäre Hilfe und das Engagement für innovative Klimaschutzprojekte der Caritas in Peru ist willkommen.

Spendenkonto: Caritas Deutschland/Caritas international, SozialBank,
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60 Jahre Casa Italia: Gelebte Vielfalt, gewachsene Identität

„Noch immer in den Kinderschuhen“ – und doch unverzichtbarer Bestandteil einer diversen Stadtgesellschaft:

Die bilinguale Kindertagesstätte Casa Italia feiert ihr 60-jähriges Bestehen – ein Jubiläum, das weit mehr ist als nur ein Blick zurück. Es ist ein Anlass, eine Institution zu würdigen, die seit sechs Jahrzehnten Brücken baut: zwischen Sprachen, zwischen Kulturen, zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Über 2000 Kinder haben in der Casa Italia ihre ersten Schritte in eine Gesellschaft gemacht, die selbst im Wandel war – und es bis heute ist. Was 1965 als Unterstützung für Kinder italienischer Gastarbeiter*innen begann, ist heute ein lebendiges Modell für pädagogische Konzepte im Zeichen der postmigrantischen Gesellschaft. Denn Casa Italia hat sich nicht nur weiterentwickelt – sie ist ihrer Grundhaltung treu geblieben: Vielfalt ist kein Defizit, sondern ein Versprechen.

Gegründet vom Caritasverband Köln und getragen vom St. Elisabeth-Jugendheim e.V., reagierte die Einrichtung früh auf die sozialen Herausforderungen von Migration, Arbeitsmigration und Wohnraummangel. Die Entscheidung, 1980 auf ein bilinguales Konzept umzustellen, war mehr als eine didaktische Strategie – sie war ein Bekenntnis zur Anerkennung von Herkunft, Sprache und kultureller Prägung.

Diese Haltung – damals innovativ, heute hochaktuell – entspricht in vielerlei Hinsicht den Grundgedanken postmigrantischer Theorien, wie sie etwa von Naika Foroutan oder Mark Terkessidis formuliert wurden. In der Casa Italia wird täglich erfahrbar, dass gesellschaftliche Teilhabe nicht erst mit der „Anpassung“ beginnt, sondern mit Anerkennung. Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch: Kinder lernen hier, sich in mehreren kulturellen und sprachlichen Räumen gleichzeitig zu bewegen – ohne ihre Identität aufgeben zu müssen.

Sprache als soziale Praxis – nicht als Hürde

Die Einrichtung folgt dem Prinzip „Eine Sprache – eine Person“, das wissenschaftlich belegt wurde, unter anderem in einer Evaluation der Universität zu Köln. Dieses Modell erlaubt es Kindern, beide Sprachen – Deutsch und Italienisch – auf natürliche Weise im Alltag zu erleben, ohne sie gegeneinander ausspielen zu müssen. Der authentische Sprachkontakt ist dabei nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Förderung von Selbstbewusstsein, Zugehörigkeit und Ausdrucksfähigkeit. Sprache wird nicht als Barriere verstanden, sondern als Medium der Weltaneignung.

Eine deutsch-italienische Brücke in einer pluralen Gesellschaft

Trotz der Öffnung gegenüber Kindern aus vielen Nationen ist die Casa Italia bis heute ein Ort geblieben, an dem die deutsch-italienische Kulturbeziehung bewusst gepflegt wird. Hier lebt die Erinnerung an eine erste große Einwanderungsgeschichte in der Bundesrepublik, an die Lebensrealitäten der sogenannten „Gastarbeitergeneration“ – nicht als museale Folklore, sondern als gelebtes Kulturerbe. Feste, Rituale, Literatur, Musik und das tägliche Miteinander tragen dazu bei, dass diese Brücke nicht nur erhalten bleibt, sondern immer wieder neu begangen wird – auch von Kindern, die selbst keine italienische Herkunft haben.

Gerade diese bewusste Balance zwischen Kontinuität und Öffnung macht die Casa Italia so besonders: Sie ist sowohl Lernort als auch Erinnerungsort, sowohl Kulturvermittlerin als auch Bildungsakteurin im Heute. In einer Stadt wie Köln – seit jeher geprägt durch Migration, Urbanität und Diversität – zeigt sich hier beispielhaft, wie pädagogische Institutionen gesellschaftlichen Wandel mitgestalten können, ohne dabei ihre Identität zu verlieren.

