People ON THE MOVE

Unser Kollege Uli Thomas arbeitet als Integrationsbeauftragter der “Aktion Neue Nachbarn”. In seinem Blog-Beitrag nimmt er uns mit zu der Ausstellung ON THE MOVE … 

Köln-Braunsfeld, Oskar-Jäger-Str/Ecke Gürtel. Ein ehemaliges Autohaus. Links geht es im Moment zur Banksy-Ausstellung. Geradeaus über den Parkplatz in den ehemaligen Verkaufsraum zur Ausstellung ON THE MOVE, im Rahmen des Sommerblutfestival 2024.

Beides ist Kunst, beides gesellschaftskritisch, beides sehenswert.

Bei ON THE MOVE ist Vernissage und viele Menschen sind gekommen.
Frei im Raum stehen große Metallgestelle, in welchen die Fotografien menschengroß auf Fahnenstoff gedruckt sind. In ehemaligen Büros im Hintergrund gibt es Audio- und Videoinstallationen.
Die großen Bilder beeindrucken – sie zeigen vor allem Menschen. Menschen, die dafür kämpfen zu leben und wie Menschen behandelt zu werden und für deren Würde kaum einer kämpft.

Die drei Fotografen der Ausstellung waren bei diesen Menschen.

Girogio Morra und János Buck sind mit Freunden in den Balkan gefahren, als sie gehört haben, was dort passiert. Wie schlimm Flüchtende behandelt werden, gedemütigt und über die Grenzen wieder aus der EU gepusht, oft ohne Schuhe und ohne Smartphone. In den ersten Jahren noch heimlich in der Nacht, mittlerweile offen und tagsüber. Man die Pushbacks sogar problemlos fotografieren, erzählen sie – illegale Pushbacks sind heute so normal, dass es (fast) niemanden in Europa mehr stört.

Abdul Saboor war auch dort, aber er kam aus Afghanistan. Selber auf der Flucht. Eine Engagierte bat ihn mit ihrer Kamera ein paar Fotos zu machen. Er hatte zum ersten Mal eine Kamera in der Hand. Die Fotos waren sehr gut. Die Frau überlässt ihm die Kamera mit den Worten: „Behalte sie so lange bis ich das nächste Mal wieder komme“. Abdul gibt die Kamera zurück „Ich hoffe, dass ich dann nicht mehr da bin …“
Er darf die Kamera trotzdem behalten. So wurde er zum Fotografen, arbeitet heute in Paris für Reuters als Pressefotograf und Journalist. Auch Abdul kam wieder zurück, machte Fotos, dokumentierte das Elend und versuchte zu helfen, zeigte Menschlichkeit.

Die Fotografen Giorgio Morra, Abdul Saboor und János Buck

Die drei Fotografen kennen sich gut und erzählen auf der Vernissage, warum sie als Aktivisten und Fotografen tätig sind: Es geht hier um Menschen – das Unrecht muss sichtbar gemacht werden – wir wollen, dass sich mehr Menschen in Europa für diese Menschen ON THE MOVE einsetzen …

Ebenfalls Engagierte der Balkanbrücke und vom Kölner Spendenkonvoi erzählen von ihrer Motivation und ihren Eindrücken.
Neben den Bildern hängen Exemplare der Broschüre `8 Jahre nach dem „MARCH OF HOPE“ – Geschichten von und Perspektiven auf der `Balkanroute´
Geschichten und Perspektiven die berühren, ebenso wie die Bilder, Videos und O-Töne der Ausstellung.

Die Ausstellung geht noch bis zum 19. Mai. Ich kann sie nur empfehlen.

Uli Thomas | Aktion Neue Nachbarn/Köln

 

 

Öffnungszeiten:

Mittwoch bis Freitag 16:00 – 20:00 Uhr
Samstag bis Sonntag und Feiertage 13:00 – 20:00 Uhr

Alle Infos zur Ausstellung gibt es hier

 

Links:

ON THE MOVE – Trailer (youtube.com)

Balkanbrücke (balkanbruecke.org)

Über uns – Kölner Spendenkonvoi (koelner-spendenkonvoi.de)

 

Fotograf: Nathan Dreessen

 

Für eine humane Aufnahme- und Integrationspolitik in Köln

Wir schaffen das (immer noch)!

