Erklärung zu den massiven Kürzungen in der Integrationsarbeit im Bundeshaushalt 2024

Mit den von der Bundesregierung vorgesehenen Kürzungen werden Armut, soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Konflikte auch in Köln weiter zunehmen. Der Runde Tisch für Integration lehnt dies entschieden ab. Die Wahrung der Schuldenbremse darf nicht auf Kosten des sozialen Friedens in unserer Stadt umgesetzt werden. Tim Westerholt, Leitung Leistungsbereich Integration und Beratung vertritt die Caritas Köln im “Kölner Runden Tisch für Integration e.V.”.

Zur Wahrung der sogenannten „schwarzen Null“ vollziehen sich aktuell drastische Kürzungen, bis hin zu Streichungen von teils jahrzehntelang bestehenden Programmen der Förderung und Unterstützung neu eingewanderter Menschen, die auch dramatische Folgen für die Integrationsarbeit der Stadt Köln haben. Der Kölner Runde Tisch für Integration lehnt die von der Bundesregierung bereits für 2024 vorgesehenen drastischen Kürzungen entschieden ab und bittet Sie, sich diesbezüglich als Oberbürgermeisterin einer der größten deutschen Metropolen im Städtetag sowie gegenüber der Bundesregierung gegen die Kürzungen einzusetzen.

Vollständig gestrichen werden sollen die Bildungsberatung und Förderung (und damit Hilfen zur Fachkräftegewinnung) ausländischer Studierender durch den Garantiefond Hochschule. Auch das Programm Respekt Coaches zur Rassismus- und Extremismusprävention an bundesweit über 270 Schulen soll gestrichen werden. Der Abbau demokratiefördernder Strukturen und Programme durch die Bundesregierung erscheint dabei gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Umfrageergebnisse rechtsextremer Parteien mehr als fragwürdig.

Von Kürzungen zwischen 30 und 60 Prozent ist auch die aktive Integrationsarbeit der Beratungs-programme des Jugendmigrationsdienstes (JMD), der Migrationsberatung für Erwachsene Zuwandernde (MBE), die gerade erst von der Bundesregierung aufgebaute bundesweite, behör-denunabhängige Asylverfahrensberatung (AVB), sowie das Bundesprogramm der Psychosozialen Zentren (PSZ), durch welches traumatisierte Geflüchtete eine therapeutische Unterstützung erhalten, betroffen. Weitere negative Auswirkungen sind durch die drastische Kürzung der Freiwilligendienste, sowie die Unterstützung unter 25-jähriger Bürgergeldbezieher*innen, insbesondere durch eine Reduzierung des entsprechenden Eingliederungstitels im SGB II zu befürchten.

Dies alles steht im krassen Gegensatz zur Absicht der Bundesregierung, Armut und soziale Ausgren-zung zu bekämpfen, sowie Integration und Fachkräftegewinnung zu fördern! Die vorgesehenen Kürzungen haben deutliche Einschränkungen zur Folge. Sie gefährden die qualitative Unterstützung von eingewanderten Menschen, die Begleitung und Stabilisierung ihrer sprachlichen Förderung, die Information über hiesige politische und behördliche Strukturen, die gute Vorbereitung auf die Annahme und den erfolgreichen Abschluss von Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgekosten dieses Sozialabbaus werden die beabsichtigten Einsparungen um ein Vielfaches übersteigen – auch in Köln.

Konkret sind durch die im Raum stehenden Kürzungen in Köln ca. 13 VZ-Beratungsfachkräfte betroffen.

Rechnen wir die durchschnittlichen Beratungszahlen einer Fachkraft aufs Jahr hoch, so stehen ab 2024 rund 15.000 Einzelberatung auf dem Spiel, die anderweitig aufgefangen werden müssten. Hinzu kommen die gestrichenen „Empowerment-orientierten“ Angebote der politischen Bildungsarbeit, von denen in den letzten vier Jahren über 2.000 Schüler*innen profitieren konnten.

Tim Westerholt, Leitung Leistungsbereich Integration und Beratung vertritt die Caritas Köln im Kölner Runden Tisch für Integration e.V.. Der Kölner Runde Tisch für Integration wurde 1991 gegründet. Hier kommen Menschen mit und ohne deutschen Pass, vor allem aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Verbänden und Initiativen zusammen, die sich um ein gutes Zusammenleben zwischen Kölnerinnen und Kölnern – einheimischen und eingewanderten – bemühen. Der Verein engagiert sich für eine solidarische und sozial gerechte Stadt, für das Recht auf Asyl und die Konvention zum Schutz von Flüchtlingen. 