Vielfalt ist Alltag – und Haltung

Heute ist die Kita ein Raum gelebter Inklusion: Kinder mit und ohne Migrationsgeschichte, mit und ohne Behinderung, unterschiedlicher Religionen und familiärer Hintergründe lernen und wachsen hier gemeinsam auf. Diese Vielfalt ist kein Zusatzprogramm, sondern Grundprinzip. Die Arbeit der Casa Italia basiert auf der Überzeugung, dass eine solidarische Gesellschaft dort beginnt, wo jedes Kind so angenommen wird, wie es ist – mit all seinen Sprachen, Geschichten und Perspektiven.

Wenn wir auf sechs Jahrzehnte Casa Italia zurückblicken, dann sehen wir nicht nur die Entwicklung einer Einrichtung, sondern ein Stück gelebter Stadtgeschichte. Wir sehen, wie Bildungsorte zur sozialen Infrastruktur werden, wie pädagogische Praxis gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht – und wie aus einem Kita-Konzept ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit wird.

In einer Zeit, in der sprachliche und kulturelle Vielfalt politisch wieder vermehrt infrage gestellt wird, setzt die Casa Italia ein Zeichen: für Offenheit, für Respekt – und für die tiefe Überzeugung, dass Sprache nicht trennt, sondern verbindet.

 

Autoren: Maria Lamaina und Guido Geiss

 

 

Nachgefragt: Wie steht es um die Pflege in Köln, Herr Peters?

Die Pflege in Köln steht unter Druck: Der demografische Wandel trifft auf zu wenig Plätze, zu wenig Personal und steigende Anforderungen. Markus Peters, Sprecher des Vorstandes der Caritas Köln, erklärt im Interview, warum Integration dabei ein Schlüssel ist, welche Rolle die Caritas übernimmt und was es braucht, damit Pflege in Köln zukunftssicher gelingen kann.

Pflegenotstand, Personalmangel, Finanzierungslücken – und ein demografischer Wandel, der immer spürbarer wird. Wie kann Kölns Altersversorgung langfristig gesichert werden?

Die Herausforderung ist auch in Köln längst angekommen. Mit nur 11,4 stationären Pflegeplätzen je 100 ältere Bürger liegt die Stadt deutlich unter dem Bundes- (14,4) und Landesschnitt (13,7). Im Jahr 2024 gab es 93 stationäre Pflegeeinrichtungen – zu wenig, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Schätzungen zufolge fehlen rund 4.000 Plätze, um die heutige bereits unterdurchschnittliche Versorgungsquote zu halten. Um diese Lücke zu schließen, wären rund 40 Neubauten erforderlich. Doch: Neubauten allein werden es nicht richten – dafür fehlen nicht nur Mittel und Bauland, sondern vor allem auch Pflegekräfte.

Darum setzen wir als Caritas Köln auf einen breit angelegten Ansatz, wie er auch in unserer strategischen Ausrichtung festgeschrieben ist: Wir wollen unsere stationären Kapazitäten maßvoll erweitern – zum Beispiel mit einem Neubauprojekt in einem bislang unterversorgten Stadtteil wie Köln-Ossendorf. Gleichzeitig prüfen wir Erweiterungen an bestehenden Standorten – etwa am Caritas-Altenzentrum St. Heribert in Deutz. Dort könnten fünf zusätzliche Pflegeplätze entstehen, wenn bürokratische Hürden gemeinsam mit der Stadt überwunden werden können.

Aber eines ist klar: Der Bau neuer Plätze allein wird das Problem nicht lösen. Für jeden Platz braucht es im Schnitt eine halbe Pflegekraft – für 4.000 Plätze wären das 2.000 zusätzliche Fach- und Hilfskräfte. Angesichts des leergefegten Arbeitsmarkts ist das schlicht unrealistisch.

Deshalb denken wir weiter. Neben Neubauten setzen wir auf ein abgestimmtes Konzept aus Erweiterungen, ambulanten Angeboten und quartiersnaher Unterstützung. Unser Ziel: Menschen so lange wie möglich ein selbstständiges Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen – mit ambulanter Pflege als Brücke, wo nötig. Denn diese benötigt weniger Personal als stationäre Versorgung.