Soziales Engagement und sich stark machen für soziale Gerechtigkeit in unserer Stadt, das ist die DNA der Caritas Köln und das bedeutet auch die Kommunalpolitik aktiv mitzugestalten.  Vorstandssprecher Peter Krücker sitzt deshalb schon lange am “Runde Tisch für Flüchtlingsfragen”, dieses Gremium hat jüngst ein Positionspapier zur Integrationspolitik herausgeben.

Seit 20 Jahren setzt sich der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen für eine menschengerechte kommunale Integrationspolitik – gerade auch in schwierigen Zeiten ein. Unser Ziel ist bis heute ein gemeinsamer Konsens einer humanen Aufnahme- und Integrationspolitik in Verwaltung, Politik und der Kölner Bürger*innenschaft. Dies hat sich bewährt, so etwa 2015/2016, als über 15.000 Geflüchtete mit großer Empathie in Köln willkommen geheißen, sowie zuletzt 2022, als mehr als 13.000 Geflüchtete u.a. aus der Ukraine in Köln aufgenommen wurden.

Aktuell diskutieren Rechtsextremisten einen „Masterplan zur Re-Emigration“ von Millionen von Menschen aus Deutschland. Diese Pläne beschränken sich nicht auf Migrant*innen und Geflüchtete, sondern beziehen sich auch auf Menschen, die Geflüchteten helfen.

Es ist richtig und gut, dass sich dagegen breiter Protest zu Wort meldet. Aber es darf nicht bei diesen Demonstrationen bleiben. Unsere Diskussionen und unsere Politik müssen sich ändern. Die Rechte aller Menschen müssen wieder geachtet und geschützt werden. Dazu rufen wir auf!

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Stadt Köln seit vielen Jahrzehnten von ihrem migrationszugewandten Klima profitiert. Daher laden wir alle an einem Konsens interessierten Akteur*innen der Stadtgesellschaft ein, Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung entgegenzuwirken, die vielfältigen positiven Erfahrungen mit Migration laut zu benennen und wieder die wahren Ursachen der Mängel in der kommunalen Infrastruktur zu diskutieren.

Der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen stellt fest: Ängste und Vorbehalte dürfen nicht dazu führen, internationales und humanitäres Recht außer Kraft zu setzen. Trotzdem müssen alle, die für ein humanes Asylrecht streiten, Ängste mit sachlichen Argumenten entkräften, Feindbilder abbauen und soziale Lösungen für gesellschaftliche Probleme aufzeigen, für die Geflüchtete zu Unrecht verantwortlich gemacht werden.

Unsere Forderungen an eine sachliche gesellschaftliche und politische Debatte: Weiterlesen

„Wir brauchen eine konstruktive Asylpolitik, eine Bezahlkarte ist diskriminierend“

Der Caritasverband für die Stadt Köln kritisiert den Beschluss der Bund-Länder-Vertreter*innen vom 31. Januar zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber*innen. Wir haben uns bei den Experten der Caritas Köln umgehört und diese Stimmen eingefangen:

Peter Krücker, Vorstandssprecher:

„Wir lehnen die Bezahlkarte ab. Ein solches Verfahren ist diskriminierend und unterstützt keinen Integrationsprozess. Geflüchtete können so an jeder Supermarktkasse als Asylbewerber*innen identifiziert werden. Das ist unwürdig und schafft kein Vertrauen in unser Land, im Gegenteil: So ist es ein Instrument zur Drangsalierung. Die Etablierung der Karte und die regelmäßige Buchung von Guthaben auf die Karte verdoppeln den bestehenden Verwaltungsaufwand. Zudem ist schon jetzt absehbar, dass mit der Karte nicht überall bezahlt

werden kann. Wie erhalten die bedürftigen Menschen dann die Hilfe, die sie benötigen? Wir brauchen eine konstruktive Asylpolitik, die das Ankommen und die Integration der geflüchteten Menschen erleichtert und ihre Würde erhält.“

Susanne Rabe-Rahman, Leitung Perspektivberatung für Geflüchtete

„Wir werden auf jeden Fall zum Widerspruch gegen eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz inkl. des neuen Modells der „Bezahlkarte“ aufrufen. Wir hatten das in ähnlicher, etwas „altmodischerer“ Form schon mal in Köln – und viele Geflüchtete sind daran gescheitert, weil Geschäfte das Zahlmittel entweder gar nicht oder nicht für alle Waren annahmen.

Außerdem: Wie können Geflüchtete in Zukunft für rechtlichen Beistand sparen, den sie im Hinblick auf unfaire Asylrechtsentscheidungen in Anspruch nehmen wollen?