 

Baustelle Kita

 

Als Fachmesse und Weiterbildungsveranstaltung in einem findet die didacta jährlich abwechselnd in Köln, Stuttgart oder Hannover statt. Natürlich konnten wir uns diese größte Messe für Bildung, Lehre und Wissenschaft die vom 19. – 23.02.2019 in Köln stattfand nicht entgehen lassen. Zwar dominierten die Themen Schulen und Hochschulen, aber unser Schwerpunkt war die Bildungsarbeit in den Kitas. So waren einige Kolleg*innen aus den Bilingualen Kitas in der Veranstaltung „Gelebte Mehrsprachigkeit“. Meine Motivation, den Aktionstag „Baustelle Kita – der Seiltanz geht weiter“ zu besuchen, bestand darin mehr zu erfahren über „Das-Gute-Kita-Gesetz“, dass seit dem 01.01.2019 in Kraft getreten ist.

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Sozialarbeiter*innen des Herzens

Mit Terminen ist das mitunter so eine Sache. Zu manchen will man nicht. Zu manchen muss man. Zu anderen würde man gern. Wieder andere scheinen einfach nicht in den Kalender zu passen. Und dann gibt es da Termine, die sind ein echter Gewinn. Die lassen einem einfach nur das Herz aufgehen. Die sind echte Highlights. Einen solchen Termin hatte ich in dieser Woche, auch wenn der Anlass an sich recht spröde und simpel mit dem Begriff „Zertifikatsübergabe“ in meinem Kalender überschrieben war.

Tatsächlich ging es auch um eine Zertifikatsübergabe. Die vierte seit Bestehen des Projektes zur Qualifizierung von Stadtteilmüttern und -vätern im Caritasverband Köln. Ein Projekt, das seit 2009 in Meschenich beheimatet ist, in der Vergangenheit sich immer wieder neuen Anforderungen und geänderten Begebenheiten angepasst hat und unter Schirmherrschaft des Bezirksbürgermeisters für den Kölner Süden steht.

Warum war das ein toller Termin? Weil sich wunderbare, selbstbewusste und stolze Frauen präsentiert haben, die aus unterschiedlichen Ländern wie Irak und Ägypten kommen. Weiterlesen

Wenn die Vorbilder versagen – Wie orientieren wir unsere Kinder und Jugendlichen?

Mutter sitzt mit Kind im Arm auf dem Boden und sie schauen sich gemeinsam eine Landkarte anAls Eltern und Erziehende haben wir die Aufgabe, die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen auf ihrem Weg in diese Welt zu orientieren. Sie sollen wissen, „wo es lang geht“ zu einem selbstbestimmten sinnerfüllten Leben. In unserer täglichen Arbeit als Erziehungs-, Familien- und Jugendberater_innen unterstützen wir die Sorgeberechtigten und die Heranwachsenden in diesem Suchprozess. Zunehmend wird mir in diesen Zeiten unklar, wie dies geschehen soll. Wie sollen wir Wahrhaftigkeit überzeugend als hohen Wert vermitteln, wenn Führende in Politik und Wirtschaft lügen, ohne dass sich die Balken biegen? Wie sollen wir Mitgefühl und Solidarität hoch halten, wenn Prominente und Medienstars, also die, die sich Kinder und Jugendliche oft zum Vorbild nehmen und mit großer Leidenschaft nachzuahmen versuchen, hauptsächlich ihr eigenes Wohlergehen im Blick haben und schamlos das von ihren Fans erbeutete Geld in verschwiegene Paradiese verschieben? Wie sollen wir glaubwürdig die Notwendigkeit achtsamen Hinschauens und besonnenen Urteilens vermitteln, wenn in der digitalen Welt (vielleicht manchmal auch von uns?) gnadenlos verallgemeinert und der Andersdenkende verächtlich gemacht wird?

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Kinderwunsch – Wunschkind: Ökumenische Woche für das Leben

In der diesjährigen „Woche für das Leben“ stellen die evangelische und die katholische Kirche verschiedene Veranstaltungen und Publikationen unter das Schwerpunktthema „Pränataldiagnostik“.

Als Mutter („Risikoschwangere“ mit 38 und 41 Jahren), als jemand mit 26 Jahren Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen, als Christ und einfach als Mensch, bewegt mich dieses Thema immer wieder. Ich kenne die Diskussionen um die Vorteile des medizinischen Fortschritts, um die Vermeidung von Leid, wenn Kinder mit Behinderungen ein „unwürdiges“ Leben erspart bleibt, um die Notwendigkeit, in dieser Gesellschaft leistungsfähig sein zu müssen und mithalten zu können.