Unser Fazit: Nur durch eine clevere Kombination aus stationärer Erweiterung, ambulanter Stärkung und niedrigschwelligen Angeboten vor Ort lässt sich die Pflege zukunftssicher gestalten.

 

Welche Rolle spielt die Caritas Köln im Bereich Alter und Pflege innerhalb der Stadtgesellschaft?

Die Caritas ist mehr als ein Träger – wir sind Teil der Stadtgesellschaft und historisch eng an die Kirchengemeinden geknüpft. Anders als große Investoren oder überregionale Anbieter sind wir daher in Köln verwurzelt. Wir kennen die Stadt, die Bezirke und Veedel, die Menschen und ihre Bedürfnisse.

Als einziger Träger in Köln bieten wir eine flächendeckende und quartiersnahe Versorgung – von der Beratung über die ambulante Pflege bis zur stationären Versorgung. Dazu gehören auch Tagespflege, Hausnotruf, Alltagsbegleitung, Hospizarbeit und Netzwerkarbeit in den Stadtteilen. Zugleich ist unser Engagement im Bereich des Ehrenamts ein wichtiger Baustein, z. B. die Kölsch Hätz Nachbarschaftshilfen oder die Freiwilligenagentur Mensch zu Mensch. Hier beraten, begleiten und vermitteln wir Menschen, die sich ehrenamtlich für (ältere) Menschen in Köln einsetzen möchten. Das Ehrenamt ist ein wichtiger Faktor, um die angesprochenen Herausforderungen überhaupt bewältigen zu können. Darüber hinaus sind wir auch über die Mitarbeit in Gremien, Arbeitsgemeinschaften und Ausschüssen in der Sozial- und Kommunalpolitik aktiv, um gute Bedingungen für die sozialen Träger und ihre Klient*innen zu erwirken.

Diese einzigartige Vielfalt über das gesamte Stadtgebiet hinweg macht uns zu einem verlässlichen Partner für die Menschen in Köln – und zu einem tragenden Pfeiler der sozialen Infrastruktur.

 

Wie gut sind Träger wie die Caritas Köln auf die wachsenden Anforderungen in der Pflege vorbereitet – und was brauchen sie von Politik und Verwaltung?

Mit Blick auf die Verwaltung und Politik vor Ort in Köln wünschen wir uns, dass die Verantwortlichen sich als aktive Gestalter der Rahmenbedingungen für eine gute Pflege verstehen. Bauvorhaben für Pflegeheime müssen vereinfacht, Bauflächen bereitgestellt werden. Auch eine Bindung von freien Grundstücksflächen für soziale Zwecke ist mehr als überfällig. Für das Feld der offenen Seniorenarbeit und Beratung ist eine dauerhafte Finanzierung vonnöten, zur Entlastung und Teilhabe aller älteren Menschen mit und ohne internationale Familiengeschichte.

Der Bürokratieabbau ist in aller Munde, stellt im Pflege- und Gesundheitssektor aber ein reales Hindernis dar. Hier sind beispielsweise für wenige zusätzliche Plätze wie im Altenzentrum in Deutz komplexe Genehmigungs- und Abstimmungsverfahren notwendig – inklusive Ausnahmen von Vorschriften, die für die Nutzer*innen kaum relevant sind. Diese Prozesse können demotivierend wirken. Selbst wenn alle formalen Hürden genommen sind, dauert die Umsetzung oft zwei bis drei Jahre. Hier könnten Stadt und Landschaftsverband durch aktive und progressive Verfahren Abhilfe schaffen.

Zum Thema Personal: Unsere Pflegeeinrichtungen leben von den Mitarbeitenden – und diese sind bunt und vielfältig, was Religion, Kultur und Herkunft betrifft. Ohne Menschen, die aus beruflichen Gründen zuwandern, könnten wir den Betrieb nicht aufrechterhalten. Doch die Verfahren zur Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis sind oft hinderlich. Selbst gut integrierte Mitarbeitende müssen ihre Tätigkeit unterbrechen, weil Behörden aufgrund von Bearbeitungsstaus keine rechtzeitigen Bescheide ausstellen.