Und wenn sie 50€ im Monat an die Eltern oder Kinder im Ausland weiterleiten, damit diese nicht verhungern müssen – was ist so schlimm daran?

Wir wollen doch „sparen“ – warum dann die Ungleichbehandlung fördern und die Kosten hierfür immer weiter ansteigen lassen – nicht nur an den EU-Außengrenzen? Und damit soll „Migration“ gesteuert werden? Das erhöht nur die Steuern der Steuerzahlenden.“

Tim Westerholt, Leitung Leitungsbereich Integration und Beratung

„Bezahlkarten sind aus vielen Gründen abzulehnen und ein vergleichbares System ist nicht ohne Grund bereits in den 90er Jahren einmal eingeführt und wieder abgeschafft worden. Neben den erheblichen zusätzlichen finanziellen und organisatorischen Belastungen für die Kommune (und immerhin hat der Bund zügig signalisiert, keinerlei Kosten für die Einführung einer solchen Karte zu übernehmen), sind es vor allem humanitäre Gründe, die zu einer Ablehnung führen.

Eine Bezahlkarte zwingt Schutzsuchende in aller Öffentlichkeit (etwa an der Supermarktkasse, oder die Kinder beim Schulfest), ihren Status kundzutun. Sie verhindert ein selbstverantwortliches Handeln und reduziert hierdurch das Recht auf finanzielle Selbstbestimmung. Die Finanzierung juristischer Unterstützung wird hierdurch erschwert, ebenso wie die oftmals geleistete lebensnotwendige Unterstützung von hinterbliebenen Verwandten im Krisenstaat. Weiterhin führt sie zu peinlichen Situationen, wenn die finanzielle Transaktion nicht klappt, die Karte nicht anerkannt wird und gleichzeitig noch keine Sprachkenntnisse vorhanden sind, die Situation zu erklären. Vorteile sind kaum zu sehen und es verbleibt die Vermutung, dass die Karte lediglich eingeführt wird, um seitens der Bundesregierung zu suggerieren, eine vermeintlich „außer Kontrolle“ geratene Geflüchtetensituation durch mehr Bürokratie kontrollierbar zu machen.“

Jugendbüro Meschenich gerettet!!!

Lange mussten wir Zittern!!!

Im November hieß es: 6 von 12 Kölner Jugendbüros sollen geschlossen werden, u.a. das Jugendbüro der Caritas am Kölnberg – die Verbleibenden in ihrem Angebot gekürzt. Die Maßnahme ‚Kölner Jugendbüros‘ wird im Auftrag des Jobcenters durchgeführt und bildet ein wichtiges Bindeglied zwischen Jugendlichen / jungen Erwachsenen und den händeringend nach Azubis oder Arbeitskräften suchenden Betrieben. Hoffnung brachte die jüngste Haushaltsbereinigungssitzung, Anfang Dezember. Dort wurde beschlossen, dass der Etat doch nicht wie erwartet reduziert werden soll. Die Entscheidung musste aber noch vom Bundesrat bestätigt werden. Jetzt endlich (am 18.12.) kam die erlösende Nachricht, dass alle Kölner Jugendbüros geretten werden können, z.T. mit 70% statt 100% Auslastung. Nach wochenlangem Hin & Her muss sich diese frohe Kunde erstmal bei allen Beteiligten setzen. 

 

Ein Kommentar von Gernot Schroer, Mitarbeiter Jugendbüro Kölnberg

Ausgerechnet in Zeiten des Fachkräftemangels sollte genau diese wichtige Schnittstellenarbeit der unklaren Finanzierungssituation zum Opfer fallen. Unverständlich und nicht nachvollziehbar. Denn: für das Jobcenter rechnet sich die Maßnahme, fallen doch alle vermittelten Teilnehmer entweder teilweise oder sogar ganz aus dem Leistungsbezug heraus. Und aus Sicht der Teilnehmenden geht es bei der Berufswahl und -entscheidung nicht nur um Geld, sondern auch um individuelle Perspektive und Persönlichkeitsentwicklung.

Zudem arbeiten alle Jugendbüros in den sogenannten sozialen Brennpunkten der Stadt und leisten damit eine wichtige Stadtteilarbeit im Kampf gegen Jugendarbeits- und -perspektivlosigkeit.