Was mich dabei immer wieder am meisten erschüttert ist neben dem dahinterstehenden Menschenbild, dem fehlenden Zutrauen in das Leben und der Gleichsetzung von Behinderung mit Leid, dass Mütter und Familien sich so alleine gelassen fühlen, Beratung nie den Blick auf Chancen und Machbares und auf Entwicklung lenkt, sondern nur auf das was nicht geht, was zur Last wird und dass eigentlich alles immer nur noch schlimmer wird.

Schwanger sein als Zustand „guter Hoffnung“ wird immer mehr abgelöst vom einem Hochrisikozustand in andauernder Alarmbereitschaft.

Gleichzeitig wird die Debatte aus meiner Sicht zunehmend scheinheilig und teilweise absurd geführt: 9 von 10 Kindern mit der Diagnose Down Syndrom werden abgetrieben, ohne dass Eltern und Verantwortliche überhaupt wissen, wie die Behinderung tatsächlich ausgeprägt sein wird. Gleichzeitig werden in hochspezialisierten Kliniken Frühgeborene mit 600 Gramm Geburtsgewicht und der Gewissheit auf schwere Behinderung mit allen medizinischen Möglichkeiten am Leben gehalten.

Mit der UN-Behindertenrechtskonvention und dem neuen Bundesteilhabegesetz werden die Rechte von Menschen mit Behinderung gestärkt, ihr Wert für die Gesellschaft und ihre Gleichberechtigung an jeder Stelle betont und Inklusion als höchstes Gut und gesellschaftliches Muss propagiert.

Ist Leben somit erst nach der Geburt schützenswert?

Ist die Behinderung im Mutterleib der Garant für Leid und nach der Geburt der Mensch mit Behinderung eine Bereicherung für das Zusammenleben aller?

Wenn man sich jetzt noch darüber klar wird, dass 96 Prozent der Behinderungen erst im Laufe des Lebens erworben werden (vgl. Statistisches Bundesamt), wird die Frage noch viel schmerzhafter: Dann betrifft die Frage nach lebenswertem Leben nämlich nicht mehr nur die ungeborenen Kinder, sondern jeden von uns!

Es gibt kein Recht auf Gesundheit, auf Glück oder auf ein erfolgreiches Leben, aber eben auch kein Recht, eine solche Entscheidung für andere zu treffen.

Pränataldiagnostik kann helfen, dass bei bestimmten Diagnosen frühzeitige Therapien begonnen werden können, Ärzte und Eltern für die Geburt bestimmte Vorkehrungen treffen können und Eltern sich auf ihr besonders Kind vorbereiten können. Dazu bedarf es qualifizierter und lebensbejahender Beratung und keiner immer früher, einfacher und schneller einzusetzender Selektionsinstrumente.

Ich glaube nämlich ganz fest, dass jeder/jede so gewollt ist und dass es richtig ist, sich mit aller Kraft für die gleichberechtigte Teilhabe aller einzusetzen…

Und das nicht erst nach der Geburt!

Infos zur Themenwoche vom 14.-21.04.2018, zu Materialien und Veranstaltungen finden Sie hier:

Ein Gastbeitrag von Susanne Steltzer, Leitung Leistungsbereich Wohnen und Leben

Wer darf und wer darf nicht? Das ist hier die Frage.

Bei kaum einem Thema schienen in den letzten Tagen, Wochen und Monaten die Verhandlungspartner(innen) weiter auseinanderzuliegen und die parteipolitischen bis ideologischen Gräben unüberbrückbarer zu sein als beim Thema Flüchtlinge und Familiennachzug. Und dann ging es doch auf einmal ganz schnell. Quasi über Nacht kam die Einigung. Den Gesichtern auf beiden Seiten sah man die Erleichterung an, wenigstens schon mal einen der gordischen Koalitionsknoten zerschnitten zu haben. Ja, denn am Ende wurde auch dieser wie schon sein historischer Vorgänger nicht entwirrt, sondern in einem Kraftakt mit einem Schwerthieb zerschnitten: ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Bedenken der Konsequenzen, ohne Blick darauf, was dies für menschliche Schicksale bedeutet.