Ein weiteres Beispiel: die überbordende Dokumentationspflicht. Zwar haben wir durch Digitalisierung viel erreicht, doch noch immer gibt es absurde Vorgaben – etwa manuelle Werterfassungen bei selbstprüfenden Geräten. Unser interner Aufwandsschätzwert: Rund zehn Prozent der Arbeitszeit gehen für vermeidbare Dokumentation drauf – das entspricht vier Vollzeitstellen in einer 80-Plätze-Einrichtung.

Hier braucht es endlich mutige Entlastung – durch digitale Lösungen, reduzierte Anforderungen und mehr Vertrauen in die Träger.

 

Gute Pflege braucht gutes Personal. Was tut die Caritas Köln, um Pflegekräfte zu gewinnen und zu halten?

Wir sind stolz auf unsere Mitarbeitenden – und besonders auf die hohe Zahl älterer Pflegekräfte, die bei uns bis zur Rente arbeiten. Natürlich ist der Job anspruchsvoll. Aber wir bieten auch verlässliche Bedingungen: Die Bezahlung nach AVR-Tarif hat sich überdurchschnittlich entwickelt. Zwischen 2015 und 2023 stiegen die Löhne in der Altenpflege um über 50 %. Zum Vergleich: Der bundesweite Schnitt lag bei 23 %.

Unsere stationären Einrichtungen werden neu organisiert: Ziel ist es, die Betreuung der Bewohner*innen zu verbessern und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für das Personal zu erleichtern. Kern der neuen Personalbemessung ist ein kompetenzzentrierter Ansatz: Nicht alle Mitarbeitenden übernehmen alle Aufgaben. Je nach Pflege- und Betreuungsbedarf werden die Bewohner*innen von der jeweils richtigen Fachperson aus unseren Teams betreut: Hauswirtschaftliche Tätigkeiten werden z. B. von Präsenzkräften übernommen – so kann sich die Pflege auf Pflege konzentrieren. Zudem nutzen wir mithilfe von Assistenzsystemen, Dokumentationsapps oder digitaler Medikamentenversorgung die Chancen von Digitalisierung – zur Entlastung des Pflegepersonals und um die Selbständigkeit der Pflegebedürftigen zu erhöhen.

Motivation wird bei uns belohnt – zum Beispiel über unsere „Value App“. Wer für Kolleg*innen einspringt, sammelt Punkte, die sich in Freizeitgutscheine oder Kinotickets umwandeln lassen.

Ein weiterer Schlüssel: Ausbildung. Mit dem neuen Caritas-Bildungszentrum in Köln-Hohenlind haben wir Raum für 252 Auszubildende geschaffen. Ergänzend bietet unsere neue Azubi-Werkstatt in Köln-Niehl Raum für Workshops, Lernformate und persönliche Beratung. So sichern wir die Zukunft unserer Pflege.

 

Migration gilt als Schlüssel zur Zukunft der Pflege. Wie wichtig ist das Thema für die Caritas Köln – und wie gelingt Integration in der Praxis?

Ohne Zuwanderung wird der wachsende Pflegebedarf nicht zu decken sein. Die Zahl junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt sinkt – gleichzeitig steigen die Anforderungen. Migration ist also kein „Nice-to-have“, sondern essenziell für die Versorgung und Betreuung älterer Menschen.

Allerdings zeigt die Praxis: Die gezielte Anwerbung fertig ausgebildeter Pflegekräfte aus dem Ausland ist schwierig. Unterschiedliche Ausbildungswege und Sprachbarrieren machen die Integration oft langwierig.

Erfolgsversprechender ist ein anderer Weg: Wir setzen auf junge Menschen mit Migrationshintergrund, die bereits hier leben – und Schritt für Schritt in die Pflege hineinwachsen. Es gibt viele Einstiegsmöglichkeiten: als Präsenzkraft, in der Hauswirtschaft oder als Pflegehelfer*in. Sprache wird am Arbeitsplatz verbessert, Integration geschieht im Alltag. Die neuen Ausbildungsformate erlauben eine stufenweise Qualifikation bis zum Pflegeexamen.

Natürlich gibt es Herausforderungen – gerade in der Ausbildungsbegleitung. Darum haben wir an unserer Pflegeschule eine zusätzliche Lehrkraftstelle geschaffen, die gezielt unterstützt. Diese Stelle finanzieren wir derzeit aus eigenen und Spendenmitteln – weil sie extrem wichtig ist.