So auch das Jugendbüro am Kölnberg in Meschenich. Ursprünglich als Jugendbüro Südstadt im Jugendzentrum GOT Elsaßstraße verortet, dann für kurze Zeit am Waidmarkt, ist es auf ausdrücklichen Wunsch des Jobcenters 2018 an den Kölnberg umgezogen. Vor dem Hintergrund des Bedarfs am Kölnberg durchaus verständlich und mit dem Vorteil des kurzen Weges für die Teilnehmenden verbunden. Eint doch alle Meschenicher Jugendlichen das Problem des weiten Anfahrtsweges, egal wohin es in die Stadt geht – und gerade auch – wenn dann endlich gefunden – zum Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.

Die unterstützende Beratung der Jugendbüros ist immer Hilfe zur Selbsthilfe. Die Beratung dient der Verselbstständigung des/der Einzelnen. Konkret: Bewerbungsunterlagen werden erstellt oder optimiert, die später nur aktualisiert werden müssen. Notwendige Ressourcen (Laptop, Internetzugang, Scanner, Kopierer u.a.m.,) werden vom Büro gestellt. In Trainings werden die Teilnehmer gezielt auf Einstellungstests, Vorstellungsgespräche oder / und Assessment-Center vorbereitet. Weiß jemand noch gar nicht, wohin die Reise gehen soll, gehört die individuelle Berufsorientierung zum festen Bestandteil der Beratungstätigkeit. Für andere Problematiken übernimmt das Jugendbüro Lotsenfunktion und vermittelt an passende Beratungsstellen.

Vor diesem vielschichtigen Hintergrund hätte eine Schließung von Jugendbüros sozial wie auch rechnerisch keinen Sinn gemacht, zusätzlich wäre ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens verloren gegangen.

Köln bleib sozial!

 

Erklärung zu den massiven Kürzungen in der Integrationsarbeit im Bundeshaushalt 2024

Mit den von der Bundesregierung vorgesehenen Kürzungen werden Armut, soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Konflikte auch in Köln weiter zunehmen. Der Runde Tisch für Integration lehnt dies entschieden ab. Die Wahrung der Schuldenbremse darf nicht auf Kosten des sozialen Friedens in unserer Stadt umgesetzt werden. Tim Westerholt, Leitung Leistungsbereich Integration und Beratung vertritt die Caritas Köln im “Kölner Runden Tisch für Integration e.V.”.

Zur Wahrung der sogenannten „schwarzen Null“ vollziehen sich aktuell drastische Kürzungen, bis hin zu Streichungen von teils jahrzehntelang bestehenden Programmen der Förderung und Unterstützung neu eingewanderter Menschen, die auch dramatische Folgen für die Integrationsarbeit der Stadt Köln haben. Der Kölner Runde Tisch für Integration lehnt die von der Bundesregierung bereits für 2024 vorgesehenen drastischen Kürzungen entschieden ab und bittet Sie, sich diesbezüglich als Oberbürgermeisterin einer der größten deutschen Metropolen im Städtetag sowie gegenüber der Bundesregierung gegen die Kürzungen einzusetzen.

Vollständig gestrichen werden sollen die Bildungsberatung und Förderung (und damit Hilfen zur Fachkräftegewinnung) ausländischer Studierender durch den Garantiefond Hochschule. Auch das Programm Respekt Coaches zur Rassismus- und Extremismusprävention an bundesweit über 270 Schulen soll gestrichen werden. Der Abbau demokratiefördernder Strukturen und Programme durch die Bundesregierung erscheint dabei gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Umfrageergebnisse rechtsextremer Parteien mehr als fragwürdig.

Von Kürzungen zwischen 30 und 60 Prozent ist auch die aktive Integrationsarbeit der Beratungs-programme des Jugendmigrationsdienstes (JMD), der Migrationsberatung für Erwachsene Zuwandernde (MBE), die gerade erst von der Bundesregierung aufgebaute bundesweite, behör-denunabhängige Asylverfahrensberatung (AVB), sowie das Bundesprogramm der Psychosozialen Zentren (PSZ), durch welches traumatisierte Geflüchtete eine therapeutische Unterstützung erhalten, betroffen. Weitere negative Auswirkungen sind durch die drastische Kürzung der Freiwilligendienste, sowie die Unterstützung unter 25-jähriger Bürgergeldbezieher*innen, insbesondere durch eine Reduzierung des entsprechenden Eingliederungstitels im SGB II zu befürchten.