An dieser Stelle Galileo Galilei zu zitieren mit dem triumphierenden bis stoisch beharrenden und ihm zugeschriebenen Ausruf „Und sie bewegt sich doch!“ wäre zu viel gesagt. Für die Verhandlungsführer(innen), deren parteiliches und persönliches Schicksal mit dem erfolgreichen (Nach-)Verhandeln bei den Koalitionsgesprächen und der mahnenden bis selbstauferlegten Verpflichtung Neuwahlen zu vermeiden, um noch Schlimmeres zu verhindern, mag mit Sicherheit eine große Last von den Schultern gefallen sein. Gut, offen bleibt, was die nach wie vor im freien Fall befindliche SPD, mehr noch ihre Basis, dazu sagen wird. Und ja, ein Kompromiss kennt immer zwei Sieger und lässt in diesem Fall allen drei Parteien (CDU, CSU und SPD) das Gesicht wahren. Geschenkt. Am Ende bleibt es aber das, was es ist: Ein Minimal-Schmalkonsens, den der Bundestag durch seine zwischenzeitliche Beschlussfassung legitimiert hat.

Und es gibt sie doch, die Verlierer. Weiterlesen

Wann gibt es endlich einen Durchbruch in der Diskussion um Familienzusammenführung?

Heute ist wieder eine Anhörung im Bundestag zum Thema Familienzusammenführung. Bei den Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD ist eine dringend notwendige Nachbesserung der Vereinbarungen aus den Sondierungsgesprächen noch nicht in Sicht.

Zwei Jahre wurde der Familiennachzug bereits für geflüchtete Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus bis März 2018 ausgesetzt. Das betrifft vor allem Menschen aus Syrien, deren Rückkehr allerdings bei der derzeitigen politischen Situation des Landes noch nicht absehbar ist. Die Diskussion um Neuregelung oder Abschaffung des Familiennachzugs verunsichert die betroffenen Flüchtlinge zutiefst. Sie hofften darauf, dass die Trennung und Sorge um ihre Familienangehörigen jetzt nach zwei Jahren ein Ende hat. Ständig um die Angehörigen bangen zu müssen, hemmt die Integrationsanstrengungen. Es ist kaum möglich, sich in einer solchen Situation auf eine neue Sprache und Kultur konzentrieren zu können.

Caritas-Präsident Neher appelliert daher heute erneut an die Politik, humanitär zu entscheiden:  „Die Menschen haben sich auf das Ende der zweijährigen Aussetzung des Familiennachzugs verlassen. Jetzt sollen sie noch länger ausharren müssen oder ihre Familienangehörigen gar nicht nachholen können. Neben hohen psychischen Belastungen für die Betroffenen wirft dieses Vorgehen auch erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf”, macht Neher deutlich. Weiterlesen

Ungerechtes Ehegattensplitting: Eine Ursache für Altersarmut?

Mit heutigen Familienmodellen hat das 1958 eingeführte Ehegattensplitting nichts mehr zu tun, legte es doch  bei Einführung eine Alleinverdiener- und Hausfrauenehe oder ein großes Gefälle im Verdienst der Ehepartner_innen zugrunde. Statt eines altertümlichen Steuersystems wäre doch eine noch viel konsequentere Förderung von Vereinbarkeit von Familie und Beruf zeitgemäß. 
Das Modell des Ehegattensplitting will Ehen gegenüber unverheirateten Paaren oder Alleinstehenden steuerlich begünstigen. Beide Einkommen werden zusammengezählt, halbiert und damit insgesamt geringer besteuert. Unverheiratete Paare sowie Alleinerziehende werden durch diese Regelung steuerlich benachteiligt.

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Vater + Mutter + Kind = Familie? Für eine neue Familienpolitik.

In den zahlreichen Gesprächen der Parteien und den Berichten der Medien über die Bildung einer neuen Bundesregierung spielte immer auch das Thema „Familie“ eine große Rolle: Wird das Kindergeld erhöht? Wie kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden? Was passiert mit den Kindertageseinrichtungen und Schulen in Deutschland? All das sind Fragen, die in den Forderungskatalogen der Parteien auf ganz unterschiedliche Weise aufgeworfen und beantwortet werden.

Doch was heißt eigentlich „Familie“? Spannend zu beobachten ist, dass die klassischen politischen Initiativen in den meisten Fällen davon ausgehen, dass die Familie aus drei Teilen besteht: Dem Vater, der Mutter und dem bzw. den Kind(ern). Auch die meisten so genannten familienpolitischen Maßnahmen werden in diesem Zusammenhang gefasst. Dabei wandelt sich die Familie genauso, wie sich die Gesellschaft wandelt: Mittlerweile gibt es ganz unterschiedliche „Lebensformen“, die aber, wenn man die Menschen befragt, alle unter dem Begriff der Familie genannt werden: Weiterlesen