Und auch hier wieder das Thema Bürokratie: Ein Aufenthaltstitel erfordert einen Ausbildungsvertrag – aber der Vertrag kann ohne Aufenthaltstitel gar nicht ausgestellt werden. Ein klassisches Henne-Ei-Problem. Hier brauchen wir dringend praktikablere Lösungen von Seiten der Politik und Verwaltung.

Weitere spannende Einblicke in das Thema Alter und Pflege in Köln erhalten Sie in unserer aktuellen Ausgabe 01_25 der Caritas Konkret.

Wenn ein Thema sich seinen eigenen Platz sucht…

(oder warum es eigentlich länger dauert, seinen Aufenthaltstitel zu verlängern, als einen Parkausweis zu erhalten)

von Svenja Mattes (Leistungsbereichsleitung Integration & Beratung der Caritas Köln)

Angelika Wuttke (AK Politik der Willkommensinitiativen), Annette de Fallois (Diakonie Köln), Tim Westerholt (Caritas Köln), Christina Boeck (Stadt Köln), Claus-Ulrich Prölß (Kölner Flüchtlingsrat e.V), Anke Bruns (Moderation) und Gülistan Çaçan (Vingster Treff) (v.l.) bei der Kölner Fachtagung Flucht.

Am 14. Mai 2025 fand in Köln die 23. Regionale Fachtagung Flucht unter dem Titel „Der Anfang vom Ende? Aktuelle Rahmenbedingungen der Fluchtpolitik in Deutschland“ statt. Die Veranstaltung wird traditionell vom Kölner Flüchtlingsrat e.V., der Diakonie und dem Caritasverband für die Stadt Köln e.V. in Kooperation mit dem Ausländeramt Köln organisiert. Sie richtet sich an Fachkräfte aus Trägerorganisationen und Verwaltung, aber auch Ehrenamt und Politik sind vertreten.

Fachtagung Flucht 2025 in Köln

Zwar stand die Tagung inhaltlich ganz im Zeichen der aktuellen politischen Entwicklungen im Kontext Flucht und Asyl, doch wurde bei einer Podiumsdiskussion, die eigentlich unter dem Titel „Wohin steuert Köln?“ geführt wurde, durch zahlreiche Publikumsfragen deutlich: Nicht der Blick in die Zukunft bestimmt die Diskussion, sondern nach wie vor sind es die Erreichbarkeit und die Bearbeitungszeiten der Ausländerbehörde selbst, die das zentrale Thema für Beratungseinrichtungen und Betroffene darstellen.

Seit Jahren ist bekannt, dass der eingeschränkte Zugang zum Ausländeramt Köln sowie die mangelnde Erreichbarkeit der Behörde erhebliche Probleme verursachen. In unseren Beratungen berichten Menschen noch immer nahezu täglich, dass sie weder telefonisch noch per E-Mail Kontakt zu ihren Sachbearbeiter*innen aufnehmen können. Besonders gravierend wird dies, wenn es um die Verlängerung von Aufenthaltspapieren geht. Ein gültiges Ausweisdokument ist Voraussetzung für Erwerbstätigkeit, Ausbildung und soziale Teilhabe. Wird ein Aufenthaltstitel nicht rechtzeitig verlängert, drohen der Verlust des Arbeitsplatzes, der Ausbildungsstelle oder die Einstellung von staatlichen Unterstützungsleistungen.

Ausländerbehörden in Köln: große Unterschiede zwischen Bezirken

Das Führungspersonal der Ausländerbehörde stellt sich regelmäßig der Diskussion in Runden Tischen, Verwaltungsgremien und weiteren Runden. Dies verdeutlichen etwa der Prozess zur „Öffnung zur Willkommensbehörde“, die jüngste Antwort der Verwaltung auf eine Ratsanfrage, sowie die Tatsache, dass Ausländeramt und Träger jährlich eine gemeinsame Fachtagung durchführen. Zur Wahrheit gehört auch, dass mittlerweile zwischen den Kölner Bezirken große Unterschiede bestehen. Während der Zugang in den linksrheinischen Bezirken inzwischen besser funktioniert, bestehen insbesondere in den Stadtteilen Kalk und Mülheim weiterhin erhebliche Schwierigkeiten. Und ja, natürlich ist dies kein Kölner Problem, sondern ein deutschlandweites – was es umso dramatischer macht.