Dies alles steht im krassen Gegensatz zur Absicht der Bundesregierung, Armut und soziale Ausgren-zung zu bekämpfen, sowie Integration und Fachkräftegewinnung zu fördern! Die vorgesehenen Kürzungen haben deutliche Einschränkungen zur Folge. Sie gefährden die qualitative Unterstützung von eingewanderten Menschen, die Begleitung und Stabilisierung ihrer sprachlichen Förderung, die Information über hiesige politische und behördliche Strukturen, die gute Vorbereitung auf die Annahme und den erfolgreichen Abschluss von Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgekosten dieses Sozialabbaus werden die beabsichtigten Einsparungen um ein Vielfaches übersteigen – auch in Köln.

Konkret sind durch die im Raum stehenden Kürzungen in Köln ca. 13 VZ-Beratungsfachkräfte betroffen.

Rechnen wir die durchschnittlichen Beratungszahlen einer Fachkraft aufs Jahr hoch, so stehen ab 2024 rund 15.000 Einzelberatung auf dem Spiel, die anderweitig aufgefangen werden müssten. Hinzu kommen die gestrichenen „Empowerment-orientierten“ Angebote der politischen Bildungsarbeit, von denen in den letzten vier Jahren über 2.000 Schüler*innen profitieren konnten.

Tim Westerholt, Leitung Leistungsbereich Integration und Beratung vertritt die Caritas Köln im Kölner Runden Tisch für Integration e.V.. Der Kölner Runde Tisch für Integration wurde 1991 gegründet. Hier kommen Menschen mit und ohne deutschen Pass, vor allem aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Verbänden und Initiativen zusammen, die sich um ein gutes Zusammenleben zwischen Kölnerinnen und Kölnern – einheimischen und eingewanderten – bemühen. Der Verein engagiert sich für eine solidarische und sozial gerechte Stadt, für das Recht auf Asyl und die Konvention zum Schutz von Flüchtlingen. 

 

Offen geht – Es muss gehen!

von Susanne Rabe-Rahman/Perspektivberatung für Flüchtlinge der Caritas Köln

#offen geht. So lautet das Motto der diesjährigen Interkulturellen Woche, dass sehr gut zum Tag des Flüchtlings in dieser Woche am 01.10.2021 passt!

#offen geht – in Köln haben wir die „Interkulturellen Woche“ schon lange zu einem „Interkulturellen Jahr“ gemacht… Aber in der Flüchtlingspolitik braucht es aktuell länger, eine viel zu lange Zeit, Verschlossenheit zu überwinden. Wir denken aktuell insbesondere an die Zustände an den Grenzen – zwischen Polen und Belarus, zwischen USA und Mexiko, zwischen Türkei und Griechenland, zwischen Afghanistan und Pakistan, zwischen Meer und Land.

#offen geht! Stoppt die Kriminalisierung der Rettung von Menschen aus dem Mittelmeer! Stoppt die illegalen Push Backs an den Grenzen! Nehmt Geflüchtete und Schutzsuchende auf, statt sie zum Spielball politischer Interessen zu machen! Es sind Menschen! Sie haben das gleiche Recht zu leben wie wir! Weiterlesen

Der Wolf im Schafspelz – neue Zugangsbarrieren für EU-Zugewanderte ins deutsche Krankenversicherungssystem

Gastbeitrag von Johanna Boos/Pädagogische Fachkraft zur Beratung in der Gesundheitsversorgung (Neu-)Eingewanderter in der Clearingstelle Migration und Gesundheit

Das GKV-Versichertenentlastungsgesetz schafft neue Zugangsbarrieren für EU-Zugewanderte ins deutsche Krankenversicherungssystem

Am 01.01.2019 ist das GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) der Bundesregierung in Kraft getreten. Zum Teil wird das Versichertenentlastungsgesetz seinem Namen gerecht und bringt, was es verspricht: eine (finanzielle) Entlastung für gesetzlich Versicherte in Deutschland. In Zahlen gesprochen betrifft dies Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zufolge 56 Millionen Krankenkassenmitglieder deutschlandweit. Spahn, der das GKV-VEG in die Wege geleitet hat, berechnet hiermit eine Summe, die offenbar auch der Öffentlichkeit imponiert: Die Berichte zum neuen Gesetz ergehen sich in einer Reihe von Aufzählungen der positiven Konsequenzen. Außer Acht gelassen wird dabei, dass mit dem GKV-VEG bestimmten Personengruppen der Verlust ihres Krankenversicherungsschutzes droht.

