Maria Hanisch, leitet im Geschäftsfeld Alter und Pflege die Stabsstelle Ethik, Seelsorge und gesundheitliche Versorgungsplanung
Wir feiern in diesen Tagen 30 Jahre Ambulante Pflege im Caritasverband für die Stadt Köln.
30 Jahre, in denen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Caritasverband und viele engagierte Begleiter des Verbandes sich mit großem Fachwissen unter Einsatz aller Kräfte des Leibes und der Seele für das Wohlbefinden kranker und pflegebedürftiger Menschen eingesetzt haben. Ihnen gilt vor allen Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit, sie haben mit ihrem Einsatz erst eine 30-jährige Geschichte der ambulanten Pflege möglich gemacht. Sie haben etwas aufleuchten lassen von der Liebe und Güte Gottes, die allen Menschen zuteil werden soll.
30 Jahre Ambulante Pflege,- ein guter Grund auch einmal inne zu halten und zu schauen, wo wir denn heute stehen und wo es hingehen soll. Werden wir den großen Aussagen nach „ambulant vor stationär“ oder dem Wunsch vieler unsere Kunden nach einem selbstbestimmten Leben in den eigenen vier Wänden – und das bis zum Ende ihres Lebens – denn gerecht?
Ambulant vor stationär ist heute immer noch leicht gesagt. Immer noch gibt es heute Strukturen, die ambulante Versorgung von Menschen hindert, behindert und erschwert: Die Kassen zwingen die Pflegedienste in ein System von minutiös abzurechnenden Leistungen, die Vergütung der Kassen sind so niedrig, dass es eine echte Herausforderung darstellt, die Versorgung der Menschen angemessen zu organisieren.
In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Reformvorschläge zur Verbesserung der ambulanten pflegerischen Versorgung gegeben. Es ist aber ein Unding, dass die bundesweit 230.000 Beschäftigten in 11.500 ambulanten Pflegediensten keine explizite Rolle bei der Erarbeitung der Vorschläge gespielt haben. Auch die Gesetzesänderung, die am 1. Januar 2013 in Kraft tritt, macht hier keine Ausnahme. Es soll die ambulante Versorgung der Menschen stärken, stellt jedoch unter dem Deckmantel der Wahlfreiheit die ganze bisherige Struktur auf den Kopf, und wieder befinden sich die Dienste in einer Umstrukturierung und werden Kräfte gebunden, um ihre Existenz zu sichern.
Um auf die eingangs gestellte Frage zurückzukommen: Aus meiner Sicht ist die Forderung von „ambulant vor stationär“ und die optimale Realisierung des Wunsches von pflegebedürftigen Menschen nach einer Versorgung zuhause noch nicht erfüllt. Dazu bedarf es noch viel mehr Anstrengungen und zwar aller Akteure.
Die Politik hat den Wettbewerbsmarkt der Pflege geschaffen, um den Preis niedrig zu halten und damit den Wert und das Ansehen der Ambulanten Pflege gesenkt. Doch der Preis, den Pflegebedürftige und Pflegende dafür zahlen, ist hoch.
Welche Auswege gibt es? Es muss zunächst geklärt werden, was uns als alternde Gesellschaft eine würdevolle Pflege und faire Arbeitsbedingungen in der Pflege wert sind? Individuell, aber besonders uns als Gesellschaft. Welche Priorität hat das in einem Land, in dem ja auch Banken gerettet werden? Wir müssen mit allen unseren Beschäftigten, und dies auch gemeinsam mit allen Wohlfahrtsverbänden, für eine bessere Sozialpolitik kämpfen!