Es geht hier also keinesfalls um personenbezogene Kritik. Es geht darum, dass es trotz mancher Fortschritte und großer Gesprächsbereitschaft nach wie vor wichtig ist, den Finger in die Wunde zu legen und echte Verbesserungen für die Kölner Bevölkerung zu erreichen.

Betroffene warten monatelang auf Einbürgerungsverfahren

Denn zur Wahrheit gehört leider auch, dass die hier benannte große Ansprechbarkeit der Führungsspitze für einen großen Teil der Kölner Beratungslandschaft keinen (unmittelbaren) Effekt hat – was Ohnmachtsgefühle und Wut bei Berater*innen und vor allem bei betroffenen Kölner*innen erzeugt. Vielleicht haben wir uns alle gemeinsam zu sehr an einen unerträglichen Dauerzustand gewöhnt – daran, dass die Wartezeiten für Menschen, die in ihr Herkunftsland zurückkehren möchten, um ein Vielfaches kürzer sind, als die Wartezeiten für Menschen, die sich einbürgern lassen wollen. Und leider auch daran, dass wir scheinbar unterschiedliche Maßstäbe anwenden, wenn es um die rechtzeitige Verwirklichung von Rechtsansprüchen geht: Man stelle sich den öffentlichen Aufschrei vor, wenn die Verwaltung offiziell mitteilen würde, dass die Wartezeit zum Erhalt der Antragspapiere für einen Anwohnerparkausweis 12 Monate und die daran anschließende Bearbeitungszeit weitere zwei Jahre beträgt – beides gilt aktuell in Köln für das Einbürgerungsverfahren.

Von behördlicher Seite wird seit Jahren auf den Personalmangel und die in den letzten Jahren teils ad hoc vom Bund zugeteilten Aufgaben verwiesen. Beides ist zutreffend und dennoch bleibt es aus Sicht der Kölner*innen, die auf die Dienstleistungen der Ausländerbehörde angewiesen sind, unverständlich, dass dieser Zustand als dauerhafte Entschuldigung herhalten muss.

Wirksame Ansätze zur Sicherung der Lebensgrundlage

Der vom Ausländeramt Köln eingeschlagene Weg ist gut, es braucht darüber hinaus aber zeitnah wirksame Ansätze, um die existenziellen Lebensgrundlagen von Kölner*innen zu sichern. Mögliche Maßnahmen zur Verbesserung könnten sein:

  • Rechtssichere Kommunikation mit Arbeitgebenden vonseiten der Behörde, um rechtsverbindlich zu bestätigen, dass ein Aufenthaltstitel weiterhin gültig ist.
  • Aktuelle und mehrsprachige Informationen auf der Website der Ausländerbehörde zur Erreichbarkeit und zum Ablauf von Verfahren.
  • Digitalisierung von Anträgen, insbesondere zur Verlängerung von Aufenthaltstiteln. Dabei muss Rechtssicherheit gewährleistet sein, etwa durch Bestätigungsmails, zeitnahe Rückmeldungen auf Online-Formulareingaben und transparente Informationen zum Bearbeitungsstand sowie zur Verfügbarkeit neuer Dokumente.

Die Zusammenarbeit mit der Kölner Ausländerbehörde gestaltet sich heute konstruktiver als noch vor einigen Jahren – dafür sind wir als Beratungseinrichtungen dankbar. Dennoch bleibt das zentrale Anliegen: Der Zugang zur Behörde und deren Erreichbarkeit müssen sich besonders in Zeiten, in denen der politische Diskurs verstärkt auf Abschiebung und Restriktion verschoben wird, dringend und spürbar verbessern – insbesondere für die Betroffenen.