Die positiven Effekte des GKV-VEG lassen sich in Kürze zusammenfassen: Die Obergrenze von Finanzreserven werden gesenkt und damit auch die maximalen Zusatzbeiträge für Versicherte. Die Beiträge werden künftig wieder zu gleichen Anteilen von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden bzw. Berenteten und Rentenversicherungen gezahlt, wodurch die von den Versicherten zu zahlende Beitragshöhe sinkt. Auch Selbständige mit geringem Einkommen werden entlastet durch ein deutliches Absenken des monatlichen Mindestbeitrags. Zudem sollen Beitragsschulden abgebaut werden,  indem die 2013 eingeführte obligatorische Anschlussversicherung eingeschränkt wird. Mit diesem, in Politik und Öffentlichkeit als positiv hervorgehobenem Aspekt der Beitragsschuldenreduzierung entpuppt sich das sogenannte Versichertenentlastungsgesetz für einen Teil der Versicherten als Wolf im Schafspelz: „Ungeklärte passive“ Mitglieder dürfen künftig aus dem Versicherungsverhältnis entlassen werden.

Was aber sind „ungeklärte passive“ Mitglieder und welche konkreten Folgen hat das GKV-VEG für sie? Dem Gesetz zufolge handelt es sich hierbei um Mitglieder, deren Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt nicht ermittelbar ist. In diesem Fall sei von einem Verzug ins Ausland auszugehen, wonach kein Versicherungsanspruch für die betroffene Person bestehe.

Im Fachdienst für Integration und Migration begegnen wir in der Clearingstelle Migration und Gesundheit jeden Tag sogenannten „ungeklärten passiven“ Mitgliedern. Sie stellen einen beachtlichen Teil unserer Klientel, die die Beratung für Zugewanderte mit ungeklärtem Krankenversicherungsschutz aufsucht. Der polnische Hilfsarbeiter, der erst seine Arbeit, dann seine Wohnung verliert und keine Sozialleistungsansprüche geltend machen kann, denkt im ersten Moment nicht daran, seiner Krankenkasse seine neue Adresse mitzuteilen: Ohne festen Wohnsitz. Sein gewöhnlicher Aufenthalt ist immer noch in Deutschland. Selbst wenn er ins Ausland verziehen wollte – ihm fehlte das nötige Geld. Weiterlesen

Sozialarbeiter*innen des Herzens

Mit Terminen ist das mitunter so eine Sache. Zu manchen will man nicht. Zu manchen muss man. Zu anderen würde man gern. Wieder andere scheinen einfach nicht in den Kalender zu passen. Und dann gibt es da Termine, die sind ein echter Gewinn. Die lassen einem einfach nur das Herz aufgehen. Die sind echte Highlights. Einen solchen Termin hatte ich in dieser Woche, auch wenn der Anlass an sich recht spröde und simpel mit dem Begriff „Zertifikatsübergabe“ in meinem Kalender überschrieben war.

Tatsächlich ging es auch um eine Zertifikatsübergabe. Die vierte seit Bestehen des Projektes zur Qualifizierung von Stadtteilmüttern und -vätern im Caritasverband Köln. Ein Projekt, das seit 2009 in Meschenich beheimatet ist, in der Vergangenheit sich immer wieder neuen Anforderungen und geänderten Begebenheiten angepasst hat und unter Schirmherrschaft des Bezirksbürgermeisters für den Kölner Süden steht.

Warum war das ein toller Termin? Weil sich wunderbare, selbstbewusste und stolze Frauen präsentiert haben, die aus unterschiedlichen Ländern wie Irak und Ägypten kommen. Weiterlesen

Schild hinter Gitterzaun mit dem Schriftzug "Refugees Welcome".

Beschämende Asyl-Politik    

Wer sich gerade mit der Asylpolitik in Europa und auch hier in Deutschland befasst, hat immer den Impuls, sich wegzudrehen. Es kann einem speiübel werden – jedenfalls geht es mir so.

Humanität, Gerechtigkeit, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit waren bislang die tragenden Werte Europas. Auf diesem Fundament ist eine starke Gemeinsamkeit und Freundschaft der Völker entstanden. Die europäische Politik – getrieben von Rechtspopulisten à la Le Pen in Frankreich, Kaczynski in Polen, Orban in Ungarn und neuerdings auch Seehofer in Deutschland – vergisst ihre Werte. Die politischen Ideen zur Lösung des globalen Gerechtigkeitsproblems und den daraus entstehenden Migrationsströmen verstoßen eklatant gegen die europäischen Werte.  Sie haben mit Humanität, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit oft nichts mehr zu tun.