Eigenes Business in Deutschland: So klappt’s

Siebenteilige Schulung in Köln-Ehrenfeld für Menschen aus der Ukraine auf dem Weg in die Selbständigkeit

Ein Bericht von Isabel Heinrichs, Integrationsbeauftragte Aktion Neue Nachbarn und Andrea Lauer, Bildungswerk Köln

Die Selbstverständlichkeit von Selbständigkeit ist bei vielen Geflüchteten in ihren
Heimatländern und in der eigenen Persönlichkeit Realität. Angekommen in Deutschland
stößt diese Selbstverständlichkeit häufig jedoch auf Hürden: Steuer, Versicherungen,
Gewerbeanmeldung, Bürokratie – die richtigen Schritte in die Selbständigkeit in Deutschland
wollen gut bedacht sein, sonst kann der Traum zur Selbstverwirklichung im Beruf schnell
zum Alptraum werden.

Damit der Businessplan Hand und Fuß hat und die Energie zur Selbständigkeit nicht in der
Schuldenfalle endet, wurde das Pilotprojekt „Eigenes Business in Deutschland“ als Schulung
für Ukrainer:innen entwickelt. Hierfür haben sich Kolleginnen des Katholischen
Bildungswerkes, der Aktion Neue Nachbarn und des Caritasverbandes der Stadt Köln e.V.
als Zusammenschluss „Engagiert für Geflüchtete in Köln“ mit Ehrenamtlichen und der
Engagementförderin aus dem Seelsorgebereich Ehrenfeld/Bickendorf/Ossendorf
zusammengetan. Insbesondere die ehrenamtlich Aktive und selbst erst im Jahr 2022 aus der
Ukraine geflüchtete Vlada Trukhon hatte großen und besonderen Anteil am Gelingen der
Schulung. Sie hatte sich selbst bereits als Fotografin in Köln selbständig gemacht und trug
mithilfe ihrer Erfahrungen, muttersprachlichen Kenntnisse und enormen Engagement für die
Zielgruppe maßgeblich zum Erfolg bei.

Die Schulung fand von Januar bis Februar 2025 in Köln-Ehrenfeld statt und fand sehr großen
Anklang bei den Teilnehmenden.
Regelmäßig haben 28 Personen an der Schulung teilgenommen. Die Teilnehmenden lobten
im Nachgang die Veranstaltung sowie die „gute Organisation und freundliche Stimmung“.
Viel Engagement und Expertise sind hier zusammengeflossen: Im Rahmen der Schulung
erhielten Geflüchtete aus der Ukraine in sieben aufeinanderfolgenden Terminen
Informationen über Rechts- und Steuerfragen und viel Wissenswertes im Zusammenhang
mit der Selbständigkeit in Deutschland. Die Beratung zu und Entwicklung eines konkreten
Selbständigkeitsvorhabens wurden von erfahrenen Berater*innen der Industrie- und
Handelskammer, der Handwerkskammer, des Jobcenters, der Schuldnerberatung sowie aus
den Bereichen Steuern und Versicherung begleitet. Die Teilnehmenden lobten die
Referent:innen und vor allem, dass „sehr ehrlich und informativ“ referiert wurde.
Das Feedback einer Teilnehmerin bringt es auf den Punkt: „Für die zahlreichen hilfreichen
Kontakte zu Beratern aus den unterschiedlichsten Bereichen bin ich sehr dankbar. Ich bin
auch dankbar für die allgemeinen Informationen zum Thema Geschäfte in Deutschland und
für die Hinweise, wo und bei wem ich die erforderlichen weiteren Informationen einholen
kann.“

Die Veranstaltungen wurden von Übersetzer:innen Deutsch/Ukrainisch sowie
Gebärdendolmetscher:innen begleitet, da auch neun gehörlose Teilnehmer:innen dabei
waren.

Die hier gewonnenen Erfahrungen sollen dazu dienen, das Projekt für die Zukunft und für
weitere Zielgruppen bzw. andere Communities in Köln weiterzuentwickeln. Eine
Zusatzveranstaltung zum Austausch und zur Vertiefung von Erkenntnissen für die
Ukrainer:innen in Ehrenfeld wird bereits für September 2025 geplant. Damit wurde direkt auf
die Wünsche der Teilnehmenden reagiert: „Ich will mehr wissen über die Situation, wenn ich
in Teilzeit arbeite und gleichzeitig selbständig bin. Wie funktioniert das?“ und „Wie kann ich
für mein Unternehmen werben? Ist es zum Beispiel möglich, rauszugehen und Werbung zu
verteilen? Braucht man dafür eine Erlaubnis oder nicht?“