Die österreichischen Hilfsorganisationen Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Volkshilfe, Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen haben einen gemeinsamen Appell zur aktuellen Asylpolitik gestartet. Sie fordern den Zugang schutzsuchender Menschen zu fairen und rechtsstaatlichen Verfahren in den europäischen Ländern. Sie fordern eine solidarische Politik und gemeinsame Verantwortung aller Staaten der EU. Die derzeitigen Vorschläge, Menschen vor den europäischen Grenzen „zwischenzulagern“, werden abgelehnt, da in den Lagern in Nordafrika – unter Beteiligung fragwürdigster politischer Regime – Menschen oft unmenschlich behandelt werden, ja an diesen Lagern sogar wieder Sklavenmärkte entstehen. Sie fordern die Rettung von Menschen in Seenot und die Einhaltung elementarer Menschenrechte und der Gebote der Humanität. Sie fordern eine deutliche Ausweitung der Hilfen in den Herkunftsländern der Migranten. Schließlich fordern Sie ein Ende der Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen Handelns durch Diffamierung von Hilfsorganisationen. Hier der Link zum Aufruf.

Der Aufruf der Österreicher regt an, es Ihnen nachzutun. Auch wir Deutschen sollten uns zusammenschließen und in einem breiten Bündnis der Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsträger die Politik auffordern, ihre eigenen tragenden Werte wieder ernst zu nehmen und zum Maßstab der eigenen Politik zu machen.

Im Station schwenken viele Fans Deutschlandfahnen

Integration wird nicht auf dem Fußballfeld entschieden

Die Debatte um Fußball-Nationalspieler Mesut Özil hat hohe Wellen geschlagen. Ich muss sagen: Zunächst war ich über die Heftigkeit der Reaktionen zu seinem Rücktritt überrascht. Aber beim zweiten Hinsehen war mir klar: Özil ist hier zum Spielball geworden für ein Problem, was dringend besprochen werden muss und sein Ausscheiden aus dem DFB-Team kam als Auslöser ganz passend.

Die Integration von türkischstämmigen Personen in Deutschland ist eigentlich schon Debatte, seit Türken in den 60er Jahren als Gastarbeiter hier her gekommen sind. Auch im letzten Jahrzehnt war das immer wieder Thema. Es schien langfristig schwieriger zu sein, türkischstämmige Bürger zu integrieren als beispielsweise Italiener oder Polen. Vielleicht, weil der christliche Glaube bzw. die damit verbundene Kultur in Deutschland doch heute gar nicht so unwichtig ist, wie viele Menschen denken. Der Islam und die damit verbundenen Bräuche sind vielen fremd und was fremd ist, macht Angst.

Die Debatte über Deutschtürken rückte in den Hintergrund, als die „Flüchtlingskrise“ 2015 begann. Auf einmal waren Flüchtlinge die Fremden in Deutschland und die Türken die Bekannten, die je nach politischer Stimmungslage mal mehr und mal weniger zu Deutschland gehörten. Ein größeres Thema wurden die Deutschtürken lediglich kurz bei den Parlamentswahlen 2015 in der Türkei, als die Mehrheit der stimmberechtigten Deutschtürken sich für Erdoğan aussprach. In Deutschland konnte man nicht begreifen, wie das „passieren konnte“. Für mich nicht schwer vorstellbar: Ich glaube nicht, dass sich all die Deutschtürken so tiefgehend mit dem politischen Konzept von Erdoğan beschäftigt haben (Ich mein: Welcher Deutsche liest komplette Parteikonzepte vor der Wahl?). Erdoğan ist zu einer Figur geworden für das Ernstgenommen werden; für die Anliegen der Deutschtürken. Für die, die sich nicht integriert fühlen. Für die, die keine Perspektiven für sich sehen. Und auch für die „gut integrierten“, die sich fühlen, als müssten sie sich zwischen Deutschland und der Türkei entscheiden. Und in einer gefühlt hoffnungslosen Situation seine Hoffnung auf jemanden zu legen, der gerade „was Nettes“ anbietet; das kommt uns doch auch in Deutschland bekannt vor, oder? Weiterlesen